Werkstattbericht, 2. Advent 2024

Posted Veröffentlicht in Werkstattbericht

„Glauben Sie an Liebe auf den ersten Blick? Glauben Sie daran, dass zwei Menschen füreinander – und nur füreinander – bestimmt sein können?“

Habt ihr, liebe Freunde des umland verlags, euch diese Frage auch schon einmal gestellt? In meinem Buch „Winterschmetterlinge“ – einem Sammlung über die Liebe, einem Band darüber, wie Paare einander kennengelernt haben – spielt sie eine entscheidende Rolle. Allerdings scheint es die eine allgemeingültige Antwort nicht zu geben … Aber immer wieder neue unglaubliche Geschichten. Gerade vor einer Woche erst ist mir wieder eine ganz zauberhafte erzählt worden. Es ist verrückt, welch wundersame, welch Wunder-volle Wendungen das wirkliche Leben mitunter für uns bereithält. Irgendwann werdet ihr davon lesen – im zweiten Teil der „Winterschmetterlinge“. Allerdings wird es noch ein wenig dauern bis es soweit ist.

Advent, Advent

Solange müssen die 17 Geschichten aus dem ersten Teil immer und immer wieder gelesen werden.
Ganz ehrlich, mir werden sie nicht langweilig und machen mich bei jedem Lesen glücklich.
Wenn ihr an diesem Glück teilhaben wollt, gibt es die Liebe in dieser zweiten Adventswoche versandkostenfrei – solltet ihr also die „Winterschmetterlinge“ zu Weihnachten verschenken wollen oder euch selbst von der Liebe überraschen lassen, dann bestellt die „Winterschmetterlinge“ einfach über die Homepage: https://umland-verlag.de/winterschmetterlinge/
und gebt als Kennwort „Adventszauber“ an.

Weihnachtswichtelei – ihr könnt gewinnen

Natürlich lege ich noch kleinere Überraschungen mit ins Päckchen und der erste, fünfte, elfte und zweiundzwanzigste Besteller sowie all diejenigen, die mindestens vier Bücher bestellen, bekommen mein Buch über „meine Fast Hundertjährigen“ als kleines Wichtelgeschenk gratis dazu.

Ich freue mich von euch zu hören und wünsche euch allen in dieser Wochen – auch wenn die Sonne sich schon wieder immer noch nicht sehen lässt – viel Wärme und Licht und schöne Begegnungen,
herzlichst
Doreen Mechsner.

Werkstattbericht, 1. Advent 2024

Posted Veröffentlicht in Werkstattbericht

Liebe Freunde des umland verlags,

wie steht ihr eigentlich zur KI?
Wundert ihr euch, wie ich zu dieser Frage komme? Nun, in letzter Zeit wurde mir immer öfter geraten, die KI zu nutzen – zum Beispiel, um ein Lied für „Lilo und die Dubties“ schreiben und komponieren zu lassen, um Förderanträge zu stellen, Journalistenanfragen zu beantworten, Buchtitel zu finden …
„Ihr grabt euch euer eigenes Grab“, warnte mich der Tonmeister der Gehörgäng, als er von meinem LiloLiedAnsinnen mit Hilfe der KI hörte.
Was tun? Unzweifelhaft, für meinen ungeliebten Bürokram finde ich die KI sehr hilfreich – natürlich, würde ich mir lieber von einem Menschen helfen lassen und ihn gut bezahlen wollen, wenn denn … Und da fängt es an. Ich habe (noch) keinen Musiker an der Hand, der mir mal eben ein Lied dichtet und komponiert … Dennoch weigere ich mich noch die KI um Hilfe zu bitten, und hoffe auf DEN Musiker.
Meine Freundin, eine Lehrerin erzählte mir unlängst, welche Diskurse sie sich in der Unterrichtsvorbereitung mit der KI liefert – das ist unglaublich spannend, bereichernd, aber auch … Furcht einflößend. Wie schnell diese Antworten kommen, rückgreifend auf den vorherigen Austausch.

Heute ist der 1. Advent. Vorweihnachtszeit. Da boomt das Buchgeschäft. Ich möchte, das meines auch boomt. Aber wie stelle ich es an? Ich fragte einfach mal die KI. Und bekam rasend schnell gute Anregungen.

Eine gefiel mir so gut, dass ich sie nun wirklich in die Tat umsetzen möchte.

ADVENTSÜBERRASCHUNG

Bei uns zu Hause wurde schon öfter diskutiert, ob wir die Geschenkerei in der Adventszeit nicht mal sein lassen sollten, diesen ganzen Kommerz einfach abwählen.
Reduzieren fand ich immer okay, aber ganz auf Geschenke verzichten?
Ich verschenke viel zu gern. Und freue mich – ganz ehrlich – auch sehr über das eine oder andere kleine Präsent.
Sobald meine Bücher gedruckt sind, bin ich jedes Mal in der Bredouille, weil es so viele Menschen gibt, denen ich meine Bücher gerne schenken würde – als Dankeschön, als Aufmerksamkeit, als Anregung. Nun hat mich die KI auf die Idee gebracht, in den vier Adventswochen jeweils eine Woche lang Rabatt auf je ein Buch zu verschenken.

Advent, Advent

Den Anfang macht diese Woche „Ich möchte einfach noch Bäume ausreißen! Aber nur kleine. Fast Hundertjährige erzählen“
Dieses Buch erzählt von Menschen, die fast ein ganzes, sehr rasantes, Jahrhundert erlebt haben – mit all ihren Höhen, Tiefen und dem unerschütterlichen Willen, immer das Beste aus dem Leben zu machen. Es ist ein Buch mit einem unglaublichen Erfahrungsschatz, ein Buch voller Weisheit, Lebensfreude, Humor und dem Fingerzeig, dass es immer weiter geht.

Bis kommenden Sonntag, also bis zum 2. Advent, könnt ihr euch das Buch zum Vorteilspreis von 10 Euro sichern. Vielleicht auch als Geschenk für jemanden, der Geschichten liebt, die das Leben schreibt …

HALT HALT HALT

Die Tücken der KI zwingen mich eine Rolle rückwärts zu machen.
Da die KI Deutsch mit mir gesprochen hat und das auch noch akzentfrei, fiel mir gar nicht auf, dass sie Amerikanerin in. In Amerika aber gibt es keine Buchpreisbildung. Hier schon. Deshalb darf ich nicht einfach Rabatte verteilen, sondern muss den bisherigen Preis beibehalten, der mit 12,50€ für 530 Seiten voller Lebenserfahrung und Weisheit für heutige Verhältnisse ungemein günstig ist.
Ohne die KI gefragt zu haben, wandle ich meine AdventsRabattaktion nun einfach um und verschicke das Buch zum gewohnten Preis, lege ein Lesezeichen und fünf verschiedene Postkarten bei und das alles Portofrei. Damit kommt ihr in Gänze auf denselben Preis wie bei der Rabattaktion, erhaltet aber noch die kleinen Zugaben.

Der Link bleibt bestehen: https://umland-verlag.de/ich-moechte-einfach-noch-baeume-ausreissen-aber-nur-kleine/

Der Countdown läuft – ich freue mich auf eure Bestellungen mit dem Kennwort: Adventszauber.

Habt eine wundervolle erste Adventswoche,
und schickt diesen Newsletter bzw. die wichtige Information darin gerne weit und breit in eurem Freundes- und Bekanntenkreis weiter.

Ich danke euch!
Heimeligherzliche Grüße,
Doreen.

Werkstattbericht, 5. November 2024

Posted Veröffentlicht in Werkstattbericht

Liebe Freunde des umland-verlags,

wusstet ihr schon, dass die Dubties Namen haben? Also andere Namen als bloß Regenbogendubtie, Blumendubtie und Punktedubtie? Nein? Ich wusste es auch nicht. Da schreibt man ein Buch und noch ein Buch und hat die Dubties die ganze Zeit nicht nur um sich, sondern permanent auch noch im Kopf und hat keine Ahnung, dass die kleinen Wichte heißen…

Nun hat Elena mich aufgeklärt – in einem Brief schrieb sie mir, dass mit „Bambule in der Schule“ Zipp und Zapp und Stöpsel bei ihr eingezogen seien. Außerdem schrieb sie, dass das ganz lustig sei, außer manchmal. Zum Beispiel, wenn Zipp und Zapp und Stöpsel, wie neulich geschehen, die Wand besprühen und Elenas Eltern, ihr könnt es euch denken, davon überzeugt sind, dass das nur Elena gewesen sein kann …
Was tun? Das ist doch blöd, wenn ich den Familien die Dubties nach Hause schicke und dann die Kinder für den Unfug, den Zipp und Zapp und Stöpsel und wie sie noch alle heißen mögen, Ärger bekommen.
Ich würde sagen, da hilft nur eins: Lesen, lesen, lesen! Und vor allem den Eltern vorlesen. Oder anders herum, die Eltern vorlesen lassen – am besten erst aus „Rambazamba im Hühnerhaus“ und dann aus „Bambule in der Schule“.

Meine Mutter, die bei uns zu Hause auch zehn Wochen nach meinem Leitersturz noch den „Laden“ schmeißt und bei ihrem Einzug natürlich ganz und gar und absolut nicht an die Dubties glaubte, erwische ich immer öfter dabei, wenn zum Beispiel Klamotten rumliegen oder sich das schmutzige Geschirr in den Kinderzimmern stapelt oder das Waschbecken nagellacksilbern glänzt, wie sie kopfschüttelnd durch das Haus schlurft und in sich reinbrabbelt: „Das waren bestimmt wieder die Dubties!“
Wisst ihr wie viel Harmonie es bringt, wenn die Erwachsenen erst einmal verstanden haben, dass es Dubties gibt und nicht immer die Kinder an allem Schuld sind … Und plötzlich passieren dann so verrückte Sachen, dass eine meiner Töchter gesteht, dass ihr der Nagellack ausgelaufen sei, sie bloß noch keine Zeit gehabt habe, dass Malheur, dass inzwischen drei Tage vor sich hindümpelte, zu beseitigen … Nun hat sie es weggeschrubbt. Und die Dubties standen am Beckenrand und haben sie angefeuert …

Oh ich muss aufpassen, wenn ich hier schreibe, stecke ich schon fast wieder im nächsten Dubtie-Band. Dabei muss doch jetzt erst einmal „Bambule in der Schule“ ordentlich für Wirbel sorgen. Und mir aus den Händen gerissen werden. Im Moment dreht sich alles um PR. Die SuperIllu hat einen kleinen Beitrag geschrieben, der Nordkurier einen großen. Für Instagram und Facebook ziehe ich los und stelle Menschen aller Couleur genau die Frage, um die sich für Lilo in „Bambule in der Schule“ alles dreht: Warum müssen Kinder zur Schule gehen? Das ist megaspannend – vor allem auch für die Lerntherapeutin in mir.
Wenn ihr euch daran beteiligen wollt, nur zu – schickt mir einfach kleine Videoschnipsel mit eurer Antwort für Lilo – wichtig dabei ist, dass ihr das Buch in die Kamera haltet.

Außerdem bin ich euch auch wieder dankbar, wenn ihr bei amazon, lovelybooks, thalia, hugendubel ein paar Sterne und/oder eine kleine Rezension hinterlasst – das bringt wirklich Punkte.

Ganz nebenbei schreibe ich natürlich schon wieder am nächsten Buch. Dieses Mal wieder für Erwachsene – zu einem Thema, das mitten aus dem Leben kommt und genau wie „Bambule in der Schule“ (irgendwann) jeden betrifft. Ihr dürft gespannt sein.
Außerdem läuft natürlich der „Briefwechsel“ – der mir als Zeitzeugnis sehr am Herzen liegt – auf meiner Autorenhomepage: www.doreenmechsner.de weiter. Auch hier seid ihr herzlich eingeladen, euch zu beteiligen. Schreibt mir bzw. Nora gerne einen Brief oder hinterlasst direkt auf der Seite einen Kommentar.
Ich freue mich über jeglichen Austausch.

Herzlichst
Doreen Mechsner.

Es geschah Unrecht – Bitte lesen! Bitte teilen!

Posted Schreibe einen KommentarVeröffentlicht in Briefwechsel

Die letzten Jahre sitzen noch im Rückenmark

Löcknitz, 25. Juli 2024

Liebe Nora,

bluppp, da bin ich wieder. Aufgetaucht. Mit Geschichten hier aus dem Dorf, das glaubst du nicht. Aber die erzähle ich dir ein anderes Mal. Jetzt will ich dir nur schnell schreiben, was ich gerade getan habe, mit Herzbibbern und Schiss ohne Ende. Aber es musste sein und ich habe es durchgezogen … Bist du schon neugierig?
Ich bin so froh, dass endlich diese RKI-Files draußen sind und endlich auch die Mainstreampresse nicht mehr daran vorbeikommt. Ein innerer Vorbeimarsch war mir dann heute Morgen die Schlagzeile in der Bildzeitung: Corona-Experten wussten, dass die Regierung lügt. BÄHM!
Ich hoffe so sehr, dass das jetzt Bewegung und Nachbetrachtung hier nach Löcknitz in die Riege der ganzen EinserSchüler und Ausgrenzerfreunde bringt. Ich habe den Artikel gerade im Netzwerk Löcknitz-für-Toleranz geteilt. Huh, frage nicht, was mich das für Überwindung gekostet hat. Ich saß vor meinem Handy, hatte den Artikel eingestellt und dachte: Nein, ich trau mich, ich trau mich nicht. Durch meinen Kopf und Körper schossen total abgefahrene Reaktionen. Ich zitterte, fühlte Scham, mich schon wieder mit meiner Sicht aufzudrängen, dachte: Das hat doch alles eh keinen Sinn, das ist Müll von gestern, gib doch endlich Ruhe, du nervst … Das ganze Programm.
Das hat mich eiskalt erwischt und ich merkte wie mir die letzten Jahre noch im Rückenmark sitzen. Gleichzeitig hörte ich aber ganz deutlich eine Stimme in mir, die sagte: Gut, dass du das tust, mach die erlebte Ausgrenzung sichtbar. Zumal die ja hier alle munter weitermachen mit ihrer Ausgrenzung, rechts, links, oben, unten (davon beim nächsten Mal!)
Beim Absenden hatte ich richtig weiche, eigentlich sagt man Knie, aber bei mir war alles weich. Es ist krass zu merken, wie tief dieser Ausgrenzungsschreck in mir sitzt, diese Scham, sich gezeigt zu haben, als jemand, der anders ist. Das hatte ich nicht erwartet. Das hat mich echt kurz umgehauen.
Aber nun bin ich da durch, erst einmal – der Artikel ist in der Löcknitz-Welt. Das war wie ein Befreiuung und höchste Eisenbahn! Wirklich. Das hat mir richtig Luft verschafft. Dazu habe ich noch geschrieben: Bitte lesen! Bitte teilen! Die Ausgrenzerei in der Coronazeit hat tiefe Wunden in unserer Gemeinschaft hinterlassen, ich fühle mich ein bisschen rehabilitiert und das fühlt sich gut an.
Auch die Angst ist weg. Und die vorige Resignation. Mir tut es gut zu wissen, dass in der Bildzeitung prominent zu lesen ist, dass Unrecht geschah.
Zwar hege ich wenig Hoffnung auf die große Aufarbeitung und Rehabilitation, aber ich mir sicher, dass es Kanäle öffnet und zu privaten Reflexionen ermuntert. Schaun wir mal …

Liebe Grüße,
Emma.

 

Lest hier Noras letzten Brief an Emma.

Ein Dank von Jürgen Fliege

Posted Schreibe einen KommentarVeröffentlicht in Briefwechsel

Die Trommel geht ununterbrochen

16. Juli 2024

Liebe Frau M.,

herzlichen Dank für Ihr Buch, das mich erreicht hat und beim sofortigen Lesen in Täler gestürzt und in Höhen geführt hat. Es war die verdammte Todesangst, die gerade die Intellektuellen und Bürger der Westrepublik verführt hat. Das war bei Ihnen so, das war bei mir so und feiert in der Propaganda des Ukraine-Krieges erfolgreich Auferstehung. Und die Trommel geht ununterbrochen: Mal steht der Feind, als virendurchseuchter Nachbar vor deiner Tür, manchmal ist das Kind das du auf den Arm nehmen willst, der scheinbare Träger des Todesengels und dann sind es die Russen die im Hunnensturm ja, bis wohin eigentlich alles niedermetzeln und vergewaltigen, was sich ihnen in den Weg stellt. Also danke ich Ihnen für Ihre Mühe, diesen kleinen Briefwechsel zusammenzutragen, die wie der große Dichter aus Lübeck es getan hat, ein Dokument der Zeit sein werden.

Mit lieben Grüßen und Gottes Segen
Ihr
Jürgen Fliege

Werkstattbericht, 16. Juli 2024

Posted Schreibe einen KommentarVeröffentlicht in Werkstattbericht

Liebe Freunde des umland-verlags,

die Dubties sind wieder da!!! Endlich, endlich, endlich.
Nach sechs langen Jahren sind sie nun wieder aufgetaucht. Ich kann euch sagen, in meinem Kopf wirbeln und zwirbeln sie. Es wird Zeit, dass sie in die Welt kommen und sich verstreuen …

Allerdings bin ich gespannt, ob ihr sie wieder erkennt. Sie haben sich nämlich verwandelt. Und sehen jetzt viel mehr so aus, wie ich sie immer im Kopf hatte, aber selbst nicht zu Papier bringen konnte. Ich glaube, es hat überhaupt nur so lange gedauert, dass sie wieder auftauchen, weil ich niemanden hatte, der sie mir hätte zeichnen können. Immer wieder mal versuchten sich potentielle Illustratoren, aber deren Dubties sahen nie so aus, wie die in meinem Kopf. Vermutlich kam ich auch deshalb nur so schleppend voran, schrieb immer mal zwei Wochen enthusiastisch und ließ das Manuskript dann wieder monatelang verschwinden. Oder ließen es die Dubties verschwinden? Bei mir zu Hause waren sie nämlich nicht verschwunden, sondern sind bis heute dauerpräsent. Mal ist das lustig, dann aber auch wieder überhaupt nicht …
Aber egal. Jetzt sind sie jedenfalls wieder da. Und sehen endlich so aus, wie sie aussehen sollen. Tatsächlich sogar noch ein bisschen kecker, ein bisschen vorwitziger, einfach so richtig dubtiehaft.
Verantwortlich dafür ist Florian Steffens, der auf Radio München meinen Briefwechsel gehört hatte und so begeistert war, dass er sofort die Idee hatte, daraus eine Graphik Novel machen zu wollen. Die ersten Briefe hat er bereits zu Bildern gemacht – sie haben mich umgehauen. Dabei war ich, als Florian mich mit seiner Idee anschrieb, sehr verhalten reserviert. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, wie der Briefwechsel mit seinen vielen Ebenen zu einer Bildgeschichte werden könnte — ihr dürft gespannt sein. Allerdings wird es noch dauern, denn jetzt illustriert Florian im Akkord die Dubties, während ich noch am letzten Kapitel schreibe.

Anfang Oktober werden die Dubties dann mit „Bambule in der Schule“ in Wort und Bild erscheinen. Zunächst wollen wir 1000 Exemplare drucken und parallel auch gleich wieder verhörbuchen. Die wunderbare Dana Golombek von Senden hat mit der https://die-gehörgäng.de/ bereits ein erstes Probekapitel aufgenommen.
Und darüberhinaus ein großartiges Video zusammengeschnitten, in dem wir die neue Lilo und die neuen Dubties und uns vorstellen.
Warum? So ein Buch kostet Geld, viel Geld – das wir noch nicht haben. Deshalb haben wir gestern auf https://www.startnext.com/bambule-in-der-schule eine große Crowding-Aktion gestartet (dafür das wirklich richtig gute Video – danke Dana!!!) , die bis zum 9. 9. 2024 läuft. Schaut sie euch unbedingt an und unterstützt uns gern, entweder, indem ihr bereits vorab ein Buch oder zwei oder drei oder Postkarten oder auch einen Lilo-Druck erwerbt, mit Dana ins Tonstudio spaziert und/oder, indem ihr Freunden, Verwandten, Bekannten von unserer Aktion erzählt.

MundzuMundzuPropaganda ist der Schlüssel zum Erfolg.
Der Verlag ist im siebten Jahr – Zeit endlich durch die Decke zu gehen!
Mit euch und Dank euch! Ganz dubtiehaft.

Liebe Grüße,
Doreen und das umland-Team.

Wir halten zusammen

Posted Schreibe einen KommentarVeröffentlicht in Briefwechsel

Die Kirche in Malchow – ein Hort der Klarheit, des Friedens und des Trostes

Liebe Nora,

ich bin im Chaos – schau mal, diesen Brief habe ich schon vor Tagen an dich geschrieben und dann vermöhlt …
Nun bekommst du ihn zeitverzögert

 

Woldegk, 5. Juli 2024

Liebe Nora,

gestern war ich in Malchow…
…und habe dich vermisst.
Pfarrer Dietz hatte Jürgen Fliege eingeladen. Es war ein berührender Abend. Zu erleben, wie verbunden Jürgen Fliege mit sich ist, mit den Menschen, ganz fein … Er hat auch so eine schöne Art zu predigen, die christliche Botschaft weiterzugeben. Ich merke, eigentlich passt das Wort predigen gar nicht, sondern, davon zu erzählen, wie es ihm geht. Das war wirklich sehr, sehr berührend. Und das alles im Zusammenspiel mit Pfarrer Dietz, ein wunderbares Team.
So macht Kirche Freude und auch Sinn. Dann hat es etwas – im positiven Sinne – Trostgebendes.

Was mich sehr bewegt hat, war Jürgen Flieges Idee zur Aufarbeitung der Coronazeit. Da sagte er: Es gibt Menschen, die haben einen Impfschaden oder leiden unter Entzweiung, eine Aufarbeitung aber wird nichts heilen,
heilen kann nur, mit jemandem zu sein, zu hören, wie er empfindet, also verbunden zu sein. Wir können zusammenhalten.
Die Aufarbeitung, sagt er, ist natürlich wichtig und darf kommen, aber das wird eine Zeit brauchen, zehn, fünfzehn, zwanzig Jahre, bei Contergan hat es fünfzehn Jahre gedauert.
Er sagte: Ich bin nicht wie mein Bruder Peter Hahne, der Handschellen klicken hören will. Und dann ergänzte er: Aber in einem Sinne habe Hahne schon recht, mit Handschellen, macht sich das Beten einfacher 😊

Zu Beginn der Coronazeit hatte Jürgen Fliege einen Offenen Brief an seinen Bischoff geschrieben. Dieser antwortete, auf Offene Briefe antworte er nicht. Woraufhin Jürgen Fliege konterte: Ja,  aber Paulus habe nur Offene Briefe geschrieben.

Also es war schön. Weise, aber auch humorig.
Und dein „Briefwechsel“ hat einen neuen Leser gefunden.

Diese Kirche in Malchow ist wirklich so ein Hort der Klarheit, der Offenheit, des Friedens, aber auch des Trostes geworden in diesen ganzen irrsinnigen letzten Jahren, die ja weitergehen …

Darauf hat Jürgen Fliege auch Bezug genommen, auf diese Kriegsthemen. Aber wirklich auf eine ganz schöne Art und immer betonend, dass das Verbundensein mit den Menschen das Wesentliche ist.

Anschließend standen wir noch draußen zusammen und plauderten – zum Abschied nahm mich Jürgen Fliege in den Arm und sagte: Wir halten zusammen. Das war so Mensch …

Liebe Nora, ganz herzliche Grüße von mir und eine ganz feste Umarmung,
dein Bernd.

Zeitzeugnisse

Posted Veröffentlicht in Briefwechsel

Wie haben unsere Kinder die Corona-Zeit erlebt? – Teil II

Schwedt, 11. Juli 2024

Liebe Nora,

Was ich ganz vergessen hatte zu schreiben. Also die Fragebogen, auf denen oben ein Name steht – ich habe das meinen Schülern freigestellt – da sind die Schüler ganz erpicht darauf, in deinem Briefwechsel-Buch (wir hoffen, du machst aus deinem Blog irgendwann auch ein Buch) namentlich erwähnt und somit richtige Zeitzeugen zu werden.
Hier kommt jetzt der zweite Fragebogen.

Gewitterliche Grüße,
Paula.

 

  1. Wenn du an den Beginn der Coronakrise zurückdenkst, an welchem Punkt hast du bemerkt, dass etwas anders war?
    Das erste, woran ich mich erinnern kann, ist die Maskenpflicht. Als Kind in der 6. Klasse habe ich das, was da auf uns zukam, erst nicht wahrgenommen, doch dann kam der Lockdown. Aufgrund des Lockdowns brach Panik aus und von da an wusste ich, irgendwas läuft hier schief.
  2. Welche Gefühle verbindest du mit dieser ersten Zeit?
    Angst, Panik, Trauer und Langeweile
  1. Hat sich das Gefühl irgendwann verändert?
    Nein.
  1. Wie hast du dich in dieser Zeit informiert?
    Übers Internet (PC/Handy).
  1. Was hast du über Menschen gedacht, die sich nicht impfen lassen wollten?
    Schlaue Menschen, die sich nicht durch Panik kontrollieren lassen haben..
  1. Hast du dich immer an alle Vorgaben gehalten?
    Ich habe mich eigentlich immer an alle Vorgaben gehalten, nur am Ende habe ich mich nicht regelmäßig getestet.
  1. An welchem Punkt warst du mit den Vorgaben nicht mehr einverstanden?
    Ab dem Lockdown.
  1. Was hat sich seitdem verändert?
    Das Vertrauen und Denken zum Deutschen Staat.
  2. Was hast du durch diese Zeit gelernt?
    Vertraue nicht jedem, informiere dich selber, höre nicht immer auf die Nachrichten.
  1. Was würdest du beim nächsten Mal anders machen?
    Mich selbst informieren, nicht alles glauben.

 

Lest hier, was Paula in einem ersten Brief an Nora schrieb. 

Zeitzeugnisse

Posted Schreibe einen KommentarVeröffentlicht in Briefwechsel

Wie haben unsere Kinder die Corona-Zeit erlebt?

Schwedt, 9. Juli 2024

Liebe Nora,

angeregt durch deinen Fragebogen im „Briefwechsel“ habe ich unter meinen Zehntklässlern vorgestern ebenfalls einen Fragebogen verteilt. Wir haben gerade Projektwoche, das übergeordnete Thema lautet „Generationen“ und das spezielle „Zeitzeugnis“. Wir waren sehr gut im Gespräch, darüber,  in welch geschichtsträchtigen Zeit wir leben, und dass es für nachfolgende Generationen durchaus sehr spannend sein könnte, zu erfahren, wie Luise, Hannah, Emily, Jona, Kevin und wie sie alle heißen, die Coronazeit erlebt haben. Meine Zehntklässler von heute waren 2020 Sechstklässler und damit alle vor dem Sprung aus der Grundschule an die Oberschule.
Mit der Erlaubnis der Schüler gebe ich die Fragebogen, einen nach dem anderen, an dich weiter, so werden sie eines Tages vielleicht wirklich ein Zeitzeugnis sein.
Ich drück dich,
Paula.

 

Pepe, 15 Jahre

  1. Wenn du an den Beginn der Coronakrise zurückdenkst, an welchem Punkt hast du bemerkt, dass etwas anders war?
    Als viele Läden geschlossen wurden und an vielen Orten Maskenpflicht war.
  2. Welche Gefühle verbindest du mit dieser ersten Zeit?
    Sehr schlechte, denn man wusste nie, was als nächstes kommt.
  1. Hat sich das Gefühl irgendwann verändert?
    Als Covid vorbei war.
  1. Wie hast du dich in dieser Zeit informiert?
    Über die tägliche Tagesschau.
  1. Was hast du über Menschen gedacht, die sich nicht impfen lassen wollten?
    Ich war sehr erschüttert über die Menschen, die dann auf die Straße gegangen sind und Corona geleugnet haben. Aber Impfen ist schon besser gewesen.
  1. Hast du dich immer an alle Vorgaben gehalten?
    Ja, ich habe mich immer an alles gehalten.
  1. An welchem Punkt warst du mit den Vorgaben nicht mehr einverstanden?
    An dem Punkt der Ausgangssperre.
  1. Was hat sich seitdem verändert?
    Wir dürfen wieder raus und uns mit Freunden treffen und die Maskenpflicht ist auch weg, das ist mega.
  2. Was hast du durch diese Zeit gelernt?
    Dass die Menschen schnell die Meinung von anderen übernehmen, und dass es sehr schnell zwei verschiedene Meinungen geben kann und sich Familien deswegen trennen.
  1. Was würdest du beim nächsten Mal anders machen?
    Eine Ausgangssperre durchziehen, damit es schneller zu Ende ist und nicht Jahre geht. Und die Krankenpfleger besser bezahlen.

 

   

 

 

Was für ein Druck auf Joshua Kimmich

Posted Schreibe einen KommentarVeröffentlicht in Briefwechsel

Wie hätte ich mich als junge Sportlerin verhalten?

Pinnow, 4. Juli 2024

Liebe Emma,

mit einem Brief an dich tauche ich wieder auf aus meiner Briefwechselpause.
Ich habe gerade die ZDF-Dokumentation über Joshua Kimmich gesehen – die hat mich so bewegt, so berührt, tut sie noch immer. Ich glaube, da schlägt mein altes, naja, mittelaltes Sportlerherz wieder durch.
Tatsächlich ist es ja ziemlich eingeschlafen. Früher habe ich keine Sportveranstaltung im Fernsehen verpasst, kannte alle Fußballer, Leichtathleten, TT-Spieler … Und heute? Ich war mal Sportjournalistin. Darüber lacht sich mein Schwiegersohn in spe schlapp, der kann sich das überhaupt nicht vorstellen, weil ich einfach niemanden mehr kenne. Okay, Thomas Müller,  Manuel Neuer, die alten Recken schon , und Kimmich eben – den allerding vor allem durch seinen Heldenmut in der CoronaZeit. Was der hat aushalten müssen. Seit damals bin ich übrigens auch Fan von Tennisspieler Novak Djokovic, der mir eigentlich viel zu verbissen und ehrgeizig ist, jedenfalls wirkt er so, aber krass, der hat einfach (haha) widerstanden. Wenn der heute auf den Platz geht, bin ich sofort für ihn. Findet mein Schwiegersohn blöd. Neulich kommentierte er: „Also ich bin für jemanden wegen seiner Leistung und nicht wegen seines Impfstatus´.“ Das habe ich abperlen lassen. Ich bin für Djokovic. Und insgeheim hoffe ich, dass auch Kimmich widerständig geblieben ist und einen Deal hat machen können, der ihn nach außen als geimpft ausweist.

Weißt du, was ich mich immer frage: Wie hätte ich mich als junge Sportlerin verhalten? Überleg mal, wer zu Olympia wollte, musste geimpft sein. Gab es da Schlupflöcher?
Sport, Hockey war mein Leben. Wirklich, Hockey bedeute alles für mich. Wenn mir da so ein mRNA-Stein in den Weg gelegt worden wäre. Also mir, mit meiner Denke von heute. Denn damals, ich glaube, ich hätte das alles gar nicht hinterfragt. Ich hätte mir die Spritze geholt. Mein Nachdenken über solche Dinge kam erst mit meinen Kindern. Und meine Kinder kamen erst nach meiner Karriere.

Hatte ich dir erzählt, dass es in der Hockeyregionalliga einen Verein gab, der mitten in der laufenden Saison seine Mannschaft zurückziehen musste, weil zu wenig Spielerinnen nicht geimpft waren und damit das 2G-Reglement nicht erfüllten. Aber das war noch nicht alles – daraufhin wurden der Verein mit einer Strafe belangt, weil die Mannschaft im laufenden Spielbetrieb ausgestiegen ist (aussteigen musste) und das natürlich neue Spielansetzungen und den ganzen bürokratischen Rattenschwanz nach sich zog. Rate mal, woher die Mannschaft kam 😊! Ich habe ihnen geschrieben und ihnen ein Exemplar des Briefwechsels geschickt, als Sympathiebekundung. Man, man, man …

Wie war das eigentlich mit deinem triathletenden Sohn? War der unter Druck? Er ist ja geimpft, oder? Freiwillig?

Das wollte jetzt alles raus liebe Emma.
Wie geht es dir? Du warst ja auch in Kontemplation – bist du schon wieder gesellschaftsfähig?

Ich sende dir ganz liebe Grüße,
Nora.

 

Lest hier Noras letzten Brief an Emma.

Menschlichkeit im Jahr 2022

Posted 1 KommentarVeröffentlicht in Briefwechsel

Wir lassen sie fliegen

Berlin, 26. Juni 2024

Liebe Nora,

vor zwei Jahren habe ich einen Text geschrieben, der mir sehr am Herzen liegt. Möchtest du ihn in deinem offenen Briefwechsel veröffentlichen?
Saludos, Camilla.

 

„La dejamos volar“ – (wir lassen sie fliegen)
  Menschlichkeit im Jahr 2022

Zügig ziehen die Wolken am blauen Himmel vorbei, den ich durch die beige Häuserwandschlucht erspähen kann. Es ist nicht so heiß wie sonst, ein großes Glück. Es wäre sonst unerträglich, die vorgeschriebene FFP2-Maske zu ertragen. Die riesige Taucher-Brille, nein, die werde ich auch heute nicht anziehen. Aber die Schwestern kennen mich schon, kein Versuch, mich zu überreden. Maske, Plastikhandschuhe und Plastikschürze kann ich akzeptieren, sogar die Netzhaube, „die, wie vieles, zu gar nichts nutze ist“, sage ich zu einer der Schwestern. Wir lachen beide leise auf der Intensivstation des Universitätsklinikums. So sind die Regeln eben. Aday ist gerade essen, da muss der Tod noch etwas warten. Aber dann lassen wir sie fliegen. Sie liegt da, wie ich sie selten erlebt habe: ruhig, ohne Vorwurf, ohne Beschwerde, ohne Anklage. Ich rede leise mit ihr, weine, schluchzte, und dann muss ich raus in die Sonne, kurz durchatmen, frische Luft spüren, mein Herzrasen beruhigen. Ich gehe im Krankenhauspark spazieren, kaufe mir Schokolade, rufe meine Familie an, meine beste Freundin, die im Urlaub am Ende der Welt ist, aber dennoch da.
Dann ist Aday vom Essen zurück. Ich summe: ´Eu sei que vou te amar´ (ich weiß, ich werde dich lieben), es kommt kaum ein Ton raus.

Erneut die gesamte Montur, aber ohne Brille. Keiner fragt mich hier, ob ich bei meiner Mutter sein darf oder nicht. Soll ich doch noch warten? Soll ich die Maschinen anlassen, ihren Körper hier behalten? Auf was warte ich? Dass wir uns doch noch verstehen, dass ich mich von ihr geliebt fühle, dass sie mich akzeptiert? „Ich bin da“, flüstere ich. „Ich habe dich sehr lieb, wahrscheinlich schon immer, aber jetzt ist es einfacher. Ich verzeihe dir und ich verzeihe auch mir, dass ich nicht die Türen der Covid-Station im 9. Stock eingetreten habe, um dich zu besuchen.“

Im 9. Stock Neurologie gibt es normale Zimmer und Patienten mit Covid, die von der Außenwelt abgeschirmt werden, wie Aussätzige; im Jahr 2022. Die Pfleger trauen sich, anders als auf der Intensivstation, nur mit Ganzkörperschutzanzug herein, wie ich ihn vorher nur aus dem Fernsehen kannte. Oder ist es wegen der sogenannten Regeln? Aber die Regeln müssen von Menschen eingehalten werden, um sie aufrechtzuerhalten. Im 9. Stock stellt sie niemand in Frage. Meine Mutter lag dort fünf Tage. Sie hat Covid erst im Krankenhaus bekommen, symptomlos. Als der Test endlich negativ war, wurde sie über 24 Stunden weiterhin wie aussätzig behandelt, ohne Besuchsrecht. Denn es war kein Bett frei, um sie zu verlegen. Der Transport in das Universitätsklinikum HUC auf den Kanaren dauerte auch über 24 Stunden. Es gab keinen Krankentransportwagen für eine 86-Jährige mit Gehirnblutung. In das erste Krankenhaus habe ich sie selbst gebracht, denn laut Anruf unter 112 wäre der Wagen des Rettungsdienstes frühestens in drei Stunden da gewesen.

Über ihr hohes Fieber auf Station 9 hat mich später, trotz täglicher Anrufe, niemand informiert, erst als sie durch das Schlucken des Erbrochenen einen Herzstillstand erlitt und auf der Intensivstation wiederbelebt wurde. Meine dringenden Bitten bei der Krankenhausdirektion, eine Ausnahme von den Covid-Besuchsregeln auf Station 9 zu machen, wurden ignoriert. Und das deutsche Konsulat meinte, es täte ihnen sehr, sehr leid, sie bekämen vieler solcher Anrufe, könnten aber leider nichts tun. Die Inselregierung Teneriffas hat sich nicht die Mühe gemacht, mir zu antworten.

Die Regeln stehen über allem, auch 2022, vor allem über der Menschlichkeit. Die Allgemeine Erklärung über Bioethik und Menschenrechte, von der Generalkonferenz der UNESCO 2005 als große Errungenschaft bezeichnet, ist hier nicht von Bedeutung.

Artikel 3: Menschenwürde und Menschenrechte, Punkt 2. ´Die Interessen und das Wohl des Einzelnen sollen Vorrang vor dem alleinigen Interesse der Wissenschaft oder der Gesellschaft haben´, ist nichtig.

Ich schaue Aday an: „la dejamos volar ahora“. 

Er stellt die Maschinen ab.
Mein Körper bleibt erstaunlich ruhig, ich ersticke weder vor Schluchzen, noch breche ich in Tränen aus, wie an den anderen Tagen. Aday steht neben mir, „ich kann gehen, wenn es dich stört.“ Ich schüttele kaum merklich mit dem Kopf. Jetzt laufen mir die Tränen über die Wangen.

Ihr Herz schlägt regelmäßig.

Sie ist ruhig.

Die vielen Zahlen auf dem Monitor werden ganz langsam weniger.

Wo ist der Tod?

Ich habe ihn gespürt, als ich 18 war. Er war da und wartete auf mich. Aber ich bin nicht mitgegangen, ich wollte so dringend und ohne jede Diskussion leben.
Jetzt ist er nicht fühlbar.
Es ist ruhig.

Sie ist ruhig.
Aday ist ruhig, steht bei ihr und schaut, dass sie in keiner Sekunde leidet. Wie macht er das? Wie hält er es aus? Er spricht leise mit mir.
Ruhe.
Zahlen.
Meine Mutter.

Die Maschine piept.
Ich umarme Aday lange.

Ich kenne ihn gar nicht.
Wie viel Liebe es hier unten auf der Intensivstation gibt.

 

Freitag 29. Juli 2022

Camilla Hildebrandt, studierte Romanistin und ausgebildete Radiojournalistin, arbeitet seit rund zwanzig Jahren für den Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk, Schwerpunkte Bildung, sozialkritische Musik. 2013 bis 2020 war sie als Dozentin der DW Akademie für Journalismus in Bolivien, Guatemala, Brasilien, Libanon und Palästina tätig. Heute arbeiten sie zudem für das Online-Magazin Multipolar (https://multipolar-magazin.de) und Kontrafunk (www.kontfrafunk.radio).

 

 

Nur die Menschlichkeit zählt

Posted Schreibe einen KommentarVeröffentlicht in Briefwechsel

Der kleine einzelne Mensch will Kontakt und in Frieden leben!

Schweden, 19. Juni 2024

Liebe Nora,

ich will dir schon so lange schreiben, aus meiner kleinen schwedischen Oase, und davon, was wir hier  jeden Tag praktizieren und was ich mir so sehr auch im Großen wünsche – herzliche Menschlichkeit.
Seit zwei Monaten besuche ich einen Sprachkurs; ich lerne jetzt richtig Schwedisch. Jeden Tag sitze ich mit Menschen aus aller Herren Länder in einem Raum und radebreche mit ihnen gemeinsam Schwedisch und darüber hinaus noch etliche andere Sprachen – das ist ein herrliches Kauderweslchen. Wir haben unheimlisch viel Spaß zusammen.
Ich weiß gar nicht, wie viele Nationen hier zusammenkommen, aber was mich berührt ist die Tatsache, dass Russen neben Ukrainern sitzen und beide zusammen mit uns Deutschen – wir erzählen uns unsere Geschichten, übersetzen zusammen und verbringen inzwischen auch unsere Freizeit gemeinsam. Das ist alles so unkompliziert und verbindend. Wir sind so hilfsbereit miteinander und ich verstehe nicht, warum, dass, was wir hier im kleinen Rahmen so großartig leben, im Großen nicht klappen soll.

Vergangene Woche war ich auf Stippvisite in Deutschland und bin erschrocken, wenn ich sehe, wie wir Deutschen, Russen, Ukrainer – und es werden ja ständig mehr Länder zu Feinden –  uns auf anderen, höheren Ebenen total bekriegen, nicht mehr miteinander reden können und planen, den anderen zu vernichten.

Während bei uns hier einfach nur die Menschlichkeit zählt.
Das ist so beeindruckend zu sehen – die Menschen wollen keinen Krieg. Der kleine einzelne Mensch will Kontakt und in Frieden leben!
Und nur wenige große Player, die wollen Krieg. Denen müssen wir doch das Handwerk legen!

Bis du am 3. August bei der großen Friedens-Demo in Berlin dabei? Ich komme und würde dich gerne sehe.

Liebe Grüße,
Evi.

 

 

 

Der Graben ist weiter sehr tief

Posted 4 KommentareVeröffentlicht in Briefwechsel

Meine Schwester will nichts wissen, leugnet

Berlin, 16. Juni 2024

Liebe Nora Mittelstädt,

ich wollte mich schon längst bei Ihnen gemeldet haben wollen. Es ist wieder einiges passiert in meinem Leben und mein Körper reagiert darauf scheinbar recht empfindlich. Zwei Mal kurz hintereinander war ich sehr stark erkältet und bin noch immer nicht wieder richtig gesund.

Ein ziemlich heftiges Ereignis war ein teilweise sehr kontroverses Treffen mit einer meiner Schwestern. Da fielen Aussagen, die taten und tun noch immer so weh – der (Corona)Graben zwischen uns bleibt weiter sehr tief. Es ist so erschreckend. Ihr Unwissen, ihr Unglauben, darüber, was in den letzten vier Jahren passiert ist und  inzwischen doch überall nachzulesen ist. Aber sie will davon nichts wissen, lehnt es ab, sich damit zu beschäftigen, überhaupt davon Kenntnis nehmen zu wollen, leugnet. Über die RKI Protokolle, von denen sie natürlich noch nichts gehört hatte, sagte sie beispielsweise, die könnten ja eigentlich nur gefälscht sein. Es ist einfach unglaublich!

Am Vormittag des gleichen Tages erzählte mir mein Bruder vom plötzlichen und unerwarteten Tod des Mannes meiner Freundin. Unweigerlich schoß mir der Gedanke in den Kopf, die Impfung könnte dafür verantwortlich sein.

Mir geht es überhaupt nicht gut, ich bin so sensibel, das empfinde ich als äußerst belastend. Momentan bin ich außerstande eine gesunde Distanz zur Gegenwart und zur jüngeren Vergangenheit aufzubauen.

Die kleinste Nachricht versetzt mich in Angst und Unruhe, so dass ich oft nur wenig schlafe. Sogar meine Träume sind komplett durchsetzt von Ereignissen der furchtbaren Gegenwart.

Was tun? Ich habe mir erst einmal Nachrichtenabstinenz verordnet. Das heißt, ich verzichte vorerst auf all die wichtigen und informativen Nachrichten und Interviews der neuen Medien.  Aus den Regierungsmedien bin ich ja schon lange raus, weil sie für den gesunden Menschenverstand schier unerträglich sind.

Nun aber auch den Kontrafunk und all die anderen Medien auszuschließen, fällt mir schwer und ist auch mit großer Traurigkeit verbunden. Aber ich sehe momentan keine andere Möglichkeit, meine Gesundheit zu schützen.

Zum Glück geht es mir finanziell recht gut und so kann ich den Widerstand wenigstens durch Spenden unterstützen.

Am Sonntag fahre ich für zwei Wochen nach Sizilien und hoffe, dass ich mich dort ein wenig erholen kann.

Beim nächsten Brief bin ich hoffentlich wieder in besserer Stimmung
Und verbleibe mit herzlichen Grüßen

Ihre Anna Biosch

 

 

Wort

Posted Schreibe einen KommentarVeröffentlicht in Briefwechsel

Vertraue dem, der zweifelt

Schwedt, 6. Juni 2024

Liebe Nora,

herzlichen Glückwunsch zum Abtauchen. Das finde ich ganz wichtig und richtig. Dennoch schreibe ich dir bevor du wieder auftauchst. Ich war heute nämlich endlich mal in „deinem“ Café Kleinschmidt in Eberswalde und bin begeistert. Das ist ja eine tolle Atmosphäre, drinnen wie draußen. Was mich aber ganz besonders beeindruckt hat, war – nein, nicht die Wand mit den vielen tollen Promis, die dort schon aufgetreten sind, sondern – der Kleinschmidtkurier. Das ist ja mal eine abgefahrene Speisekarte. Allein dafür lohnt sich der Besuch. Ich habe bestimmt eine Stunde darin gelesen. Und muss dir – ich hoffe du kennst ihn noch nicht – den großartigen Text inclusive Vortext zu dem von dir so geschätzten Udo Jürgens schicken. Auf der Rückfahrt habe ich seine Lieder und vor allem „Wort“ in Dauerschleife gehört.
Wie aktuell!
Gerade jetzt vor den Wahlen.
Weißt du schon, wen du am Sonntag wählen wirst? Wenn nicht, hilft vielleicht dieser Text – also der von Udo, aber auch der von Kleinschmidt-Inhaber Christian Günther, der hats ja auch drauf.

Liebe Grüße. Genieße die (Taucher-)Glocke,

Paule.

 

Haben Kiesewetter, Hofreiter und Strack-Zimmermann komplett den Verstand verloren

Dieser Text, ursprünglich geschrieben für das Projekt Friedensnoten, erschien zuvor auch schon im Kleinschmidt Kurier Extrablatt zu unserem 15. Jubiläum im Dezember 2023. Da in den Monaten seither aber die überdröhnte Kriegsrhetorik bei Politikern der Tradierten-Vier (SPD, CDU, FDP, Grüne Partei) und unter unkritischer Schützenhilfe weiter Teile der Medienlandschaft inzwischen in einem Ausmaß eskaliert, dass es einem nur noch Angst und Bange wird, soll er hier als Diskussionsbeitrag erneut abgedruckt werden.

Haben Kiesewetter, Hofreiter und Strack-Zimmermann (um nur die schärfsten politischen Einpeitscher mit fragwürdiger Expertise zu erwähnen) nun inzwischen komplett den Verstand verloren? Sie reden zürnend ernsthaft von „Frieden sichern“ und pumpen immer mehr und immer heftigere Waffen in einen Krieg, der Zusehens außer Kontrolle gerät und Tag für Tag tausende Opfer fordert und drohen in ihrer staatsdiplomatischen Unfähigkeit ganz Europa darin zu verwickeln. Ja, Putin betreibt Propaganda, ohne jeden Zweifel, und vertritt beherzt seine Interessen, die unseren zum Teil diametral gegenüberstehen. Das ist nichts Neues in der Weltgeschichte. Und der sich selbst so gern so nennende „Wertewesten“? (Welch moralische Anmaßung allein schon in dieser Selbstbezeichnung steckt!) In manipulativer Propaganda und im Vertreten der eigenen Interessen stehen Washington und Berlin dem Kreml-Chef um nichts nach. Und mindestens mit Blick auf die US-Administration leider auch allzu häufig unter Anwendung höchst zweifelhafter Methoden. Prinzipientreue gegenüber internationalen Standards ist leider viel zu oft unter dem Label „Verteidigung der Demokratie und Menschenrechte“ als Ausnahme verletzt worden, wo es letztlich eben doch auch wieder nur um das Durchsetzen eigener Machtinteressen ging, als dass blindes Vertrauen noch irgendwie aufrechtzuerhalten wäre. Berlin ist nach Jahrzehnten wieder neu auf diesem Terrain und stellt sich noch reichlich trottelig an. Das Ausmaß der intellektuellen Sparsamkeit im diplomatischen Korps ist mittlerweile gefährlich und schüttet mit wenig dienlichen Provokationen Auswege, die zumindest erst einmal zum Ruhen der Waffen führen könnten, zu.

Man muss inzwischen die New York Times lesen oder die beiden größten Blätter der Schweiz (die Neue Züricher Zeitung und die Weltwoche; letztere liegt im Kleinschmidt jede Woche für Sie aus), weil man von deutschen „Qualitätsmedien“ z.B. eben leider nicht erfährt, dass bereits 2014, also noch vor der völkerrechtlich ohne Zweifel unzulässigen Annexion der Krim und ganze acht Jahre vor dem russischen Angriff auf die Ukraine, an der Grenzlinie zu Russland zwölf seither sich in Einsatzbereitschaft befindende, voll besetzte CIA-Spionage-Bunkeranlagen errichten wurden, die zur Koordination von Angriffen dienen. Stellen Sie sich bitte nur kurz vor, wie wohl eine Regierung in Washington reagieren würde, wenn es von gleichartigen Anlagen des russischen Geheimdienstes direkt an der US-Grenze auf mexikanischer Seite erführe? Nur so aus Spaß. – Mir persönlich fehlt jedenfalls jede Phantasie, mir vorzustellen, dass das Weiße Haus und das Pentagon ganze acht Jahre nur mit Warnungen und Drohungen verbrächten, bis sie die Situation in ihrem Interesse zu bereinigen gewaltsam einschreiten würden.

Bitte missverstehen Sie mich richtig, um es mit Gregor Gysi zu sagen: kein Angriffskrieg soll in irgendeiner Weise gerechtfertigt werden. Nur sollten wir nicht so naiv sein, den Humbug zu glauben, dass irgendeine Regierung aktiv einen Krieg befeuert, weil es um irgendwelche höhere Werte geht. Es geht immer um Machtinteressen. Die mögen zuweilen sogar legitim sein. Nur ihretwegen Krieg zu führen und Hundertausende in den Tod zu schicken, ist es niemals. Oder wie es der Papst erst kürzlich sagte: „Krieg ist Wahnsinn, für den es keine Entschuldigung gibt. – Die Menschen müssen erkennen, wer am Krieg die Gewinner und die Drahtzieher sind. – Letztlich ist der Krieg eine Reise ohne Ziel, eine Niederlage ohne Sieger.“

Frieden gegen Russland wird in Europa nicht möglich sein

Der wirklich moralisch gute Herrscher, wird immer versuchen, den Krieg zu vermeiden, auch um den Preis mögliche Konzessionen machen zu müssen, die einen machtstrategischen Nachteil bedeuten. Doch dieser Nachteil kann nicht schwerer wiegen als millionenfacher Tod und noch weit mehr geschundene Seelen und ein Land in Schutt und Asche. Noch immer gilt, was schon lange gilt und wohl auch noch sehr lange gelten wird: Frieden in Europa wird gegen Russland nicht möglich sein. Dabei ist es vollkommen unerheblich, ob uns die russischen Interessen erfreuen oder nicht oder ob uns der Stil des jeweiligen Zaren oder Präsidenten in Moskau sonderlich behagt. Wir werden mit ihm auskommen müssen und sollten stets einen Ausgleich der Interessen, einen respektvollen Umgang und eine friedliche Koexistenz anstreben. Alles andere wäre saudumm und brandgefährlich. Bundeskanzler Willy Brandt und sein Minister Egon Bahr (beide aus einer SPD, die es so schon lange nicht mehr gibt) haben das erkannt und mit ihrer Ost-Politik gegen alle Widerstände mitten im kalten Krieg den Frieden gesichert (und zurecht den Friedens-Nobel-Preis dafür erhalten). Helmut Schmidt, Helmut Kohl und Gerhard Schröder haben diese Politik über dreißig Jahre lang fortgesetzt, sonst wäre die deutsche Wiedervereinigung in Kohls Amtszeit niemals möglich gewesen. Und danach? Nun ja.

Jeder Idiot, der heute öffentlich fordert, man müsse den Krieg nach Russland tragen, sei daran erinnert, dass er zum einen verfassungsfeindlich Unsinn redet und dass zum anderen die NATO qua Statut ein reines Verteidigungsbündnis ist. Wir Bürger sollten darauf bestehen, dass das auch genauso bleibt! Solange aber von außen keine Armee in ein NATO-Land einfällt, dürfen Politiker gerne unsere militärische Potenz mit Waffen-Viagra päppeln, dass wir im Falle eines Angriffs abwehrfähig sind, bevor der Angreifer in ein NATO-Land einfällt. Mehr nicht!

 

Das Wort

Das Wort – und darum geht es in dem Werk von Udo Jürgens und in dem Text, der sich mit dem Stück auseinandersetzt – hat eine ungeheure Macht. Es kann mit Kraft für das Gute werben, aber es kann auch sträflich zur infamen Heuchelei und Propaganda missbraucht werden. Das zu erkennen ist nicht immer leicht, aber es ist die Kunst, die wir als Bürger beherrschen müssen, um nicht in die Irre geführt zu werden.

 Mein lieber Freund, der Musiker Jens Fischer Rodrian, lud mich ein, einen Beitrag zu dem Projekt Friedensnoten zu schreiben, das er gemeinsam mit dem Autor und Journalisten Marcus Klöckner im Sommer 2022 ins Werk setzte. Das Format publiziert Texte von Autoren, Musikern, Filmemachern, Künstlern, auch Journalisten und Wissenschaftlern, in denen sie sich anhand eines Friedensliedes oder Anti-Kriegsliedes ihre gesellschaftlichen Gedanken machen.

So sind inzwischen über 60 sehr interessante Beiträge entstanden, Reflexionen über Krieg und Frieden und unsere Gesellschaft, anhand von so unterschiedlichen Liedern wie „If you tolerate this, your children will be next“ von den Manic Street Preachers, dem unvermeidlichen „Imagine“ von John Lennon, aber auch z.B. eine großartige Abhandlung von der Autorin Sylvie-Sophie Schindler unter dem Titel „Aus Angst vor dem Dunklen“, der das gar nicht so banale „Ein bisschen Frieden“ von Nicole zugrunde liegt.

Die Einladung, mich an dem Projekt zu beteiligen, war mir eine große Freude und Ehre und ich habe es gern gemacht.

Ich habe mir „Wort“ von Udo Jürgens als Fundament meines Beitrages gewählt.

Ja, Udo Jürgens und ich. Wer mich nur etwas kennt, weiß, dass abgesehen von meiner grundsätzlichen Liebe zur Musik beinah aller Spielarten der große Udo Jürgens einen ganz besonderen Stellenwert für mich hat und wohl ganz sicher mein Leben lang haben wird.

 

Das Wort. Seine Macht über Krieg und Frieden.

Ein Beitrag und ein paar Gedanken zum wundervollen Projekt >Friedensnoten<

von Christian Günther

 

Friedensnoten.

Frieden.

Noten.

 

Können Lieder, kann Musik über Krieg und Frieden entscheiden?

Kann es ein Wort?

Oder mehrere zu Satz und Sätzen gewordene?
Kann Sprache unser Tun und Handeln so weit lenken, dass wir eher verstehen oder gar lieben oder eben hassen und letztlich töten?

Ja. Ich glaube, ja.

Umso mehr, wenn Wort und Noten sich vereinen, wenn aus ein paar Worten und ein paar Tönen ein Lied wird, dass in die Seele dringt und in uns resoniert, nachhallt, Gefühle freilegt und Gedanken entzündet.

Der große Udo Jürgens veröffentlichte Ende des Jahres 1979 sein insgesamt sehr wichtiges Album „Udo´80“, auf dem als letztes Stück das unter Aufsicht von Herbert von Karajan mit den Berliner Philharmonikern aufgenommene, diesem Beitrag zugrunde liegende sinfonische Werk „Wort“ erstmals veröffentlicht wurde. Oliver Spiecker hatte nach langen Gesprächen und dem inhaltlichen Impuls von Udo Jürgens, der es wie fast alle seiner Lieder auch komponiert hat, den Text nach seinen Ideen verfasst.

Bei Veröffentlichung war ich 14 Monate alt.

Erst als ich 14 Jahre alt war, erreichte mich dieses großartige Werk in der, wie ich bis heute finde, noch schöneren, weil noch intensiveren, noch eindringlicheren Live-Fassung des damals gerade erst erschienenen Albums „Open Air Symphony“.

Mein Gott, ich war 14 und hörte solche Musik!

Ich war 14 und auf der Suche nach Inhalten, nach einem Fundament, dass mir und meinem Leben einen festen Grund geben könnte, in dieser erkennbar reichlich wirren und oft nun wirklich (mindestens von uns Menschen!) nicht zu Ende gedachten Welt.

Udo war ein guter Lebenslehrer; ist es bis heute; vielleicht der beste. Aber das wäre irgendwann vielleicht ein Thema für ein eigenes Buch…

Da bist Du 14 Jahre alt und das inmitten historischer Ereignisse (in der DDR geboren, die gerade mit einem in der Geschichte vermutlich fast einmaligem friedlichen Furor an ihrer eigenen ideologischen Dämlichkeit einfach zusammengebrochen ist), willst pubertieren, willst aber auch mit gebotenem Ernst die Welt 1. verstehen und 2. verbessern und bekommst dann diese Zeilen als Denkaufgabe zur Ablenkung von deiner unbegründeten Dauererektion samt größenwahnsinniger Revolutionsphantasien angeboten:

 

Wort, du bist Gedankenelement
Kannst Illusion sein, die verbrennt
Bist unbegreiflich, wenn man dich begriffen nennt

Wort, du trägst so vielerlei Symbol
Bist in Ideen Weltenpol
Kannst überladen sein und auch bisweilen hohl

Wort, du bist so leise und so sacht
Dabei hast du die größte Macht
Die diesen Erdenball umschließt und ihn regiert

 Wort, du wirst geflüstert und zitiert
Du bist der Leitstrahl, der uns führt
Hast Krieg und Frieden schon diktiert

Wort, du hast so vielerlei Gestalt
Und bist so unerreichbar alt
Kannst glühend heiß sein und so kalt

Wort, du wirst mißbraucht und kommandiert
Hast Diktatoren dirigiert
Und ganze Völker schon verführt

Wort, bist du auch manchmal rigoros
Und triffst uns wie ein Degenstoß
Denn deine Wirkung ist nicht nur im Guten groß

Wort, du bist so zärtlich und so warm
Dein Klang nimmt uns in seinen Arm
Du bist die Brücke, die die Menschen näherbringt

Wort, du wirst melodisch, wenn man singt
Bist ein Signal, das in uns dringt
Du bist die Sinfonie, die nie verklingt

 Zweifel als Antwort. Na wunderbar!

Zweifel als Antwort. Ja, wunderbar!

 

Die Lüge erkennen

Vielleicht ist das die wichtigste Lektion, die mir mein Lebenslehrer hat mitgeben können!

Vertraue, wenn das Wort sich wahrlich aufrichtig, gelebt und aus tiefstem Herzen gefühlt anfühlt!

Selbst wenn es fehlerbehaftet ist und nicht frei von menschlichen Makeln.

Aber misstraue, um Himmels Willen misstraue (!!!), wenn Du Taktik witterst, Kalkül oder moralisch aufgeladene Heilsversprechen!

Vertraue dem, der zweifelt!

Misstraue dem, der Dir letztinstanzlich und alternativlos mit Weisheiten droht. Umso mehr, wenn er Dir mit Verachtung und Repressalien droht, wenn Du diese nicht befolgst.

Das Wort kann streicheln und trösten, versöhnen, Hände reichen, nach Wahrheit und Aufrichtigkeit schürfen und den Frieden beschwören.

Das Wort kann aber auch Zwietracht sähen, Verachtung nähren, Hass versprühen und den Krieg entzünden.

Vielleicht gelingt es uns nicht immer die Wahrheit zu begreifen, aber es genügt die Lüge zu erkennen, sie zu demaskieren, um dem Frieden zu dienen.

„Am Anfang war das Wort!“ hallt durch immer leerer werdende Kirchenschiffe jener erste Satz aus dem Evangelium des Johannes. Und wer von uns seinen ganz persönlichen Gottesbezug, völlig unabhängig von menschengemachten Konfessionen, noch nicht verloren hat, kann sie geradezu physisch spüren, diese sagenhafte Kraft eines festen Wortes. Zu glauben, dass ein kraftvoll dröhnendes „Es werde Licht!“ genügt, dass kurze Zeit später auch Licht ward, muss jeder für sich entscheiden, aber dass ein hunderttausendfach beharrlich vorgetragenes „Wir sind das Volk!“ friedlich, aber bestimmt ausgerufen ein ideologisch hyperventilierendes Machtsystem zum Einsturz bringen kann und eine bis an die Zähne bewaffnete Schutzmacht abziehen, statt alles zusammenschießen lässt, haben wir erlebt.

Wir haben auch erfahren, dass ein wirr krakeeltes „Ja“! aus zehntausend aufgepeitschten Hälsen auf die diabolische Frage „Wollt ihr den totalen Krieg?“ in den Untergang führte.

Schimpft mich naiv, wenn ich mir nach dem dritten Glas Wein gerne versuche auszumalen, wie es wohl gewesen wäre, wenn in diesem Moment im Februar 1943 im Berliner Sportpalast Göbbels, diesem Arschloch, auf seine Frage ein zehntausendfaches „NEIN!“ entgegengerufen worden wäre. Hätte er alle zehntausend an Ort und Stelle erschießen lassen? Wohl kaum. Die meisten von ihnen werden allerdings in den folgenden zwei Jahren in diesem wahnsinnigen Krieg wohl ohnehin ihr Leben verloren haben; mindestens ihre Lebensgrundlage.

 

Wort, du wirst mißbraucht und kommandiert
Hast Diktatoren dirigiert
Und ganze Völker schon verführt

aber eben auch und genauso wahr:

Wort, du bist so zärtlich und so warm
Dein Klang nimmt uns in seinen Arm
Du bist die Brücke, die die Menschen näherbringt

 

Wenn heute jemand mit feurigem Eifer und keinen Zweifel ertragend sagt, er wolle geächtete Streumunition in einen Krieg liefern, um Frieden zu erreichen –

Wenn heute jemand seine gesundheitliche Führsorge auch um den Preis meiner existenziellen Vernichtung anbietet –

Wenn jemand Verachtung bei Nichtbefolgung androhend Formulierungen verbieten will, weil sie ideologisch gefiltert vielleicht menschenverachtend verstanden werden könnten –

Wenn ein Demokrat, die 50% die ihm nicht zustimmen als Antidemokraten bezeichnet –

Wenn jemand mein Vertrauen will, aber blinden, unkritischen Gehorsam fordert –

 

Wort, du trägst so vielerlei Symbol
Bist in Ideen Weltenpol
Kannst überladen sein und auch bisweilen hohl

 

Nein, ich erkenne leider nicht immer die Wahrheit, aber ich erkenne die Lüge!

Danke Udo!

 

 

 

Abtauchen

Posted Schreibe einen KommentarVeröffentlicht in Briefwechsel

Seelenpflege

Pinnow, 5. Juni 2024

Liebe Freunde
(denen ich noch eine Antwort schulde),

ich muss kurz abtauchen. Ich bin voll, übervoll – mit Informationen, Verpflichtungen Gedanken und Gefühlen. Ich muss ein wenig Seelenpflege betreiben und mich sortieren, um gestärkt wieder auftauchen zu können. Dann schreibe ich euch allen – ich habe so viel im Kopf, das raus will, aber erst einmal muss ich das Chaos in mir bändigen.

Liebe Grüße, bis ganz gleich,
Nora.

Frieden, Frieden und nochmals Frieden

Posted Schreibe einen KommentarVeröffentlicht in Briefwechsel

Es ist keine Schwarzmalerei – die Kriegstrommel wird gerührt

Berlin, 31. Mai 2024

Liebe Nora,

macht endlich die Augen auf!, möchte ich allen zurufen. Wie blind sind die Menschen? Wie lange wollen sie sich das noch ansehen? Oder wegsehen?
Es ist keine Schwarzmalerei, die Kriegstrommel wird gerührt und die Kriegstüchtigkeit angestrebt. Unter dem Deckmantel der Verteidigung. Was für ein Schwachsinn. Aber die Menschen glauben. Oder wollen glauben. Oder … ich weiß nicht, was sie wollen.
Aber bestimmt nicht ihre Kinder opfern.
Die Dortmunder Fußballer, die jetzt für den Rüstungskonzern Rheinmetall ihre Tore schießen, wird es nicht gleich erwischen. Vermutlich werden sie kriegswichtig sein, um die Leute bei Laune zu halten. Ich könnte kotzen. Vielleicht rennen die Jungs aber auch als erste los – freiwillig für ihr deutsches Vaterland.

In der Pressemitteilung ist natürlich nicht davon die Rede, dass Rheinmetall Deutschlands größter Waffenkonzern ist, nein, da wird von einem Verteidigungs- und Technologiekonzern geschrieben.  Dessen Auftragsbestand im vergangenen Jahr, ganz nebenbei bemerkt, einen neuen Höchstwert erreicht hat und dessen Gewinn so hoch war wie noch nie. Dank des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine. Wer will den eigentlich nicht beenden?

„Wir wissen und müssen es leider zugeben, dass wir in einer anderen, bedrohlicheren Welt sind.“, sagt der olivgrüne Herr Habeck. Wer bitteschön macht denn diese Welt?
Zeitenwende.
So ein Blödsinn.
Frieden muss es heißen! Frieden, Frieden und nochmals Frieden!
Weg mit der Scheiß-Rüstung. Das hatten wir alles schon mal.

Wen wählst du eigentlich?
Wenn wir Frieden an ie erste Stelle rücken – und das sollten wir – ist die Auswahl extrem dünn.
Miesepetrige Grüße,
Kathrin.

 

 

Lest hier, was Nora zuletzt an Kathrin schrieb.

 

 

Aufhebung der Impfpflicht in der Bundeswehr – und die Leitmedien schweigen

Posted 1 KommentarVeröffentlicht in Briefwechsel

„Das Regime tritt mir schon auf die Füße“

Deutschland, 30. Mai 2024

Liebe Nora,

danke, dass du an uns gedacht hast!

Nach all unseren Erlebnissen mit der Bundeswehr, insbesondere zu Beginn der Duldungspflicht für die Covid-19-Impfung (Ende 2021) und in den letzten 12 Monaten, ist uns gar nicht danach, zu tanzen. Wir sind vor allem froh, dass es nun ein Ende hat, und dass die jungen, lebensunerfahrenen Männer und Frauen, die ihren Dienst antreten, nicht mehr zur Impfung gezwungen werden können. Da die Impfung jedoch weiterhin empfohlen werden soll, schätze ich, dass sich weiterhin viele junge Soldaten impfen lassen werden.
Georg ist wahrscheinlich einer der letzten impfkritischen Soldaten, die noch in der Bundeswehr sind. Aber auch er wird nun zum 1. Juli aus dem Dienst entfernt. Ich glaube, wir haben einen großen Schutzengel. Anders kann ich mir die vielen Zufälle, die ihn so lange ohne erneuten Impfbefehl durchkommen ließen, nicht erklären. Aber eins nach dem anderen:

Wie du weißt, hatten wir uns bereits mit den Corona-Maßnahmen und erst recht mit den neuartigen und experimentellen Impfstoffen intensiv und kritisch auseinandergesetzt, und so stand Georg seit Einführung der Duldungspflicht für die Covid-19-Impfung bei der Bundeswehr im November 2021 unter einem enormen Druck. Er hatte nicht nur Angst vor gesundheitlichen Schäden durch die unerprobten Impfstoffe, sondern war auch der Auffassung – und ist es noch immer – dass er sich lt. Soldatengesetz gar nicht hätte impfen lassen dürfen, da er als Soldat zur Gesunderhaltung verpflichtet ist und er bereits Ende 2021 genug Informationen über die gesundheitlichen Gefahren durch die Corona-Impfstoffe gesammelt hatte.
Nachdem die erste Aufforderung zur Impfung, die noch kein offizieller Befehl war, von seinem Vorgesetzten kam, nahm er seinen gesamten Urlaub und Resturlaub, um Abstand zu gewinnen und auf eine Eingebung zu hoffen.
Mitte Dezember ließ er sich von einer Bekannten, die in einer Arztpraxis arbeitet, Blut für die Bestimmung seines Corona-Antikörper-Titers abnehmen. Obwohl er wusste, dass dieses Ergebnis wahrscheinlich nicht anerkannt werden würde, sollte es positiv ausfallen, hoffte er zumindest auf eine Erklärung, warum er sich impfen lassen sollte, wenn er bereits Antikörper hatte. Der Test fiel allerdings negativ aus. Kurz darauf wurden wir – dank unseres Schutzengels – beide krank und verbrachten Weihnachten 2021 mit Grippesymptomen. Anfang Januar ließ Georg seinen Titer deshalb erneut bestimmen, diesmal mit einem deutlich positiven Ergebnis.

Ebenfalls Anfang Januar 2022, noch während seines Urlaubs, rief Georgs Vorgesetzter per Videotelefonie an, um ihm unter Zeugen den Befehl zu erteilen, sich zu einem bestimmten Termin beim General zu melden und den Impfbefehl entgegenzunehmen. Das betraf auch zwei weitere Soldaten. Georg wurde zum ersten Mal in seinem Berufsleben ein Befehl unter Zeugen gegeben, was sein Vertrauen in die Bundeswehr enorm erschütterte.
Er war am Boden zerstört und wusste nicht, was er tun sollte. In den über 20 Jahren unserer Beziehung habe ich ihn zum ersten Mal weinen sehen. Er war so verzweifelt, dass er es sogar für einen kurzen Moment in Erwägung zog, sich die Impfung gegen seine Überzeugung geben zu lassen. Es gelang mir, ihm klarzumachen, dass wir das zusammen durchstehen und uns nicht vom Staat erpressen lassen würden. Denn nichts anderes war es ja!
Georg sah sich in unserer sechsköpfigen Familie als Ernährer und wusste, dass eine Befehlsverweigerung vor dem Truppendienstgericht enden und zu seiner unehrenhaften Entlassung führen würde. „Unehrenhafte Entlassung“ bedeutet, dass der Soldat seine Gehalts- und Pensionsansprüche verliert, vorbestraft ist und ihm somit das zivile Leben erheblich erschwert wird. Deshalb stellte er noch in der Nacht vor der Befehlsausgabe einen Antrag, um sein Dienstverhältnis von einem Berufssoldaten auf einen Soldaten auf Zeit umzuwandeln, um mit einem Überbrückungsgeld und ohne gerichtliches Prozedere entlassen zu werden. Der Antrag wurde jedoch abgelehnt. Georg, der seit 32 Jahren in der Bundeswehr war, hätte diesen Antrag vor Ende seines 30. Dienstjahres stellen müssen.

Am Morgen, als er den Impfbefehl erhalten sollte, hatte ich große Angst, dass er auf dem Weg zur Kaserne einen Unfall bauen könnte, da er schlecht geschlafen hatte und immer noch den Tränen nahe war, als wir uns verabschiedeten. Der General, der den drei Soldaten gegenüberstand, demonstrierte deutlich seine Macht. Georg versuchte, mit ihm zu reden, aber er fuhr ihn nur an: „Sie können den Befehl auch gleich verweigern!“
Georg befolgte letztlich den Befehl, sich ärztlich auf seine Impftauglichkeit untersuchen zu lassen. Beim Arzt brach er weinend zusammen. Dank der beiden Titer-Bestimmungen, die der Arzt als Nachweis für eine frisch durchgemachte Corona-Infektion anerkannte, wurde er zunächst für einen Monat als impfuntauglich eingestuft und für weitere fast zwei Monate als „immun“ erklärt. Ende März hätte er sich dann aber impfen lassen müssen. Der Arzt erkannte jedoch auch Georgs Notlage, überwies ihn akut in die psychiatrische Abteilung des Bundeswehrkrankenhaus‘ und schrieb ihn krank. Seitdem war er nicht mehr im Dienst. Jedes Mal, wenn er einen neuen Krankenschein brauchte, kehrte die Panik zurück. Wie lange würde ihn sein Truppenarzt noch krankschreiben? Ende März 2022 riet ihm dieser Arzt, Georg solle sich einen externen Facharzt für Psychotherapie zur Unterstützung suchen, denn (O-Ton des Arztes): „Das Regime tritt mir schon auf die Füße.“ Es war nicht leicht, einen Therapeuten mit freien Kapazitäten zu finden, aber auch hier hatte wohl unser Schutzengel seine Hand im Spiel. Georg fand kurzfristig jemanden in unserer Nähe, der zwar selbst an die Wichtigkeit der Impfung glaubte und während der Sitzungen noch lange eine Maske trug, aber dennoch Verständnis für ihn hatte, ihn ernst nahm und ihn auch in sämtlichen medizinischen und formalen Angelegenheiten bis zum Ende unterstützte.
Er gab zunächst regelmäßig die Empfehlung auf eine neue Krankschreibung heraus, so dass Georgs Truppenarzt aus dieser Zwickmühle heraus war. Dieser Truppenarzt war übrigens jemand, der zwar die „Corona-Kranken“ auch in Schutzmontur untersuchte und an den PCR-Test als „Goldstandard“ glaubte, aber dennoch sein Berufsethos nicht vergessen hatte. Er wurde leider im März 2023 woandershin versetzt, und danach wurde es RICHTIG dramatisch.

Die letzten 2 ½ Jahre waren somit eine ständige Achterbahnfahrt zwischen Hoffnung und Verzweiflung. Georg hatte immer wieder Träume vom Impfbefehl und wachte nachts mit Panikattacken auf. Er war außerdem enttäuscht, dass sich niemand von seinen Kameraden meldete, dass nicht mal eine Geburtstagskarte kam und dass sein Vorgesetzter ihn nur anrief, wenn er was von ihm wollte, wie z.B. dass Georg sein Büro leer räumt. Seine Stimmung war sehr wechselhaft und insgesamt war er nicht mehr so lebensfroh, wie vor diesem Geschehen. Ich meine, er war zwar seit dem Afghanistankrieg seinem Arbeitgeber gegenüber bereits recht kritisch und riet auch unseren Söhnen davon ab, zur Bundeswehr zu gehen, aber die Kameradschaft, die damals noch da war, das strukturierte und zugleich abwechslungsreiche Arbeiten, die Möglichkeit, auf der Arbeit viel Sport zu machen usw. waren für ihn auch positive Sachen, die er sehr zu schätzen wusste. Da er schon immer ein großer Mitdenker und nicht nur Befehlsempfänger war, hatte er sich bei der Bundeswehr bis zu Corona auch häufig mit spannenden Themen in politische Bildungsprojekte eingebracht und bei der Bundeswehr viel mitgestaltet. Auch Gesundheitssport-Kurse hatte er dort mit Begeisterung gegeben, an denen auch hochrangige Personen teilgenommen hatten. Von heute auf morgen ist dieses alles weggebrochen und noch schlimmer für ihn: niemand schien mehr an ihn zu denken.

Ich selbst habe immer ein großes Urvertrauen und bin der Meinung, dass die Dinge so kommen, wie es sein soll. Mir fällt es daher leichter, nach vorne zu schauen. Aber Georg nahm alles sehr persönlich und fiel irgendwann in ein tiefes Loch. Es forderte mir ganz schön viel Kreativität ab, um ihm zu zeigen, dass er so viele andere Fähigkeiten hat, dass er auf diesen Verein nicht angewiesen ist. Auch unseren Eltern, den Kindern, die nun fast alle erwachsen sind, und unseren Freunden bin ich sehr dankbar, dass sie uns auch emotional so unglaublich unterstützt haben, obwohl viele von ihnen ihre eigenen Sorgen mit dem ganzen Geschehen hatten.

Im Übrigen haben sich Georgs andere beiden impfkritischen Kameraden nach dem Impfbefehl impfen lassen. Als Georg ein paar Tage später mit einem der beiden telefonierte und fragte, wie es ihm ginge, sagte dieser: „Ein bisschen wie nach einer Vergewaltigung“.

Im letzten Sommer, als wir gerade im Urlaub waren und Abstand zu all diesen Themen genossen, wurde Georg mitgeteilt, dass ein Dienstunfähigkeitsverfahren (DU-Verfahren) gegen ihn eingeleitet wird, obwohl sein Facharzt in den Wochen zuvor immer wieder befundete, dass eine schrittweise Wiedereingliederung in den nächsten Monaten möglich, aber in diesem Zusammenhang auch eine Konfliktlösung anzustreben sei. Es ging ihm inzwischen viel besser, nur die Angst vor einem erneuten Impfbefehl machte ihm zu schaffen.
Das DU-Verfahren wurde dennoch durchgezogen, wobei viele formale und inhaltliche Fehler gemacht, Vorschriften und die ärztliche Schweigepflicht missachtet, falsche Gutachten erstellt und ihm sogar Straftaten unterstellt wurden, gegen die erfolglos ermittelt wurde. Letztendlich hatten wir uns entschieden, gegen dieses ganze Prozedere keinen Widerspruch einzulegen, obwohl es viele Punkte gab, die vor einem funktionierenden Gericht keinen Bestand gehabt hätten. Aber da dieses absurde Verfahren noch einmal gezeigt hat, dass Georg absolut nicht mehr für diese Behörde arbeiten kann und man sich von diesem Verein einfach nur distanzieren sollte, akzeptieren wir, dass Georg nun mit 52 Jahren in Pension geht. Im Gegensatz zu anderen Soldaten, die teilweise unehrenhaft wegen Befehlsverweigerung entlassen wurden, und plötzlich vorbestraft und ohne Gehalt bzw. Pension auskommen mussten, ist Georg mit nicht ganz so großen Blessuren davongekommen, auch wenn die psychische Belastung aufgrund der Ungerechtigkeit und Unmenschlichkeit manchmal kaum auszuhalten war.

Vorgestern, bevor wir vom Ende der Duldungspflicht erfahren haben, hatte Georg gerade seine Gesundheitsakte bekommen, die sein Anwalt vor einem halben Jahr angefordert hatte. Ich habe sie mit einem „Märchenbuch“ verglichen, da sich hierin so viele spannende und unwirkliche Dinge fanden, wie etwa eine verleumderische, mit falschen Behauptungen übersäte, sehr subjektive Gesprächsnotiz, die eine Ärztin nach einem Telefonat mit Georg verfasst hatte. So war es also kein Wunder, dass andere Ärzte ihn nur unter Zeugen behandeln wollten.
Ich saß in meinem Arbeitszimmer und arbeitete am Schreibtisch, während Georg diese Akte auf unserer Terrasse durcharbeitete. Ständig erschien er mit einem neuen Blatt in der Hand in der Tür und las mir wieder eine „Geschichte“ vor. Wir kamen aus dem Staunen über so viel Fantasie der protokollierenden Ärzte nicht mehr heraus, und fanden plötzlich Dinge lustig, die uns vor ein paar Wochen noch auf die Palme gebracht hätten. Es ist sehr offensichtlich, dass die Truppenärzte und Vorgesetzten von Georg unter einem großen Druck standen, um dieses DU-Verfahren durchzuziehen. Mehrfach befand sich in der Akte die Unterstellung, Georg würde das Verfahren verzögern. Es machte den Anschein, als ob sich die Beauftragten vor jemandem dafür rechtfertigen wollten, dass Georg noch immer nicht entlassen war. Dabei ist ein DU-Verfahren in dieser rasanten Geschwindigkeit gar nicht üblich, wie eine der Ärztinnen sogar in einer dieser Unterlagen dokumentiert hatte.

Nach dem Abendessen saß ich wieder im Arbeitszimmer, da ich ein termingebundenes Projekt zu Ende bringen wollte und durch Georgs ständiges Vorlesen aus seiner „Märchenbuch-Gesundheitsakte“ etwas in Verzögerung geraten war. Obwohl ich Georg gebeten hatte, mich an diesem Abend nicht mehr zu stören, erschien er plötzlich wieder in der Tür. Diesmal hatte er kein Blatt in der Hand, sondern sein Smartphone, und sagte: „Die Duldungspflicht ist vorbei.“ Ich hielt es zunächst für einen Scherz, dann für eine Falschmeldung. Er setzte sich zu mir und las mir einen Bericht aus der „Epoch Times“ vor. Das Bundesverteidigungsministerium hätte gestern bei einem Gerichtsprozess, in dem ein Soldat gegen die Duldungspflicht geklagt hat, Beweise für den Nutzen der Impfung liefern sollen. Einen Tag vor dem Gerichtstermin hat es nun also einfach das Ende der Duldungspflicht für die Covid-19-Impfungen ausgerufen.
Mit der Fortsetzung meines Projektes war es für diesen Abend vorbei, denn wir begannen zu überlegen, was diese Entscheidung nun für uns, für andere Betroffene, für die Bundeswehr und die ganze Gesellschaft bedeuten könnte. Aber es ist klar, dass wir ohne genauere Informationen, die zu dieser Entscheidung geführt haben, nicht weiter zu spekulieren brauchen.

Wir warten jetzt also ganz entspannt ab, was diese plötzliche Kehrtwende in der Öffentlichkeit für Folgen hat. Erst im Laufe der Zeit werden wir sehen, ob es eine Aussicht auf eine Entschädigung oder Ähnliches gibt. Zwar habe ich dieses Ergebnis zum Anlass genommen, doch wieder etwas mehr Vertrauen in die deutschen Gerichte zu stecken, jedoch gab es ja in der Vergangenheit schon öfter positive Urteile, z.B. gegen das Maskentragen in zwei Weimarer Schulen, wo der urteilende Thüringer Richter im Anschluss wegen Rechtsbeugung verurteilt wurde und das Urteil für nichtig erklärt wurde.

Allerdings meine ich, in den letzten Jahren ein gewisses Muster beobachtet zu haben, was mir Hoffnung gibt, dass die beendete Corona-Impfpflicht bei der Bundeswehr, von der viele gar nicht wussten, dass es sie noch gab, doch Größeres bewegen könnte: Gestern hat Georg die Leitmedien unter die Lupe genommen. Diese sind sich schon mal einig, davon kein einziges Wort zu berichten. Und wir wissen ja, dass alles, was die Medien ihren Konsumenten nicht mitteilen, sozusagen gar nicht erst existent ist. Oder doch? Es ist nämlich genau dieses Schweigen der Leitmedien, was mich hoffen lässt, dass es diesmal keine Umkehr geben wird.

Georg erzählte mir heute Morgen, dass es ihm nun viel besser gehe. Auch wenn er zum 1. Juli in Pension geschickt wird, hatte er immer noch die Angst, man würde ihm, als letzten Versuch, ihn unehrenhaft zu entlassen, den Impfbefehl noch einmal erteilen. Darin sehe ich für uns persönlich gerade den Erfolg.
Entschädigung hin oder her, wichtig ist doch, dass wir gesund und unseren Werten treu geblieben sind.

Wie geht es dir eigentlich, liebe Nora? Bist du immer noch so politisch aktiv? Die Corona-Maßnahmen, gegen die du so gekämpft hast, sind ja nun vorbei. Aber verrückte Themen gibt es ja dennoch reichlich …

 

Liebe Grüße!
Sonja

Lest hier, was Nora an Sonja schrieb.

EILMELDUNG!

Posted Schreibe einen KommentarVeröffentlicht in Briefwechsel

Kapitulation

Pinnow, 29. Mai 2024

Liebe Sonja,

gerade eben habe ich die Nachricht erhalten, dass die Covid19-Impfpflicht  für die Soldaten gefallen ist.
Endlich, endlich, endlich!!!
Wahrscheinlich tanzt ihr schon.
Ich freue mich so für euch und besonders natürlich für Georg. Dass er und ihr die ganze Zeit widerstanden habt. Diesem enormen Druck. Euch müssen sonst wie viele Steine vom Herzen gefallen sein. Ich bin ganz enthusiastisch.
Das Gebäude bröckelt.
Vielleicht dürfen wir doch hoffen.
Erzähl mal wie es euch geht und was das für Georg konkret bedeutet? Bleibt er jetzt Soldat? Gibt es eine Entschädigung?
Ich drücke euch ganz dolle,
Nora.

Landhandel

Posted 1 KommentarVeröffentlicht in Briefwechsel

Was passiert, wenn wir alle einfach nicht mehr mitspielen?

Pinnow, 28. Mai 2024

Liebe Kathrin,

zuallererst, bevor ich es vergesse, Ulrike Guérot spricht am kommenden Montag, am 3. Juni in der Dorfkirche in Malchow. Ich hoffe, sie kann mich wieder beruhigen. Denn nach dem, was du schreibst, ist mir Himmel, Angst und Bange geworden. Meinst du wirklich, dass wir so dicht vor der Wehrpflicht stehen, dass uns tatsächlich ein Krieg droht? Ich schwanke immer. Zuletzt war ich gerade ganz ruhig. Bin allerdings auch seit einigen Wochen weg von Nachrichten jeglicher Art. Ab und an muss ich einfach mal Luft holen.
Krieg. Bitte nicht! Hier nicht und nirgendwo!!!
Zum letzten Mal hatte ich vor einem Jahr richtig Schiss davor. Im Februar schrieb ich damals einen Text dazu – der bei ´Manova` erschien. Nun habe ich ihn noch einmal rausgesucht und schicke ihn dir. Vielleicht macht er dir Mut. Und mir auch.

Ich freue mich, wenn wir uns Montag sehen sollten.
Liebe Grüße,
Nora.

PS: Teile den Text gerne weiter.

 

Landhandel

Viereinhalb Jahre ist es inzwischen her, da stand in unserem Dorf an unserer Bushaltestelle eine Dame. Es war Samstag. Am Samstag fährt in unserem Dorf kein Bus. Eigentlich fährt auch sonst kein Bus in unserem Dorf. Außer dem Schulbus. Allerdings gibt es in unserem Dorf keine Kinder mehr, die ihn benutzen würden. Die Bushaltestelle ist ein Relikt aus alten Zeiten.
Was machte die Dame dort? Worauf wartete sie? Es war Samstag.

Sie hielt einen Besen in der Hand und hatte auffallend rote Haare. Neben ihr stand ein Tisch, zwei Stühle, ein Regal. Und dann sah ich die Torte.
Auf ihrem Kopf.

„Kommen sie ruhig näher, nehmen Sie sich auch ein Stück, so groß sie wollen!“, rief sie als sie mich entdeckte und reichte mir ein Messer.

Hinter ihr, auf dem Dach unserer ausrangierten Bushaltestelle, prangte ein goldener Schriftzug. „LANDHANDEL“.

Zwei Tage lang lud die Dame – die Schweizer Künstlerin Barbara Caveng – mit ihrer Torte auf dem Kopf die Menschen an unserer kleinen Bushaltestelle dazu ein, mit ihr über den Handel mit Land, über die Bodenfrage zu sinnieren.

Ausgangspunkt für diese ihre Arbeit im Rahmen des 6. UM-Festivals war der Landhandel im benachbarten Gerswalde, dessen Betreiberin, so schreibt es Barbara Caveng in ihrem Portfolio,  ihr Geschäft im November 2018 nach 22 Jahren an eine  Nachfolgerin übergab. Damit  verschwanden auch die letzten original DDR-Produkte aus den Regalen, die noch von einem Land zeugten, das „ver-handelt“ wurde.
Dieses Land war mein Land, das Land meiner Kindheit. Ich spüre bis heute eine tiefe Sehnsucht. Diese hat nichts mit Nostalgie zu tun oder Verklären, Beschönigen, sondern mit Wärme und Geborgenheit, mit Vertrautsein, mit Bildern, so vielen Bildern, mit Geschmack, mit Geruch …

Schon damals, als ich ein Kind war, hatte ich Angst um dieses Land, ach was, nicht nur um dieses Land, um alle Länder, um die ganze Welt. Noch immer sehe ich mich als Neunjährige auf dem unteren Bett unseres geschwisterlichen Doppelstockbettes sitzen, unglücklich darüber und verängstigt, weil ohnmächtig, eventuell miterleben zu müssen, wie Ronald Reagan auf den Roten Knopf drücken und uns alle mit einer Atombombe auslöschen könnte.

Warum? Weshalb? Wie kommen Menschen dazu, andere Menschen töten zu wollen? Töten lassen zu wollen? Und unsere Lebensgrundlage, unsere Erde noch dazu!

Ich blieb lange an unserer Bushaltestelle. Hörte den Gesprächen zu. Erfuhr von Überlegungen, die mir noch nicht gekommen waren. Zum ersten Mal seit wir hier wohnten, ging ich auch in das Wartehäuschen hinein. Es war leer. Nur an eine der verwitterten Wände hatte Barbara Caveng  ein Plakat gehängt.
Heute hängt es in meinem Wohnzimmer. Ich habe es der Künstlerin abgeschwatzt.

Vor zwei Wochen habe ich das Plakat auf eine Pappe geklebt, es mit Frischehaltefolie überzogen, und mir um den Hals gehängt als ich gemeinsam mit weiteren 50000 Menschen am Brandenburger Tor für Frieden demonstrierte.

Jedes Mal, wenn ich bemerkte, dass mein Plakat interessierte, bot ich an, stehen zu bleiben, damit es in Ruhe gelesen werden konnte. Es war interessant die Menschen beim Lesen zu beobachten. Spätestens beim letzten Satz reagierten alle gleich, sie nickten, schauten mich an, nickten wieder und bedankten sich.

Auf dem Plakat – inzwischen hängt es wieder in meinem Wohnzimmer – ist Rousseau zitiert. Rousseau lebte im 18. Jahrhundert, starb noch vor der französischen Revolution und ist so aktuell wie damals. 1755 schrieb er in seiner „Abhandlung über den Ursprung und die Grundlagen der Ungleichheit unter den Menschen“

 

„Der erste, der ein Stück Land mit einem Zaun umgab und auf den

Gedanken kam zu sagen, DIES GEHÖRT MIR

Und der Leute fand, die einfältig genug waren, ihm zu glauben,

war der eigentliche Begründer der modernen Gesellschaft.

Wie viele Verbrechen, Kriege, Morde,

Wie viel Elend und Schrecken wäre dem Menschengeschlecht erspart geblieben,

wenn jemand die Pfähle ausgerissen und seinen Mitmenschen zugerufen hätte:

HÜTET EUCH, DEM BETRÜGER GLAUBEN ZU SCHENKEN;

IHR SEID VERLOREN; WENN IHR VERGESST;

DASS ZWAR DIE FRÜCHTE ALLEN, ABER DIE ERDE NIEMANDEM GEHÖRT.“

 

Landhandel – der Handel mit dem Land. Mit wessen Land? Wem gehört was? Für wie lange?
Meine Oma stammte aus Elbing, in Westpreußen – heute Polen. Mein Name Mechsner – kommt aus dem Land der Vorfahren meines Mannes, aus Schlesien – heute Polen. Die Vorfahren der Menschen, die jetzt auf „unserem“ Hof in Bobischau wohnen, waren aus der Ukraine (die seit 1922 zur Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken  gehörte) vertrieben worden.

Wer weiß heute noch, was ein Jugo ist? Meine Kinder sind sich nicht sicher – Ein Land?“, vermutet eine meiner Töchter. „Ich hab´s schon mal gehört, ABER keine Ahnung was das ist“, sagt die andere.  Sasa Stanisic, einer der bekanntesten deutschen Schriftsteller, bezeichnet sich als  Jugo. In seinem Bestseller „Herkunft“ erzählt er davon, wie (ihm) sein Heimatland – Jugoslawien – verloren gegangen ist. Das, was einmal sein Land gewesen ist, gibt es heute nicht mehr. Sein Land – Jugoslawien – sind heute sechs Länder. Deren Anerkennung die Balkankriege mit mehr als 200000 Toten vorausgegangen sind.

200000 Tote.

Etwa ebenso viele Tote (die Zahlen schwanken je nachQuelle) sind inzwischen im Krieg zwischen Russland und der Ukraine zu beklagen.
Getötet mit Waffen aus Deutschland.

Auf der FriedensDemo am Brandenburger Tor traf ich auf eine Dame, die, abgesehen von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer vermutlich das beliebteste Fotomotiv der Demo war. Sie stand in einem Panzer. Einem aufblasbaren Panzer, gedacht, um damit gemütlich auf dem Wasser dahinzutreiben. Oder weniger gemütlich wilde Kämpfe zu imitieren. Fassungslos stand ich vor der Frau. „Wo haben Sie den Panzer her?“ fragte ich. „Aus dem Schwimmbadbedarf“, antwortete sie. Sie zeigte mir, wo sie den Boden, auf dem mindestens drei kleine Kinder Platz gehabt hätten, um Panzerschlacht zu spielen, herausgeschnitten und an den Überbleibseln die Hosenträger ihres Mannes befestigt hatte, um in den Panzer hineinsteigen und ihn über der Schulter befestigen zu können.

Wenig später und nur einige hundert Meter weiter stand ein richtiger, ein echter Panzer. Genauer: ein Panzerwrack. Dessen Panzerrohr zielgenau auf die russische Botschaft gerichtet war.
Der Panzer, las ich zu Hause, stellte eine genehmigte Kunstaktion dar. Wieland Giebel, einer der Initiatoren erläuterte, welcher Gedanken ihn zu dieser „Kunst“ veranlasst hatte: „Das Regime wird untergehen so wie das Dritte Reich untergegangen ist. (…) Hier in der Botschaft sitzen die Kriegsverbrecher. Deshalb stellen wir den Russen ihren Schrottpanzer vor die Tür.“

(Natürlich könnte man fragen, warum vor anderen Botschaften keine Panzer stehen. Aber ich frage nicht, ich will nirgendwo Panzer stehen und noch viel weniger fahren sehen. )

Dieser Panzer riecht nach Kriegserklärung.
Nach einer weiteren.
Im Januar bereits verkündete „unsere“ Außenministerin, wenn auch „versehentlich“:  „Denn wir kämpfen einen Krieg gegen Russland ….“

Krieg. Er hat mich eingeholt. Ist wieder so präsent wie in meiner Kinderzeit. Damals kam er von zwei Seiten. Der eine, der zweite Weltkrieg war in der DDR für mich immer und überall gegenwärtig,  als Mahner aus der Vergangenheit, der andere als Gefahr in der Zukunft wurde gehätschelt und gepäppelt vom Kalten Krieg der Gegenwart.

Wenn ich einmal einen Mann und Söhne hätte und es käme zum Krieg, dachte ich mir damals, verstecke ich sie. Ich hatte Fantasie. Ich malte es mir aus, sah es ganz deutlich, kann das Bild noch immer abrufen.
Allerdings weiß ich inzwischen, da ich tatsächlich Mann und Sohn habe,  dass ich niemanden, egal wie lieb ich ihn hab und wie sehr ich ihn beschützen möchte, verstecken kann, der sich nicht verstecken lassen möchte.

1941 wurde mein Opa eingezogen. Als ich etwa zwanzig Jahre alt war, begann ich ihn nach seinen Kriegserlebnissen zu befragen. Es war nicht viel, was mein Opa erzählte, aber das Wenige habe ich festgehalten:

„Im ersten Winter des Krieges mit der Sowjetunion lag ich als vorgeschobener Beobachter in einem Schützengraben auf der Mondscheinhöhe vor Kronstadt – verlaust und verdreckt. Unsere Unterkunft war ein niedriger kaum mannshoher Unterstand mit einigen harten Pritschen. Draußen war es am Abend bitterkalt (ca. -40 Grad Celsius), sternenklar und windstill. Drinnen im Unterstand brannten keine Kerzen, sondern nur einige aus Handgranaten gebastelte Ölfunzeln sowie ein aus einer achtundzwanzig Zentimeter Kartusche selbst gebauter Kanonenofen, aus dem es qualmte. Diesen Ofen konnten wir nur nachts benutzen, am Tage hätte uns der Rauch verraten. Ich war Unteroffizier und Truppführer – Offiziere ließen sich vorne im Graben nicht sehen.“

Irgendwie erinnert mich das an Robert Harbeck, der am 23. Februar letzten Jahres in der Sendung Maischberger „Die Woche“  äußerte: „Ich muss nicht da nicht kämpfen und ich werde auch nicht sterben in diesem Krieg …“
Nein, ein Herr Habeck muss da nicht kämpfen, auch eine Frau Baerbock nicht und vermutlich auch nicht der, im vorauseilenden Gehorsam agierende, Kriegskünstler Wieland Giebel.
Nein, um solche Kriege zu führen, hat man sein Volk, das geschickt wird, dem befohlen wird – mittels eines eben mal neugeschaffenen – nein, nicht Infektionsschutzgesetzes- , dieses Mal heißt es vielleicht eher eines Notwehrschutzgesetze.

Hat mein Opa in Erwägung gezogen, sich dem Krieg zu entziehen? Kannte er Carl Sandburgs Gedicht „The People, Yes“ von 1936, in dem es heißt: „Stellt euch vor, es ist Krieg und keiner geht hin?“
Mein Opa ist gegangen, wie fast alle gegangen sind.

Von der Mondscheinhöhe erzählte er noch, dass eines Morgens einer seiner Kameraden vergessen hatte, den Ofen auszumachen. Dadurch geriet der Beobachtungsposten unter Beschuss, ein Volltreffer war nur noch eine Frage der Zeit. Mein Opa nahm die Beine in die Hand und peste weg, so schnell er konnte. Kurz darauf gab es den Volltreffer.
Irgendwann im späteren Kriegsverlauf erwischte meinen Opa die Ruhr. Einmal drückte es ihm dermaßen im Darm, dass er den sicheren Unterstand Hals über Kopf verlassen musste, um sich zu erleichtern. Die Ruhr war seine Rettung. Denn während er kackte, traf es den Unterstand. Seine Kameraden darin waren alle tot.

Immer wieder drängte ich meinen Opa, mehr aus dieser Zeit zu erzählen. Mein Opa sagte, er sei ein Meister im Verdrängen. Ich habe keine Ahnung, ob oder wie ihn diese Erfahrungen seiner jungen Mannesjahre geplagt haben – hat er von den Leichenteilen, die in den Bäumen hingen (und die er mehrfach erwähnt hat) geträumt? Haben ihn die vielen Toten verfolgt? Zumindest die, die er selbst getroffen hat? Hat er welche getroffen?
Wie kann man damit leben? Kann man damit leben?
Opa wurde mehrfach verwundet. Zeit seines Lebens hatte er mit Granatsplittern zu tun, die in seinem Körper wanderten.
1945 wurde er wegen einer Hirnverletzung vorzeitig aus amerikanischer Gefangenschaft entlassen.

Ich habe eine Freundin, deren zwanzigjähriger Sohn panische Angst davor hat, dass der Krieg zu uns kommen könnte, dass er eingezogen werden wird. Ich kann diese Angst verstehen. Ich mache mir ebenfalls Sorgen. Mein Sohn ist vierundzwanzig. Was würde er im Falle eines Krieges tun?

„Aber was willst du machen, wenn es um dein Heimatland geht?“, fragte mich unlängst ein Freund. HEIMATLAND. Ein großes Wort.  Was ist dieses Heimatland (oder sollte ich besser fragen, wer ist dieses Heimatland?), in dem gerade so viel passiert, was nicht meinen Werten entspricht, ja mit ihnen kollidiert?

Seit meinen Kindertagen habe ich nie wieder wirklich gefürchtet, dass Wir – wir Deutschen – in einen Krieg verwickelt werden könnten.  Auch heute will ich es nicht fürchten. Was aber soll ich davon halten, wenn Marie-Agnes Straack-Zimmermann am 1. Februar in den Tagesthemen von „Personen“ spricht, “ die am langen Ende für uns in den Krieg, in eine Schlacht ziehen müssen, um unsere Freiheit zu verteidigen und das mit ihrem Leben …“
Wen bitteschön meint Strack-Zimmermann? Wer muss hier für wen und wessen Freiheit in die Schlacht ziehen?

Dieser Krieg schon mit Worten! „In die Schlacht ziehen“, das assoziiert bei mir sofort abschlachten. Erwin, den ich für mein Buch „Briefwechsel. Stimmungsbild einer viralen Krise“ interviewte, sagte: „Durch den Krieg hatte ich überhaupt keine Jugend. Als ich jung war, war ich schlachtreif. Da wurde man geopfert“.

Zeigt mir die Mütter, die ihre Kinder geboren haben, um sie in diesem großen Spiel des LANDHANDELS abschlachten zu lassen.!
Das Fernsehen, die Streaminganbieter und auch die Nachrichten sind voll von Filmen,Serien und Realitäten, in denen man sich genau anschauen kann, wie dieses Abschlachten aussieht . Es ist nicht fiktiv. Es ist absolut real.

Und wofür?

Meine Großeltern haben erleben müssen, wie ihr Land (mit ihrer Hilfe, aber mit Sicherheit nicht in ihrem Interesse) erst zerstört und anschließend verhandelt wurde.
Dem Land meiner Eltern, das mein Kindheitsland war, blieb die Zerstörung erspart. Allerdings ist das Gefühl, dass es irgendwie verhandelt wurde, bis heute präsent.

„Der erste, der ein Stück Land mit einem Zaun umgab und auf den Gedanken kam zu sagen, DIES GEHÖRT MIR …

Gabriele Gysi sprach kürzlich in einem Interview von der innerdeutschen Grenze, die mein Kindheitsland umgab, als einem „gesamtdeutschen Kunstwerk“, das  von mindestens sechs Armeen, bewacht worden war. Damals wie heute, sagte sie, war Deutschland ein Spielball internationaler geopolitischer Interessen.
Und wir die Spieler im großen Spiel des LANDHANDELS.

Ich frage mich: Was passiert, wenn wir alle einfach nicht mehr mitspielen?
Wenn wir ganz klar NEIN sagen!

Ich habe Lust es auszuprobieren.
Einfach weil die Früchten allen und die Erde niemandem gehört!
Und weil meine Kinder, genau wie die Kinder jeder anderen Mutter kein Schlachtvieh sind.

 

 

 

 

 

Wenn die Kraniche ziehen

Posted Schreibe einen KommentarVeröffentlicht in Briefwechsel

Shurawli

Liebe Nora,

war das eine schöne Überraschung dich am Samstag plötzlich im Kulturwohnzimmer von Maria Simon zu sehen. Und das Konzert – es war großartig. Tino Eisbrenner ist echt einer der weniger Künstler, die das machen, was Künstler in kritischen Zeiten tun sollte, den Finger in die Wunde legen. Da reist der mal eben nach Moskau, in die Höhle des Löwen, um bei einem Songcontest die Fahne für uns Deutsche hochzuhalten. Oder den Kopf hinzuhalten? Nach dem, was er in seinem Buch darüber schreibt, werden wir im Ausland ja schnell alle über einen Kamm gescherrt – Dank Annalena Baerbock, Agnes Strak-Zimmermann und all den anderen unserer „Volksvertreter“.
Wenn ich Tino höre bin ich immer ganz baff über seine Weisheit und die richtigen Worte, die er dafür findet. Na und singen kann er ja sowieso.

Hast du gesehen, am Wochenende spielt er schon wieder in der Uckermark, in Flieth auf dem Artemishof – ist das nicht sogar direkt um die Ecke von dir?

Ein bisschen beneide ich da ja, wenn ich sehe und höre, was bei euch so alles los ist. Dabei denkt man immer, in der Uckermark würden sich Fuchs und Hase ´Gute Nacht` sagen. Nee, ihr schlagt am Puls der Zeit. Schade, dass ich so wenig Zeit habe, sonst würde ich öfter vorbeikommen. Ulrike Guerót lockt mich sehr. Und euren Pfarrer wollte ich auch schon immer mal kennenlernen. Schreibst du mir noch, wann das Gespräch mit Ulrike Guerót wo genau stattfindet? Vielleicht schaffe ich es.

Ich habe noch mal recherchiert und den Film gefunden, von dem ich so geschwärmt hatte, dessen Titel mir aber nicht mehr eingefallen war: „Wenn die Kraniche ziehen“. Er ist aus dem Jahr 1957. In einem Satz gesagt, geht es um den unvereinbaren Gegensatz zwischen großer Liebe und großem Krieg. Du solltest in dir unbedingt anschauen. Und noch viel mehr all diejenigen, die gerade so laut nach Waffenlieferungen und Wehrpflicht brüllen.
Da wird mir Himmel, Angst und Bange. Juri wird in zwei Monaten 18. Sein Jahrgang wird einer der ersten sein, die das „Kriegshandwerk“ erlernen müssen. Eine Kriegsverweigerung, da bin ich sicher, wird es nicht geben. Wir sind mit Juri darüber im Gespräch, denken, der einzige Ausweg wird die Auswanderung sein. Kanada haben wir im Visier. Als Fußballer sollte er dort Fuß fassen können 😊. Für die erste Zeit haben wir in Kryptowährung investiert. Man muss vorbereitet sein.

Aber genug der Schwarzmalerei. Solltest du zum Eisbrennerkonzert gehen, grüß Tino von mir. Und lasst die Kraniche ziehen – für den Frieden!
Shurawli.

Bis ganz bald, Kathrin.

 

Sich selbst treu bleiben

Posted Schreibe einen KommentarVeröffentlicht in Briefwechsel

Ligurischer Widerstand

Montalto, 21. Mai 2024

Liebe Nora,

ich habe es gestern endlich geschafft in deinem Briefwechselblog zu stöbern und bin völlig geflashed vom Text des Inhabers des Café Kleinschmidt in Eberswalde. Was für ein couragierter Mann, was für ein couragiertes Team dahinter. Man hat nicht mitmachen müssen!!!

Man muss auch jetzt nicht mitmachen bei diesem ganzen Rechtsgelabber und Kriegsgetöse. Aber wer hat schon die Eier? Die wenigsten.
Umso wichtiger ist es, dass du von diesen schreibst. Vielleicht ermutigt das doch den einen oder anderen … für das nächste Mal …

Hier in Montalto gab es übrigens auch „Widerstand“. Davon hatte ich dir noch gar nicht erzählt, weil „Patrizia“ geschlossen hatte als du da warst. Die „Bar da Patrizia“ ist das hiesige Café und der Treffpunkt des Ortes. Mehr, das hast du ja gesehen, gibt es auch nicht, keinen Laden, keinen Markt, kein nichts – die Kirche mal ausgenommen. Wenn du das nächste Mal kommst, müssen wir dich unbedingt bei Patrizia „einführen“. Es wird dir gefallen, auch ohne Cremant😊
Patrizia, die Bar ist nach der charmanten Inhaberin benannt, musste sich natürlich jeden Tag testen lassen, um ihre Bar öffnen zu dürfen. In Montalto gab es kein Test“zentrum“. Folglich musste Patrizia jeden Morgen nach Tovagnoli fahren, um sich testen zu lassen. Irgendwann war ihr das zu doof und sie beschloss, die Bar einfach dicht zu machen bis der ganze Spuck vorbei ist. Du glaubst nicht, wie schnell sie eine Sondergenehmigung bekam – auf Betreiben des Bürgermeisters, der das soziale Leben in Montalto gefährdet sah und vor allem auch seinen abendlichen Absacker.
Und stell dir vor, es ging einfach.
Nicht mitmachen!
Sich selbst treu bleiben.
Das ist das Credo der Stunde.

Ich bleib mir auch treu und mache jetzt Pisolino 😊

Liebe Grüße aus unser aller Sehnsuchtsort Montalto,
Ulrike.

 

Lest hier den Text über das Café Kleinschmidt in Eberswalde, auf den sich Ulrike beruft.

 

Tiefe Wunden

Posted Schreibe einen KommentarVeröffentlicht in Briefwechsel

Was soll ich Thomas Rühmann fragen?

Pinnow, 19. Mai 2024

Einfach mal Thomas Rühmann fragen – Wie stellst du dir das vor liebe Kathi?

Ich habe versucht es durchzuspielen, grundsätzlich stimme ich dir voll zu, beide Sichtweisen zu hören, aber ich weiß wirklich nicht, wie das gehen soll. Was soll ich ihn fragen? Wie ehrlich wird er mir antworten?
Natürlich würde ich auch meinen Standpunkt äußern – und spätestens an der Stelle wird mir bei meiner Vorstellung ganz wackelig. Ich spüre es richtig in den Beinen. Und dann merke ich: Nee, damit will ich mich nicht konfrontieren. Hier muss ich mich schützen. Zu tief sitzen die Wunden, die mir zugefügt worden sind.  Ich glaube, ich überspiel das ganz gut, habe sicher auch verdrängt – so macht man das ja mit unliebsamen Erinnerungen – aber es ist so: Ich habe Ausgrenzung erfahren. Als Querdenkerin, als Maskenverweigerin, als Coronaleugnerin und was weiß ich nicht alles , Nazi, rechts …
Zwei Mal wurde ich knallhart unter der Gürtellinie attackiert, einmal im Beisein von Clara, da musste ich so um Halt kämpfen. Oder meine „Verhaftungen“ – mit Steckbriefbild, das weißt du alles gar nicht. Willst es wahrscheinlich gar nicht wissen.

Wir wurden verurteilt, angegriffen, an den Pranger gestellt – dafür, dass wir nicht einfach geglaubt haben, dafür, dass wir recherchiert haben, um uns eine eigene Meinung zu bilden, dafür, dass wir auf unseren inneren Kompass gehört haben. Inzwischen ist klar, dass das alles keine Verschwörungstheorien waren.

Papa hat mich mal gefragt, ob sich jemals jemand bei mir entschuldigt hätte. Nein, es hat sich niemand entschuldigt.

Am Donnerstag war ich wieder bei dem von mir hochgeschätzten Pfarrer Dietz. Er hatte den Mediziner Prof. Dr. Paul Cullen (Innere Medizin, Labormedizin) eingeladen. Dieser Professor, von dem ich vorher noch nichts gehört hatte, hat mich schwerst beeindruckt. Drei Stunden hat er über Spikeopathie, Impfschäden, Übersterblichkeit und einen unheimlichen Verdacht gesprochen. Das war harter Toback. Zwischendurch dachte ich: bitte aufhören, ich bin voll, übervoll.
Von Anfang an war klar, das bestätigte Prof. Cullen noch einmal und das steht auch in diesen geschwärzten RKI-Files (weißt du von denen?), dass Corona einer mittleren Grippewelle vergleichbar war.  2020 gab es, obwohl die virulenteste, die Wuhan-Variante grassierte, keine Übersterblichkeit und Krankenhausbetten wurden wegen mangelnder Auslastung abgebaut.
Und das war damals alles klar.
Deshalb bin ich auf die Straße gegangen.
Und wenn du mich fragst, wann ich mich wie darum kümmere, mir solche Informationen zu holen, kann ich nur sagen: in meiner Lebenszeit. Die ich gerne in Freiheit verbringen möchte, in geistiger und psychischer Freiheit. Das war es mir wert. Mit allem, was ich dafür in Kauf nehmen musste.

Zu 2G-Zeiten habe ich mich einmal ins Theater am Rand (zum „Das heiß begehrte Haus“ – große Klasse!)  geschlichen. Mit Tobias´ „Rückendeckung“. Allerdings saß ich die gesamte Vorstellung über wie auf heißen Kohlen. Es ist verrückt, aber ich scannte die Möglichkeiten, wohin ich mich im Falle einer Kontrolle flüchten könnte – in Frage kam nur die Brücke unter der Decke, an der die Belichtung befestigt war. Das war Nervenkitzel. Aber kein positiver.

Nein, ich muss Thomas Rühmann nicht befragen. Lies, was Tobias geschrieben hat – das denkt der sich nicht aus! Nein!

 

Wenzel ist gebongt, wenn du noch magst.
Und Mama schlage ich den 8. Juni – Solo Sunny & Me vor. Solo Sunny ist ein großartiger DEFA-Film, den Mama bestimmt kennt.

Jetzt genieße ich noch ein bisschen Pfingsten. Leider nicht auf dem See – mein Paddelboot hat ein Leck.

Liebste Grüße,  Nori.

 

Lest hier Kathis letzten Brief.

 

Man musste nicht mitmachen

Posted 1 KommentarVeröffentlicht in Briefwechsel

Klare Haltung

Pinnow,18. Mai 2024

Liebe Emma,

ich bin auf dem Sprung, will dir aber noch schnell den versprochenen Text von Christian aus dem Kleinschmidt in Eberswalde schicken.
Ich finde ihn großartig – den text und Christian.

Liebe Grüße,
Nora.

 

Aus der dritten Ausgabe des Kleinschmidt Kuriers ist dieser Text.

Himmel, was sind wir sowohl beschimpft als auch bejubelt worden, für unsere klare Haltung während der sogenannten Corona-Maßnahmen, die damals zunehmend zu einem wahnsinnigen, angstzerfressenen Stück aus dem Tollhaus mutierten, bar jeder Vernunft und ohne Überprüfung auf Sinn und Unsinn, wider jede demokratische Rechtsstaatlichkeit. Spätestens mit Einführung der 2G-Verordnung war ziviler Ungehorsam geboten. Wir haben 2G an keinem Tag umgesetzt und dies auch öffentlich erklärt, dass wir uns auch nicht durch geifernde Androhung egal welcher Repressalien dazu nötigen lassen werden Menschen zu diskriminieren, diesen im Hyperventilationsmodus erdachten Wahnsinn von Regierungen, die nicht nur jedes Maß sondern ganz offenbar auch völlig den Verstand verloren hatten (falls nicht, dann müsste man boshaften Vorsatz unterstellen) umzusetzen. Selbst die Landesregierung (bestehend aus SPD, CDU, Grüne unter Ministerpräsident Woidke) wusste davon.

Zum Zeitpunkt der Einführung dieser größten zivilisatorischen Entgleisung in der Bundesrepublik seit ihrer Gründung war längst wissenschaftlich evident, dass es vollkommen unerheblich für die Weiterverbreitung des Virus ist (egal für wie gefährlich man es zu diesem Zeitpunkt hielt) ob der Proband geimpft ist oder nicht. Folglich lag es im Ermessen eines jeden Einzelnen (idealer Weise unter ärztlicher Beratung) ob er sich einen unerprobten Impfstoff injizieren lässt, der keine klassische Zulassung hat und dessen Beschaffungsverträge für die von uns gewählten parlamentarischen Entscheider seitenweise geschwärzt wurden, noch dazu unter Nötigung zur schriftlichen Erklärung des Verzichts auf jegliche Regressansprüche gegen Hersteller, politische Entscheider und staatliche Institutionen im Falle von Komplikationen (die es, wie wir heute wissen, zuhauf gab). Ein politischer Totalausfall und eine Schande für eine plurale, demokratische Gesellschaft!

Missverstehen Sie mich bitte richtig:  Dies war und ist kein Plädoyer gegen die Impfung. Es war und ist lediglich ein umso entschiedeneres Eintreten gegen die Hetze gegen jene, die sie für sich ablehnten. 2G war der schockierende Versuch einer faschistoiden Ausgrenzung, angezettelt von einer irrlichternden, sich für rechtstaatliche Demokraten haltenden politischen Elite unter Mithilfe allzu vieler moralischer Narzissten mit therapiebedürftiger Angststörung. Ohne Aufarbeitung der Verfehlungen während der Jahre 2020, noch mehr aber 2021/22, wird gesellschaftliche Versöhnung nur sehr schwer gelingen.

Wir haben damals in diesen Monaten tausende zusprechenden Rückmeldungen erhalten von Menschen, die dieses himmelschreiende Unrecht genauso wenig ertrugen wie wir. Und es waren keineswegs nur Menschen die diese aggressive Ausgrenzung betraf, also „Ungeimpfte“, sondern zu unserer großen Freude in ganz großer Zahl auch Menschen, die es persönlich nicht betraf, die aber diese politische befeuerte Hexenjagd auch nur noch missbilligten. Das half uns sehr durchzuhalten. Danke einmal mehr dafür! Wir haben viele neue Gäste dadurch gewonnen und kaum welche verloren. Das lässt auf die zivilisatorische Kraft der Gesellschaft hoffen. Besonderer Respekt sei aber dennoch jenen (leider wenigen) gezollt, die es damals anders sahen, inzwischen aber erkannten, dass sie der allgemeinen Hysterie zum Opfer fielen & das heute einräumen können. Das zeugt von Charakter!

Es sei noch einmal wiederholt, was wir damals immer wieder hervorhoben: Im Kleinschmidt wird niemand ausgegrenzt: Nicht weil er schwarz ist, nicht weil er schwul ist, nicht weil behindert ist, nicht weil er welcher Religion auch immer angehört, nicht weil er Die Grünen oder die AfD wählt und auch nicht ob er geimpft ist oder nicht. Das Kleinschmidt ist ein Ort der Begegnung, der Lebensfreude in aller Unterschiedlichkeit, des Lachens, des respektvollen Streitens und der freien Rede!

Einzig wer selber meint andere diskriminieren zu können, weil sie anders sind, anders denken, andere Prioritäten setzen etc.  als er selbst und das für uns erkennbar ist, ist hier ausdrücklich und mit ganz besonderer Herzlichkeit nicht willkommen!

Wer in seiner zuweilen schon drolligen Selbstherrlichkeit, wie erst jüngst ausgerechnet Barnims Landrat, Daniel Kurth (SPD), bei einem öffentlichen Auftritt vor Presse und Lokalprominenz meint, Tiraden samt unverhohlenen Unwahrheiten über das Kleinschmidt abzusondern, beweist damit letztlich nur sein arg bestürzendes Demokratieverständnis und notabene nicht minder seine erdnahe intellektuelle Flughöhe. Wir halten es mit jenen wie auch der große Goethe einst mit der Eiche und dem Borstenvieh.

Es hat gutgetan, dass so viele von Euch dieses Unrechtsempfinden damals wie heute teilten, uns das auch wissen ließen und uns so sehr halfen diesem Wahnsinn zu trotzen. Aus tiefstem Herzen: DANKE!

 

Das Kleinschmidt & die Kritik an den Corona-Maßnahmen

 

Es gibt einen Grundsatz für gastronomische Häuser aller Art, der ganz prinzipiell richtig ist und Gültigkeit hat und auch immer haben wird: Keine politischen Stellungnahmen des Hauses, egal in welche Richtung, egal zu welchem Thema und schon gar nicht parteipolitischen Anstrichs. Das gilt auch für das Kleinschmidt. Denn auch wenn in einer aufgeklärten, pluralistischen, demokratischen und meinungsoffenen Gesellschaft die meisten Menschen eine andere Meinung, Haltung, Sicht und Überzeugung gut aushalten, ist dennoch klar: so zerfasert und vielfältig wie beispielsweise Wahlergebnisse ausfallen, so unterschiedlich auch die persönlichen Ansichten der Gäste. Warum sollte es auch anders sein? Es mag vielleicht noch im tiefsten Bayern ein paar urige Wirtshäuser in kleinen Orten geben, wo zuweilen tatsächlich 100% der Anwesenden überzeugte CSU-Wähler sind, aber in aller Regel dürfte eine Umfrage in einem Lokal ein ähnlich diverses Bild ergeben, wie bei Wahlen eben auch. Meinungsunterschiede sind eben der Normalfall. In einer Demokratie stellt das auch kein Problem dar und deshalb braucht auch niemand eine öffentliche Bekundung für oder gegen irgendetwas seitens eines Lokals, wo man einfach nur ab und zu eine gute Zeit verbringen möchte.

Aber es gibt Situationen, da sollte man seine Position deutlich machen. Nein man sollte nicht nur, man muß!

Wir, das Kleinschmidt, Inhaber und Team, haben uns über das Jahr 2021 einige Male in die öffentliche Debatte eingeschaltet und unsere exponierte Situation genutzt, um mit deutlichem Protest und entschiedenem Widerspruch, bis hin zu Maßnahmen des zivilen Ungehorsams, den massiven Übergriffigkeiten seitens der Bundes- und Landesregierungen etwas entgegenzusetzen. Es gab eine große Zeitungsanzeige, Plakatprotest in unseren Schaufenstern während der fast achtmonatigen Zwangsschließung im Lockdown und ausführliche Artikel auf unserer Facebook-Seite. Letztlich gab es sogar Medienberichterstattung über unsere öffentliche Weigerung infektiologisch unbegründete, menschenverachtende Verordnungen umzusetzen und über unser Hausverbot gegen die politisch Verantwortlichen.

Worum ging es oder worum geht es? Jetzt, im November 2021, wo dieser Text entstanden ist, ist die Situation ja leider noch nicht überstanden. Es läßt sich im Kern mit einem einzigen Satz zusammenfassen: Um das konsequente nicht dulden von Diskriminierung, rechtsbeugender Schikane, öffentlicher Verächtlichmachung, unbegründeter Außerkraftsetzung von Grundrechten und Hetze, ganz gleich gegen wen.

Das Kleinschmidt-Team hat sich und wird sich niemals zum Impfen wogegen auch immer äußern. Weder dafür, noch dagegen. Das steht uns nicht zu und auch wenn es eigentlich niemanden etwas angeht, sei an dieser Stelle erwähnt: in unserem Team gibt es sowohl als auch, Menschen mit und ohne Impfung. Das muss jeder Bürger nach Abwägung aller Für und Wider für sich entscheiden. Genau das ist der Punkt. Jeder Mensch. Mündig. Eigenverantwortlich. Für sich.

Und nicht von Regierungsverantwortlichen, die über fast zwei Jahre in irrlichternder Wurstigkeit ein Füllhorn an Maßnahmen und Verordnungen erlassen, die allzu häufig in ihrer Untauglichkeit, Widersprüchlichkeit und krachender Unlogik von jedem durchschnittsbegabten Grundschüler zu durchschauen waren und sind und dabei bestürzend blind fortwährend Grundrechte beiseiteschiebend, als handele es sich um gnadenhalber verteilte Freiheitsoptionen nach Gutdünken.

„Wo Recht zu Unrecht wird, ist Widerstand geboten.“ Dieser kluge Satz stammt von Bertold Brecht. Daran halten wir uns. Das Kleinschmidt lässt sich von keiner demokratischen, rechtsstaatlichen Regierung zwingen, Unrecht und Diskriminierung gegen Bürger anzuwenden.

Wir verweigern niemandem den Zutritt, weil er sich mit seiner Hautfarbe, seiner Religion, seiner sexuellen Orientierung oder seinem Impfstatus in der Minderheit befindet.

Nur wer das nicht akzeptieren kann und laut und für alle hörbar gegen egal welche Minderheit hetzt und sie ausgrenzen und verächtlich machen will, hat im Kleinschmidt nichts zu suchen.

Dass wirklich tausende Menschen dieser Stadt, Gäste und auch fremde Personen, die zuvor nie im Kleinschmidt gewesen sind, uns so herzlich mit Zuspruch überhäuften, uns anriefen, freundliche Mails geschrieben haben oder freundliche Kommentare im Internet hinterließen, uns auf offener Straße ansprachen, wenn sie einen von uns erkannten oder bei einem Besuch im Kleinschmidt bekundeten, dass sie diese Haltung teilen, hat uns unbeschreiblich gefreut und bedeutet uns viel. Damit haben wir in diesem überwältigenden Ausmaß niemals gerechnet. Danke dafür! Es geht nicht um impfen oder nicht impfen, sondern darum wie wir miteinander umgehen. Streiten ist wichtig, manchmal sogar nötig, respektvoll und mit Argumenten, aber niemals hetzen, geifern und ausgrenzen!

 

Was haben wir unseren Kindern angetan?

Posted Schreibe einen KommentarVeröffentlicht in Briefwechsel

Du kannst mich ruhig Mitläufer nennen

Pinnow, 16. Mai 2024

Liebe Emma,

nun bekommst du gleich noch einen Nachschlag.
Auf der Rückfahrt gestern hatte ich nämlich ein spannendes Gespräch mit Hannes. Er wollte wissen, was ich im Kleinschmidt „gearbeitet“ hatte und da erzählte ich ihm von meinem Brief an dich und meinem Hadern mit Suse und ihrer Maskenintoleranz. Ich sage dir, Kinder sind so schlau. Da saß doch der Hannes da auf dem Beifahrersitz und erklärte mir, wie toll es doch sei, dass ich überhaupt mit Suse (die übrigens seine Patentante ist) über Corona und den daran hängendem  langen Rattenschwanz  reden könne, schließlich hätten wir das so lange nicht gekonnt. Außerdem sagte er – du hättest ihn dabei sehen müssen, mit dieser Weisheit, die da aus seinem Gesicht strahlte – bewege sich Suse doch, dächte inzwischen zum Beispiel anders über das Impfen. Dann nahm er sie noch in Schutz, weil er verstehen konnte, dass sie sich nicht habe früher auseinandersetzen wollen, schließlich sei ihr Leben nicht einfach, drei Kinder, eins davon nicht ganz unkompliziert, der Mann viel unterwegs und dann plötzlich sein Herzinfarkt.
Ich bin immer wieder begeistert. Meine Kinder sind meine größten Lehrer.

Den Herzinfarkt bekam er übrigens fünf Monate nach der Impfung. Tja, man weiß es nicht – hätte er ihn auch so bekommen? Irgendwo habe ich mal gehört, dass sowohl Corona als auch die Impfung Krankheiten, die irgendwo tief in dir schlummern und bei entsprechendem Lebenswandel darauf aufgelegt sind, irgendwann (in zehn, zwanzig Jahren) auszubrechen, aktivieren … Keine Ahnung.

Aber zurück zu meinem Gespräch mit Hannes. Er war ja ein eifriger Maskenträger. Selbst als die Maskenpflicht aufgehoben war, trug er sie noch – so lange, bis das Gros der Menschen um ihn herum sie ablegte. Jens machte es vor. Ich fragte Hannes, ob, wenn denn mal wieder eine Maskenpflicht käme, er eine Maske tragen würde. Er sagte: „Ja“. Und dann sagte er noch: „Du kannst mich ruhig Mitläufer nennen. Aber weißt du, wie schwer das in der Schule ist, wenn man der Einzige ist, der nicht mitmacht?“ Er erinnerte sich an ein Gespräch, das er aufgeschnappt hatte, als er, damals noch Grundschüler zur Hospitation in der Oberstufe war – ein Schüler ließ sich ziemlich abfällig über die Querdenker aus. Und Hannes dachte: Meine Mutter ist eine Querdenkerin.
Halleluja. Was haben wir (wir???) unseren Kindern nur angetan.
Hannes sagte, er will dazugehören. Ich kann das verstehen, total.

Aber ich, das sagte ich ihm, könne mich nicht um anderer Leute Willen verbiegen. Gegen mich selbst.

Weißt du, was Hannes darauf sagte?
„Mama, ich habe dich lieb.“

Emma, das lag mir auf der Seele, das wollte ich dir schreiben.
Jetzt schreibe ich aber etwas für meine Seele – mein Kinderbuch ruft.  Nach Fantasie und Leichtigkeit.

Ich drück dich,
Nora.

 

Lest hier Noras vorangegangenen Brief.

Ende der Maskerade

Posted 1 KommentarVeröffentlicht in Briefwechsel

Es bleibt schwer

Pinnow, 15. Mai 2024

Hey liebe Emma,

so schnell lasse ich mir kein schlechtes Gewissen machen. Naja, ein kleines bisschen schon.
Du hast jedenfalls richtig vermutet, mein Leben ist aufregend und schnell, gerade galoppiert es. Aber es ist ein schönes Galoppieren. Eine Idee jagt die nächste, ich begegne ständig tollen Menschen und die Kinder sind großartig (mit mir – wir mit uns).

Leider kann ich nicht alles gleichzeitig machen. Gerade schreibe ich an fünf Projekten. Sophie fragte mich erst gestern, wie das ginge. Es geht nicht. Irgendetwas fällt immer hinten runter. Nebenbei muss ich auch noch Geld verdienen. Also strukturiere ich mich – jeden Tag neu und bin morgens selbst gespannt, wo denn heute der Fokus liegen wird.

Am vergangenen Wochenende lag er ganz eindeutig auf Erholung. Drei Tage lang erpaddelte oder „ertrieb“ ich mir mit meinem neuen Paddelboot meinen Haussee. Nur ich, der Schwan, zwei Haubentaucher und irgendwo hinter den Uferbirken auf der Wiese das Tröterötö der Kraniche. Und Libellen, blaue, grüne, rote – auf gelb knospenden Seerosen. Das war Auftanken. Und eigentlich könnte ich jederzeit wieder aufs Wasser.  Eigentlich und könnte – du kennst das …

Was macht dein morgendliches Lagerfeuer? Holst du dir da die Inspiration für deine grandiosen Einfälle.
Emma, ich bewundere dich – auf welche Ideen du kommst, da schreibst du dem Vorstand einfach, dass du einen Abschied brauchst mit Gespräch und Geschenk. Das finde ich unglaublich! Toll. Ich liebe es, Dinge zu machen, die niemand erwartet, mit denen niemand rechnet. Und wenn sie dann noch um der „Völkerverständigung“ Willen geschehen …
Ich bin sehr, sehr gespannt, welche Reaktionen das auslöst. Ja bitte, halte mich unbedingt auf dem Laufenden.

Großartig fand ich auch, was du im vorletzten Brief geschrieben hast – spontan bei deiner Nachbarin zu klingeln und zu fragen, wie es ihr ergangen ist und das Bedürfnis zu äußern von dir zu erzählen. Genau darum geht es. Ich bekomme gleich wieder eine Gänsehaut. Was für eine schöne Erfahrung.

Aber es bleibt schwer. Verdammt schwer.
Vor allem offen zu bleiben, wenn man Sachen hört, die man nicht hören will, die man nicht verstehen kann. Neulich zum Beispiel hatte ich eine lange Autofahrt mit meiner Freundin Suse, wir haben die Zeit genutzt und das ganze Thema endlich einmal begonnen aufzurollen. Ausgangspunkt war ein gemeinsamer Konzertbesuch zu dem uns meine Freundin Kristina begleitete. Ich kannte die Künstler und auch viele Gäste und Kristina fragte mehr als einmal: Ticken die wie wir?
Suse tickt nicht wie wir – und, das sagte sie mir später auf der Heimfahrt, fühlte sich durch Kristinas Fragen ausgegrenzt. Ich fand gut, dass sie mir das erzählte. So kamen wir erstmals ins Gespräch – Corona hatten wir immer ausgeklammert. Das heißt, ganz zum Anfang wollte sie noch mit Nachrichten von mir versorgt werden, ziemlich schnell aber waren ihr diese zu viel, sie hatte genug mit sich, ihrer Familie und ihrem Job zu tun.
Inzwischen, sagt sie, denke sie über vieles anders, insbesondere über die Impfung. Allerdings, das kam dann mehrfach als Argument, hatte man das nicht absehen, nicht vorausahnen können, schließlich sei der Wissenstand damals ein anderer gewesen, inzwischen jedoch hätte man mehr und andere Informationen.
Ehrlich, ich kann es nicht mehr hören. Und will es nicht gelten lassen. Was hat es mich an Nerven gekostet, mich durch das Internet zu lesen, mir Informationen zu holen, mich auszutauschen … Wenn ich dann höre, wir hätten vieles noch nicht gewusst. Da gilt es tief durchzuatmen.
Und natürlich höre ich es mir weiter an. Atme. Toleriere. Ängste. Vor was weiß ich nicht allem. Ganz groß, denke ich, dürfte heute die Angst vor dem Absturz eines Weltbildes sein, vor falschem Vertrauen …

Jedenfalls erinnerte ich Suse daran, dass sie mich im April/ Mai 2020 noch gebeten hatte, sie mit „meinen“ Nachrichten zu versorgen und auch daran, dass sie mich dann bat, sie nicht mehr zu versorgen. Weil es ihr zu viel war und man ja nicht alles lesen könne. Ihr Leben ohne das ganze Coronagebläse war ihr anstrengend genug. Total verständlich. Ich kenne das. Aber wird es besser, wenn man wegschaut?
Gut, wir waren im Gespräch – endlich!
Ein zweites Mal tief atmen musste ich allerdings, als sie darauf beharrte, wie falsch sie es noch heute fände, dass ich keine Maske getragen habe. Also erklärte ich ihr meine Gründe. Für dich nur kurz: 1. Das untrügliche Gefühl, einen Maulkorb aufgesetzt zu bekommen.
2. Gesundheitliche Beschwerden – vordergründig Schwindel. Und 3. Ein intuitives Gespür dafür, dass es nicht gesund sein kann, seine eigene Ausatemluft wieder einzuatmen – was in etlichen Studien nachzulesen war und ist (eingedenk der Fragwürdigkeit der Masken).

Und dann kam es: „Ja, aber …“ Ich konnte sagen, was ich wollte. Suse verstand nicht oder wollte sie nicht verstehen?, weshalb ich nicht zehn Minuten eine Maske aufsetzen könnte, um während meines Supermarkteinkaufs acht Menschen zu schützen (keine Ahnung, wie sie auf die acht kam) – an der Stelle kommt dann noch Grund 4) ich sah und sehe bis heute nicht, dass ich durch das Tragen einer Maske irgendwen vor irgendetwas geschützt hätte.
Ich redete wie gegen Windmühlen.
Suses Ohren waren zu. Oder ihr Kopf?
Was ist das Emma?

Schließlich wechselten wir das Thema. Wir drehten uns im Kreis.
Ich merke, wie ich gleich wieder verspanne.
Dabei geht es mir gerade so gut.
Ich sitze hier in Eberswalde (Hannes ist hier im Schwimmverein und hat Training) im Hofgarten des Café Kleinschmidts. Gleich bin ich mit dem Inhaber Christian Günther, der in der Coronazeit zum Freund geworden ist, verabredet. Christian hat, stell dir das mal vor, während der ganzen drei Corona-Jahre einfach weitergemacht, ohne sich an irgendeine G-Regel zu halten, ganz offiziell – weil er niemanden diskriminieren oder ausgrenzen mochte.
In seinem Kleinschmidtkurier – die beste Speisekarte der Welt, weil immer aktuell und mit inspirierenden Texten (von Christian selbst geschrieben) gespickt – hat er erst unlängst Rückschau gehalten. Ich werde ihn mal bitten, mir den Text zuzuschicken und leite ihn dann an dich weiter.

So da kommt er. Pünktlich auf die Minute.
Emma, ich hoffe, meine Ausführlichkeit entschädigt dich für das lange Warten,

liebste Grüße,
Nora.

 

Lest hier, was Emma zuletzt schrieb.

 

 

„Danke“ sagen und „Danke“ hören

Posted 1 KommentarVeröffentlicht in Briefwechsel

Erwachsener Abschied

Löcknitz, 14. Mai 2024

Mensch Nora, du scheinst ja ein aufregendes Leben zu haben. Ich warte hier und warte und du schreibst und schreibst nicht.
Also schreibe ich wieder. Ohne dir damit ein schlechtes Gewissen machen zu wollen. Du darfst dich vielmehr gebauchpinselt fühlen – es tut mir gut, mit dir im Austausch zu sein, selbst wenn dieser wie eben heute mehr ein „Ich darf es mir von der Seele schreiben“ ist.

Nora, ich bin in meiner Aufarbeitung wieder ein Stückchen vorangekommen. Nachdem ich bei dieser Therapeutin war – vielen Dank für die Empfehlung – habe ich an den Vorstand unseres Kindergartenvereins (bei dem ich bis 2021 gearbeitet habe) geschrieben und glaube, das ist mir richtig gelungen. Es ging auch ganz leicht. Wie du so ist, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist. Jedenfalls habe ich geschrieben, dass ich jetzt an dem Punkt meiner persönlichen Nacharbeitung der zurückliegenden so ungemein turbulenten Zeiten angekommen bin, an dem ich mir einen erwachsenen und würdigen Abschied nehmen möchte. Dafür, schrieb ich, bräuchte ich noch ein Gespräch, in dem ich „Danke“ sagen und „Danke“ hören kann und gerne so verabschiedet werden möchte, wie es früher üblich war – mit Blumen und Geschenk, einfach weil ich mich mit dem Verein noch immer verbunden fühle und etwas Rituelles brauche, um abschließen zu können.
Nachdem ich den Brief vorhin abgeschickt habe, geht es mir gut, es fühlt sich erwachsen an und ich freue mich darauf, dieses Kapitel so beenden zu können.
Eine ähnliche Mail habe ich dann gleich noch an meine langjährige Kollegin geschrieben, die richtig böse zu mir gewesen ist. Nun bin ich neugierig, was passiert.
Ich halte dich auf dem Laufenden.

Liebe Grüße,
Emma.

 

Lest hier, was Emma zuletzt an Nora schrieb.

Es gibt immer auch die andere Seite

Posted 1 KommentarVeröffentlicht in Briefwechsel

Was sagt Rühmann?

Berlin, 10. Mai 2024

Liebe Nori,

das, was du von Wenzel schreibst, ist ja krass. Ich habe seinen Brief zwar noch nicht gelesen – bei mir ist Land unter, weil noch so viel für Friedos Jugendweihe vorzubereiten ist (war das bei uns auch so?) – aber Papa hatte mir neulich schon von einer Professorin erzählt, der einfach gekündigt worden ist, unter fadenscheinigem Vorwand, weil sie Positionen bezieht, die nicht wohlgelitten sind. Echt krass. Ich denke, das ist Zensur. Erschreckend. Und eigentlich müsste man sich damit beschäftigen. Aber wann? Wie machst du das?
Allerdings, das muss ich dich ehrlich fragen, schaust und hörst du dir auch alle Seiten an? Damit bin ich beim Theater am Rand: Du schreibst nur, was Tobias Morgenstern dazu sagt und, was du von deinen Künstlerfreunden gehört hast, das klingt auch alles total einleuchtend, ABER es ist nur die eine Seite. Das ist genau wie bei Jens und dir, du erzählst mir deine Sicht und Jens würde, wenn er denn erzählen würde, vermutlich was anderes erzählen. Jeder aus seiner Perspektive.
Von daher wäre es doch eigentlich richtig gut, wenn du Thomas Rühmann mal fragen würdest, was er zu der ganzen Angelegenheit sagt? Das kannst du doch, immerhin bist du Journalistin. Womöglich hat das aber auch schon ein Kollege von dir getan. Wenn du dazu etwas findest, schicke es mir gerne zu, dafür nehme ich mir dann die Zeit.  Spätestens nach der Jugendweihe 🙂
Ich weiß immer noch nicht was ich anziehen soll. Dein italienisches Kleid wäre perfekt, mhm. Es wird sich schon was finden. Zwei Wochen habe ich ja noch.
Aber jetzt noch mal zurück zu Mamas Geburtstag – ich denke, Wenzel ist nicht so ihr Ding. Wenngleich ich die Idee, jetzt erst Recht zu seinen Konzerten zu gehen, gut finde. Wann schreibst du, ist das Konzert in Friedrichshagen? Am 28. Juni – da ist die Jugendweihe durch – was hältst du davon, wenn wir beide dahingehen, so ein Schwesternding wäre ja auch mal wieder schön. Und Mama  würde ich weiterhin gerne ins Theater am Rand einladen. Schaust du mal nach einem Stück ohne Rühmann?

Ich drück dich.
Deine Kathi.

 

Lest hier Noras letzten Brief an Katharina.

Eine Zensur findet nicht statt

Posted 1 KommentarVeröffentlicht in Briefwechsel

Freundliches Auftrittsverbot für Wenzel

Pinnow, 7. Mai 2024

Liebe Kathi,

bevor du antwortest, melde ich mich schnell noch einmal.
Ich habe nämlich fast eine (Alternativ)Veranstaltung gefunden. Leider ist sie schon vorbei. Am 1. Mai spielte Wenzel im Theater am Rand. Wenn ich das gewusst hätte. Verpasst!
Kennst du Wenzel? Ein toller Musiker und Freund von Tobias Morgenstern. Unlängst sah ich im RBB eine richtig gute Doku über ihn – der Titel lautete: „Glaubt nicht, was ich singe“. In der Ankündigung wurde er als „Querkopf aus Leidenschaft“ beschrieben. Querkopf, kein Querdenker. Wo ist der Unterschied? Wer macht den?
Kathi, ich bin so angefressen. Ich lese gerade in der „Jungen Welt“ vom Samstag. Darin ist ein Offener Brief von Wenzel an das Werk 2 in Leipzig abgedruckt. Dort war Wenzel im Januar aufgetreten und hat offenbar Dinge angesprochen, Dinge klar benannt, die seiner Meinung nach politisch und gesellschaftlich gerade falsch laufen. Daraufhin hat ihm der Veranstalter in einem Brief nun mitgeteilt, dass Wenzel künftig nicht mehr im Werk 2 spielen dürfe. Weißt du, was das bedeutet?
Auftrittsverbot!!!
Just am Freitag war ich zu einer Ausstellung, die da hieß: Eine Zensur findet nicht statt. (Falls sie dich interessiert, sie läuft noch heute und morgen, jeweils von 16- 20 Uhr im Kunstraum Reuter in der Reuterstraße 82 in Neukölln. Und im Katalog ist ein kleiner Auszug aus meinem Briefwechselblog hier 🙂 )
Doch! Findet sie!
Lies mal Wenzels Offenen Brief! Ich finde, er hat großartig reagiert.
Vielleicht hast du nach der Lektüre ebenfalls Lust umzuschwenken, und Mama mit mir nach Friedrichshagen ins Freiluftkino einzuladen – am 28. Juni spielt Wenzel dort.
Gib mal bitte Bescheid, dann kümmere ich mich um Karten.

Liebste Grüße,
Nori.

 

 

Ergänzung zu Noras Brief vom 3. Mai 2024.

 

„Paradebeispiel“ für die Spaltung unserer Gesellschaft

Posted Schreibe einen KommentarVeröffentlicht in Briefwechsel

Das Theater am Rand – eine Freundschaft, die nicht mehr ist

Pinnow, 3. Mai 2024

Liebe Kathi,

deine Frage rumort in mir.
Tatsächlich frage ich mich selbst schon geraume Zeit, ob ich nochmal ins Theater am Rand gehen möchte. Mein Lieblingstheater – bis neulich.
Eigentlich hatte ich beschlossen, dass ich nicht mehr gehe.
Nun, da du fragst und es damit konkret wird, ringe ich mit mir.
Das Theater ist so ein schöner Ort. Geworden – durch die Vision zweier Freunde. Ich weiß gar nicht, ob du um die Entstehung weißt. Und noch weniger, ob du um die Entzweiung weißt. Wodurch – natürlich durch Corona.
Das Theater ist ein Paradebeispiel (vermutlich ist das Wort an dieser Stelle eher unpassend) für die Spaltung unserer Gesellschaft. Da war eine Freundschaft, die nicht mehr ist – wegen Corona, wegen unterschiedlicher Ansichten zum Umgang mit Corona.
Scheiße!
Im „Briefwechsel“ vom Mai 2020 steht noch geschrieben, wie toll die beiden reagiert haben, versuchen wollten, sich dem ganzen Problem literarisch zu nähern. Der Versuch ist gescheitert. Sie haben sich getrennt. Machten jeder Seins, keine gemeinsamen Auftritte, keine gemeinsamen Veranstaltungen mehr, und gingen sich auch so aus dem Weg.
Ich habe Tobias in dieser Zeit kennengelernt und ihn bewundert, wie wertschätzend er blieb, wenn es um Thomas Rühmann und das Auseinanderbrechen ging. Kein böses Wort, Sachlichkeit und eine Spur Traurigkeit. Das Gespräch, der Austausch, sagte Tobias einmal, fehlten ihm.
Wie tief der Riss war, erfuhr ich erst aus der Presse – „Tobias Morgenstern verlässt das Theater am Rand“. Seine Kollegin Philine Conrad, die ich mehrfach in der von Tobias initiierten  Gesprächsreihe „Freies Wort – Freie Musik“ erlebt habe, schrieb in der Berliner Zeitung einen wirklich schönen offenen Abschiedsbrief. Diesem entnahm ich, dass es zwischen den beiden also zwischen Tobias und Thomas Rühmann, manchmal hitzig und feurig wurde, dabei aber immer respektvoll blieb.
Inzwischen wage ich das zu bezweifeln, habe anderes gehört. Auch was Tobias auf seiner Homepage schreibt, lässt mich aufhorchen – da spricht er mal Klartext! Für mich klingt es nach einem Dolchstoß von hinterrücks durch die Brust. Alles nicht schön und rechtlich offenbar zweifelhaft. Das hat mich echt erschreckt.
Ich lese es immer wieder und es haut mich jedes Mal um.

Was mache ich nun?
Zum Theater gehören ja auch noch andere Menschen und auch die Randwirtschaft, in der ich sehr gern zu Gast bin.

Ich habe noch einmal eine Nacht drüber geschlafen und mich entschieden: Ich würde Mama gerne mit dir zusammen einen Ausflug mit uns beiden ins Theater am Rand schenken – allerdings habe ich keine Lust auf Thomas Rühmann. Wenn ich also dabei sein soll, was ich gerne möchte, müssten wir ein anderes Stück aussuchen.
Wäre das für dich in Ordnung?

Liebe Grüße,
Nori.

 

Lest hier, was Katharina zuvor an Nora schrieb.

Mama und ihre Töchter

Posted Schreibe einen KommentarVeröffentlicht in Briefwechsel

Ein Ausflug – vielleicht

Berlin, 30. April 2024

Liebe Nori,

jetzt weiß ich, was ich all die Jahre verpasst habe. Seit Sonntag kann ich deine Begeisterung für das Theater am Rand endlich nachvollziehen. Caro hatte mich ganz kurzfristig eingeladen und ich bin noch völlig geflashed. Was für ein Ort, was für ein Ambiente, was für eine Kunst – großartig!!! Und alles eingebettet in diese unglaublich schöne Landschaft. Ich bin total verzaubert.
Nun habe ich die Idee, falls du noch nicht weißt, was du Mama zum Geburtstag schenken willst (ich hoffe sehr, dass du es noch nicht weißt!), dass wir sie zusammen ins Theater am Rand einladen könnten. Mama und ihre Töchter – ein Ausflug. Was hältst du davon?
Ich habe auch schon mal geschaut, welches Stück terminlich passen würde – das wäre „Die Glut. Ein literarischer Säbeltanz nach dem Roman von Sándor Márai“ entweder am 15. oder 16. Juni oder das Wochenende darauf. Was sagste, biste dabei?
Bestimmt doch!!!

Ich drück dich Schwesterherz,
Kathi.

Lest hier Kathis letzten Brief an Nora.

Es geht nicht um Schuld und Entschuldigung …

Posted Schreibe einen KommentarVeröffentlicht in Briefwechsel

… ich will wissen, wie es dir geht!

Löcknitz, 26. April 2024

Liebe Nora,

manchmal glaube ich, ich werde gesteuert. Ich weiß zwar nicht von wem, aber nicht von mir. Von meinem Unterbewußtsein? Meinem höherem Selbst? Von Gott? – Oh Gott!!!
Auf alle Fälle bin ich – dank dieser Steuerung –  seit gestern einen Schritt weiter in meiner Coronaufarbeitung.
Ich habe eine Frau im Nachbardorf besucht, bei der es mich immer sehr geschmerzt hat, dass wir uns über Corona getrennt haben. Nachdem ich gestern in Prenzlau zu tun hatte und eigentlich schnurstracks nach Hause wollte, fuhr mich mein Auto ungefragt ins Nachbardorf. Also wirklich, mein Auto fuhr mich zu ihr. Und dann stand ich in ihrer Küche und sagte: Ich weiß, du willst nicht aufarbeiten und ich brauche das in dem Sinne auch nicht, mir geht es nicht um Schuld und Entschuldigung, aber ich will von dir wissen, ich will wissen, wie es dir ging, wie du mich wahrgenommen hast, was zwischen uns passiert ist und ich will, dass du von mir weißt, wie es mir ging und geht…
Und weißt du, was sie geantwortet hat?
Sie fragte: Wollen wir gleich?
Und ob ich wollte. Nora, es war total schön. Wir haben zusammen geweint. Das war sehr bewegend.
Jedenfalls erzählte sie mir, dass sie wahrnähme, dass die Regierung gerade dabei sei, Sachen zuzugeben. Also zuzugeben, dass Dinge falsch gelaufen sind. Ich habe das Gefühl, es  brauchte erst dieses offizielle Eingeständnis, damit sie ihren Blick nun auf Sachen richten kann, die für sie vorher überhaupt nicht in ihrem Sichtfeld lagen.
Nun sieht sie diese Sprachlosigkeit, und zwar ganz deutlich, sieht, dass unser Auseinanderdriften auf Vermutungen gefußt hat, dass wir uns mit unseren Vermutungen gegenseitig zu Deppen gemacht haben und nur aufgrund dieser Vermutungen nicht mehr miteinander konnten und wollten. Das fand ich sehr interessant.
Langsam dringt auch das Thema Impfung in ihr Bewusstsein und die damit einhergehende Ausgrenzung von uns Ungeimpften – sie sagt, sie habe das damals überhaupt nicht wahrgenommen, weil sie so mit sich beschäftigt war.
Mit einem Mal kann sie dieses Leid sehen, das wir durch diese Ausgrenzung erlebt haben, die sie nicht erlebt hat. Dafür hat sie andere Dinge erlebt, zum Beispiel die Einsamkeit während des Lockdowns.
Ich bekomme noch immer eine Gänsehaut, wenn ich uns da stehen sehe in ihrer Küche. Es tat so gut. Tut es noch immer. Ich bin so froh, meinem Auto (oder wem auch immer) gefolgt zu sein und bin gespannt, was weiter passiert.
Das Leben ist schön, finde ich.

Emma.

 

 

 

Reicht aufschreiben?

Posted Schreibe einen KommentarVeröffentlicht in Briefwechsel

Wie umgehen mit dieser Zeit?

Pinnow, 24. April 2024

Liebe Camilla,

ich kann mich tatsächlich noch daran erinnern, wie begierig ich diesen deinen Text im Magazin von 1-19 verschlungen habe. Deine Fragen waren auch meine Fragen.
Was sagst du heute, drei Jahre später? Hast du Antworten? Wie erlebst du den Umgang mit der CoronaZeit, die ja gerade erst vorbei ist – ist sie vorbei? – in der die Welt plötzlich Kopf stand?
Mich schaudert es, wenn ich von all den Ungeheuerlichkeiten lese, die du aufzählst, die aber tatsächlich genauso passiert sind. Von denen so viele Menschen aber nichts mitbekommen haben. Nichts mitbekommen wollten?
Mein Papa fragte mich gestern völlig perplex, was du mit Waffengewalt meinst – Pfefferspray? Nein!!! Richtige Waffen. Ich habe es noch ganz deutlich im Ohr, wie Paul Brandenburg in seinem Podcast davon erzählte, wie das SEK seine Wohnung gestürmt hat, mit entsicherten (waren es?) Pistolen …  Jedenfalls keine Spraydosen!
Was machen liebe Camilla?
Reicht aufschreiben?

Liebe Grüße,
Nora.

Lest hier, was Camilla an Nora schrieb!

Weichgespülte Erinnerung

Posted Veröffentlicht in Briefwechsel

Meine Erinnerung ist wie ein Paket

Löcknitz, 23. April 2024

Liebe Nora,

ich gedulde mich.
Muss dir aber unbedingt schon heute schreiben, weil mich dein Text aus der CoronaZeit echt bewegt. Es ist total gut, dass du das alles so genau aufgeschrieben hast. Ich habe Vieles gar nicht mehr im Detail parat, ganz im Gegenteil, ich merke, dass Etliches von dem, was ich erlebt habe, in meiner Erinnerung wie weichgespült ist. Meine Erinnerung ist wie ein Paket, das ich fest verschnürt habe und an das ich nur als Paket denke und an die Einzelteile, die darin stecken, gar nicht rankomme.
Das ist verrückt!
Dein Text hat mich echt bewegt. Vor allem auch das, was du über Jens schreibst. Und da kommt mir die Frage, ob es damals nicht auch einen Grundknacks in dir gegeben hat … Dieser wackelnde Mann .. Stand er zu dir und zu dem, was du gemacht hast, was du gesehen hast, wie du gedacht hast? Natürlich muss er nicht so denken wie du, aber eine Stärkung sein – oder? Darüber habe ich nachgedacht. Weil es mich irgendwie total traurig berührt hat.
Ich weiß nicht, ob das bei mir gegangen wäre, mit Micha …

Ich denke weiter …
Unser Austausch gefällt mir.

Liebe Grüße
von Emma, die seit heute – jippiyeah – Urlaub hat 🙂

 

Hier findet ihr Noras letzten Brief an Emma – vom 21. April 2024

Einfach Schwamm drüber? Und dann?

Posted Schreibe einen KommentarVeröffentlicht in Briefwechsel

Aufarbeitung – jetzt!

Berlin, 22. April 2024

Liebe Nora,

Danke für diese großartige Idee! Tatsächlich habe ich Ende 2020 angefangen meine Gedanken über das, was damals und bis heute  mit mir, mit uns, der Gesellschaft, unserem Weltbild, der Demokratie geschieht, niederzuschreiben. Es ging und geht nicht anders, es muss raus! Und es ist mein verdammter Job als Journalistin. Ich musste und muss noch immer reden, auch wenn ich weiß, dass es vielen nicht gefallen wird…

Zu der Zeit, in der du die Erfahrung mit deinem Hannes und dieser Testerei niedergeschrieben hast, ich sehe gerade, es ist heute auf den Tag genau drei Jahre her, schrieb ich folgenden Text:

 

Aus gesellschaftlicher Perspektive stelle ich mir seit Monaten folgende Frage: wie wird es nach Beendigung der „Epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ mit unserer Gesellschaft weitergehen? Werden wir nahtlos da weitermachen, wo es im Februar 2020 begann?

Wie wird der Polizist, der qua seines Amtes und der Verfügung durch die Regierung Privatwohnungen kontrolliert, Gastronomen und Unternehmer, die ihrer Arbeit nachkommen wollten, mit horrenden Geldstrafen belegt hat, Masken-Verweigerer verfolgt und abgeführt hat, Grill-Nachmittage mit Waffengewalt aufgelöst hat in den Spiegel schauen? Der Nachbar, der die Zahl der Menschen im Nebenhaus minutiös gezählt, für strafbar erachtet und angezeigt hat? Der Politiker, der es in Kauf genommen hat, dass Millionen Kinder massive psychologische Schäden durch den endlosen Lockdown erlitten haben?  Journalisten, die Masken-Kritiker als potentielle Mörder bezeichnet, sich dafür ausgesprochen haben Impf-Kritiker zu ächten?

Werden wir alle als Gesellschaft sagen: Nun ist alles wieder gut, Schwamm drüber, lass uns zusammenkommen, das Leben feiern? Werden die Millionen Demonstranten, die auf der Straße ihr Grundrecht ausgeübt haben und gegen die Corona-Maßnahmen demonstrierten, dafür aber als rechtsradikal und verantwortungslos diffamiert wurden und in der Folge unter anderem ihren Job verloren sagen: Lass es gut sein, es war eben die Corona-Zeit. Werden die Ärzte, die vermeintlich falsche Atteste ausstellten und dafür von der Staatsanwaltschaft aufgesucht wurden wieder Vertrauen in ihre Mitmenschen, in uns als Gesellschaft haben? Die Epidemiologen, Virologen, Ethiker, die für ihre kritische Haltung in einer Demokratie ihres Amtes enthoben, strafversetzt oder gekündigt wurden? Lehrer und Schüler, die der Schule verwiesen wurden, weil sie keinen Sinn in einem prophylaktischen Test zweimal die Woche sahen? Journalisten, die staatlich überwacht wurden, weil sie eine kritische Meinung vertraten?

Wird alles einfach so weitergehen wie vorher?

Werden die Volksvertreter sagen: Tut mir leid, dass wir aktuell (Stand: April 2021) hunderte Milliarden Staatsschulden, Millionen Arbeitslose, Tausende insolvente Klein- und Mittelunternehmer, eine zerstörte Generation Kleinkinder und Jugendliche haben. Tut mir leid, dass wir die Epidemische Lage von nationaler Tragweite aktuell ohne Evidenz aufrechterhalten haben, aber es war nicht anders möglich, und ich stelle mich jetzt erneut zur Wahl?

Wie haben wir das nach dem Zweiten Weltkrieg gemacht?
Weggeschaut.
Jahrzehntelang.
Niemand will diesen Vergleich hören, denn niemand darf etwas mit dieser Zeit vergleichen.
Aber wir haben damals weggeschaut, sehr lange.
Dann wurde aufgearbeitet und daraus gelernt.
Das meinen wir heute.

Delegationen aus Ländern wie Kolumbien kamen zu uns, um sich anzuschauen, wie großartig die Deutschen ihre Geschichte aufgearbeitet haben, um es eventuell ähnlich zu tun.

Wie werden wir es „nach Corona“ – eine Zeit, von der niemand weiß wann es sein wird, wie sie gestaltet werden kann – machen? Werden wir so tun, als ob es „nur“ ein nicht enden wollender Lockdown war, „nur“ Künstler, die ihrer Lebensgrundlage beraubt wurden, „nur“ alarmierend zunehmende intrafamiliäre Gewalt, „nur“ ein drastischer Anstieg von Suiziden bei Erwachsenen und Kindern, „nur“ eine Generation von Kindern, die mit der Sendung mit der Maus und in der Schule gelernt haben, dass Querdenker und Menschen ohne Maske ihr Leben gefährden, „nur“ Jugendliche, die ihre beste Zeit nicht erleben konnten, nur eine wissentlich ruinierte Wirtschaft, „nur“ Politiker, die unsere demokratischen Werte mit Füßen getreten haben?

Wir müssen jetzt anfangen.
Wir müssen in der Politik, in den Medien, in der Nachbarschaft, in den Schulen, in den Kitas, in der Straßenbahn das friedliche Miteinander wieder üben, jeden Tag. Ein Leben ohne Moral-Keule, Denunziation, Schuldzuweisung. Ein Leben mit Toleranz, Integration, Wertschätzung, Akzeptanz unterschiedlicher Meinungen, ein Leben in Demokratie, mit mündigen Bürgern und Eigenverantwortung.

 

Danke Nora, dass du unsere Gedanken gebündelt zu Papier bringst!
Herzlich, Camilla
Erschienen am 22.04.2021 in dem Magazin 1bis19, Camilla Hildebrandt war Mitgründern des Magazins.
https://1bis19.de/gesellschaft/ueberlegungen-zum-danach/

Suche nach Antwort

Posted Schreibe einen KommentarVeröffentlicht in Briefwechsel

Eine Rückblende

Pinnow, 21. April 2024
Liebe Emma,

meine Antwort kommt. Nur nicht heute.
Heute bin ich erschöpft und hänge irgendwie zwischen den Zeiten. Zwischen den Welten. Vor drei Tagen noch habe ich in Italien im Fluß gebadet. Umgeben von einer Natur, die ich so noch nie gesehen hatte. Ich habe in einem Örtchen gewohnt, hoch oben auf dem Berg, in einem pittoresken Haus zwischen etlichen anderen pittoresken Häusern, die durch Gänge und Tunnel miteinander verbunden waren. So etwas kannte ich bisher nur aus Filmen. Nun habe ich erlebt, was ich natürlich wusste, dass es so etwas wirklich gibt. Mit richtig echten Menschen.
Ich finde es verrückt; da wird man irgendwo hineingeboren und lebt sein Leben und dann kommt man woanders hin und es ist so anders, so fremd, aber Alltag für diejenigen, die dort wohnen. Clara hat es ganz genauso empfunden. Am liebsten, das sagte sie mir, hätte sie in die Köpfe der Menschen geschaut, um zu sehen, ob sie ähnliche Gedanken denken wie wir oder ganz anders ticken, womöglich nur NPCs (den Begriff kannte ich bis dahin nicht) sind. Spannend.

Seit vorgestern sind wir zurück im kalten Deutschland und gleich in Hannes Geburtstag gefallen. Da war nichts mit ankommen, ich musste (und wollte) gleich da sein, für meinen Jüngsten. Jetzt ist er auch schon vierzehn. Wie die Zeit vergeht.

Beim Suchen nach einer Antwort für dich, habe ich einen Text, den ich ziemlich genau vor drei Jahren, am 16. April 2021 für den Verein 1-19 geschrieben hatte, gefunden. Ich schicke ihn dir, als Vorgeschmack auf meine Antwort, die erst noch reifen will.
Heute ist Ausruhen angesagt. Morgen holt mich der Alltag. Ein bisschen freue ich mich darauf. Abtragen. Ich bin so erfüllt, da wird es leicht, all das Liegengebliebene aufzuarbeiten. Wenn ich mich heute ausruhe 🙂

Dir liebe Grüße,
ich melde mich,

Nora.

 

Mutter, Kind und unsere neue Realität
Von Nora Mittelstädt

„Mama, warum willst du nicht, dass ich mich testen lassen?“. Es ist Dienstag nach den Osterferien. Gerade noch rechtzeitig habe ich es geschafft, meine Kinder pünktlich aus der Schule abzuholen. Ich komme direkt aus Berlin. Spontan war ich am Morgen zum Reichstag gefahren, um Frau Merkel und Co. davon abzuhalten, das neu modifizierte Infektionsschutzgesetz durch den Bundestag zu jagen. „Irgendwer muss sie ja aufhalten!“, hatte ich meinem Mann meinen kurzfristigen Entschluss erklärt. Mein Mann kennt mich und weiß, dass mich hin und wieder kleine Anflüge von Größenwahn überkommen. In meinen Gedanken habe ich schon manches Mal die Weltgeschichte gedreht.

So auch heute. Während der siebzig Minuten Fahrt nach Berlin hatte ich mir ausgemalt, wie verwegen es doch wäre, wenn ich einfach in den Bundestag marschieren würde (in dem Film „Kundschafter des Friedens“ hatte ich gesehen, dass so etwas durchaus klappen kann), ans Rednerpult treten und allen Anwesenden klipp und klar erklären könnte, was für ein perfides Spiel mit uns gespielt wird. Die Vorstellung war fantastisch. Vielleicht schreibe ich einmal ein Buch darüber, wie es hätte werden können, wenn …

… ich nicht ganz brav die zweite Wiese hinter dem Reichstag angesteuert hätte, die uns Demonstranten als Versammlungsort genehmigt worden war. Ich bezweifle, dass im Bundestag überhaupt einer unserer Volksvertreter mitbekommen hat, wie ich gemeinsam mit einer sehr übersichtlichen Zahl Gleichgesinnter mit bescheidenen Mitteln (Stimme, Trommel, Spruchbänder) versucht habe aufzuhalten, was momentan offenbar (noch) nicht aufzuhalten ist. Es war ernüchternd.

Dennoch bin ich ganz beseelt, als ich die Autobahn zurück in Richtung Uckermark düse. Wie schon auf unzähligen anderen Veranstaltungen habe ich auch dieses Mal wieder großartige (couragierte) Menschen kennengelernt. Nachhaltig beeindruckt hat mich ein Polizist, der bereits in mehreren Instanzen remonstriert hat. In Ausübung seines Amtes hatte er die Personalien meiner Freunde aufnehmen müssen, die nun ein Bußgeld erwartet, weil sie beim Protest gegen das Ermächtigungsgesetz (darf man nicht sagen) zu dicht beieinander gestanden hatten. Als Polizist im DemoEinsatz erfüllte er damit seinen Job. Als Mensch jedoch erzählte er uns, wie sehr er damit hadere. Mehr noch, er bedankte sich, dass wir gekommen waren und bat uns unbedingt weiterzumachen, damit der ganze Irrsinn ein baldiges Ende habe.

Als ich auf den Schulhof einbiege, läuft mir Achim, der Mentor meiner Tochter Clara über den Weg. Wir sind befreundet und im Austausch. Achim betrachtet die Ereignisse dieser Zeit ähnlich wie ich. Dennoch ist er geneigt sich den Regeln zu beugen. Heute allerdings hat er die Schnauze voll. Obwohl auf dem Schulhof Maskenpflicht besteht, nimmt er seine FFP-Maske ab und schmettert mir seinen Unmut über die neuesten Bestimmungen zur Testpflicht an Schulen nicht nur lautstark, sondern mit voller Mimikuntermalung entgegen.

„Die klauen uns unsere Zeit mit diesem Blödsinn“, wettert er und erzählt, dass er sich die letzte Stunde durch die Bestimmungen zur Testpflicht gelesen hätte, um danach genauso schlau zu sein wie vorher. „Die widersprechen sich in ihren eigenen Anweisungen“, echauffiert er sich. Was soll ich dazu sagen? Ich komme gerade vom Reichstag, ich hätte mit Frau Merkel auch gerne darüber geredet, dass ich meine Kinder auf gar keinen Fall testen (lassen) werde. Jedenfalls nicht ohne Grund.

Vergangene Woche hatte ich der Schulleitung geschrieben, dass meine Kinder mit Beginn der Testpflicht nicht mehr zur Schule kommen werden. Nun rät mir Achim: „Hol dir den Test und unterschreibe, dass er negativ gewesen ist?“ In meinem Kopf überschlägt es sich. Ich sehe meine Kinder, wie sie ihren Negativbescheid abgegeben. Argwöhnisch beäugt von Lehrern, die sich bereits haben impfen lassen, von Kindern, die mit ihren Masken am liebsten schlafen gehen würden und die ihnen nun auf den Zahn fühlen und fragen: „Habt ihr den Test auch wirklich gemacht?“

„Und ihr wollt immer, dass wir nicht lügen!“, empört pufft mich Hannes, mein Jüngster, in die Hüfte. Er muss sich angeschlichen haben. „Nein“, sage ich, „ich will nicht, dass lügst. Und ich will auch nicht, dass hier überhaupt einer lügt oder lügen muss“. Und dann kommt die Fragen, die mich so trifft: „Warum willst nicht, dass ich mich testen lasse?“

Die Frage kommt nicht aus heiterem Himmel. Eine Lehrerin hat Hannes heute zuschauen lassen als sie sich getestet hat. „Das war überhaupt nicht schlimm“, sagt mein Sohn.

Am Abend bespreche ich mein Dilemma mit meinem Mann. Er findet diese Tests nicht unbedingt gut, aber auch nicht dramatisch. Ich bin froh, dass er mich entscheiden lässt. Aber wie soll ich entscheiden?

Angeregt von einer Freundin hatte ich vor einigen Tagen versucht mir vorzustellen, wie es wäre, wenn ich all meinen Widerstand aufgeben und einfach annehmen würde, ich läge mit meiner Einschätzung der Situation falsch. Meine Freundin hatte dieses Gedankenexperiment bereits gemacht und für sich erschrocken festgestellt, wie stur und starr sie an ihrer Sicht festhalten wollte und tatsächlich nicht in der Lage war, ihren Standpunkt aufzugeben. Was wäre, fragte sie mich, wenn genau meine (unsere) Sturheit und Starre uns davon abhielte, in die Lösungsphase der Coronakrise zu kommen?

Ich musste an Lew Tolstoi denken. Schon er hatte gesagt, dass nur wenige Menschen, die wollten, dass sich die Welt verändere, bereit wären, sich selbst zu verändern? Wie sah es nun mit mir aus?

Natürlich bin ich stur und steif. Manchmal aber auch wackelig. Seit einem Jahr wird Angst und Panik geschürt. Das torpediert nicht nur unsere Psyche, sondern schwächt auch das Immunsystem.

Seit einem Jahr studiere ich täglich Informationen zur Corona-Krise. Nicht nur die aus Funk, Fernsehen und Zeitungen, sondern vor allem auch die aus dem Netz. Ich höre KenFM, lese den Rubikon, verfolge Boris Reitschuster und Gunnar Kayser, ich informiere mich bei Sucharit Bhakdi und Wolfgang Wodarg, ich habe das Strategiepapier des BMI zur Kenntnis genommen, ich habe verfolgt, wie Hans Georg Maaßen erklärt hat, wie es funktioniert, wenn Angela Merkel beschließt, dass die Erde wieder eine Scheibe zu sein hat und und und. Jeden Tag kommen neue Informationen. Und jeden Tag komme ich zu dem Schluss, dass hier gehörig was nicht stimmt.

Ich kann den anderen Standpunkt nicht einnehmen. Weil es ein totalitärer Standpunkt ist, der meines Erachtens auf Täuschung und Lügen basiert. Bei dem es um Unterdrückung und Unterwerfung geht. Das widerspricht meinen Werten. Für die ich einstehe.

Wie lange? Um welchen Preis?

Mein Mann, der mir im Grundsatz zustimmt, kommt regelmäßig ins Schwanken. Er kann sich nicht vorstellen, dass seine Helden wie zum Beispiel Jan Böhmermann und Felix Lobrecht falsch liegen, wenn sie die ergriffenen Maßnahmen für richtig erachten.

Noch steht mein Mann hinter mir. Noch akzeptiert er, dass ich eine Revoluzzerin bin, Demos organisiere, nachts mit Kreide Sprüche auf die Straßen schreibe und auch schon eine Ermittlungsanzeige kassiert habe. Aber wie wird er reagieren, sollte der Gegenwind schärfer werden? Das ganz normale Leben schon kostet ihn viel Kraft. Er ist erschöpft und möchte gerne auch mal nur genießen.

Aus diesem Grund würde er die Kinder testen lassen.

Doch ich sage, diese Pandemie ist keine Pandemie. Diese Pandemie ist politisch gewollt. Warum, übersteigt nicht nur meinen Horizont. Wenn ich in Ansätzen erklären will, was ich glaube, verstanden zu haben, werde ich schnell als Verschwörungstheoretikerin eingeordnet.

Warum erkennen so wenige die Verschwörungspraktiker?

Wie soll man seinen Kindern erklären, was einen bewegt, wenn es schon für viele Erwachsene nicht nachvollziehbar ist. Ich versuche es trotzdem. Ich schildere meinem Sohn, dass 99,7 Prozent der Weltbevölkerung gesund sind, dass einige Menschen zwar stark erkranken, dass ich allerdings denke, dass man sie anders schützen müsste, als nun zweimal wöchentlich alle Schulkinder zu testen zu lassen. Mein Sohn rollt mit den Augen. „Ich hab mich schon entschieden“, sagt er. „Ich lass mich nicht ständig testen! Und lügen tue ich auch nicht, das macht Angela Merkel schon oft genug!“

Ich bin baff. Zu Tränen gerührt.

Und dennoch unsicher. Mein Sohn ist zehn Jahre alt. Er kann nicht ermessen, was hier gespielt wird. Er kooperiert. Aber ist es die richtige Entscheidung für ihn?

Zwei Tage später fragt er: „Kann ich das Testen nicht wenigstens mal versuchen?

Was soll ich tun? Ich stecke in der Zwickmühle.

Meine Kinder brauchen andere Kinder!

Aber wenn wir alle mitmachen, wie soll Angela Merkel dann merken, dass es so nicht geht?
Mir ist wichtig, meinen Kindern Werte zu vermitteln. Wie den, für meine Wahrheit einzustehen.

 

Emmas letzter Brief vom 3. April 2024

 

 

 

Ratlos und sprachlos

Posted Schreibe einen KommentarVeröffentlicht in Briefwechsel

Die Welt ist total verrückt

Deutschland, 15. April 2024

Liebe Nora,

Anfang April 2020 habe ich begonnen in einem privaten Blog all das zu beschreiben, was mir widerfahren ist, was ich wahrgenommen habe und welche Gedanken mir dazu durch den Kopf gegangen sind. Als ich von Ihrer Idee, Zeitzeugnisse zu sammeln, las, habe ich meinen Blog wieder „hervorgekramt“. Es war spannend, ihn nun im Abstand zu lesen. Ich stelle ihn Ihnen gerne zur Verfügung.

Liebe Grüße, Milan.

 

Anfang 2020. Wie es begann…

Es ist Ende März Anfang April 2020. Nach einem schönen Abend bei Freunden auf deren Terrasse, im kühlen Wind, stehe ich am nächsten Morgen auf und bekomme keine Luft. Meine Lungen sind wie verengt ich versuche tief einzuatmen, doch es geht nicht mehr. Ich bekomme Panik. Da ich im Home Office arbeite (dies schon seit 25 Jahren), meine Frau im Büro ist (noch), habe ich niemanden mit dem ich meine Beschwerden teilen kann. Über den ganzen Tag hinweg wird das Atmen immer schwieriger. Ich beuge mich nach vorne, stütze meine Arme auf die Knie. Es geht etwas besser. Ich bekomme Schmerzen am ganzen Oberkörper. Was soll ich tun? Meine Vermutung ist eine Unterkühlung, da ich leicht bekleidet am Abend zuvor auf der Terrasse im Wind gesessen habe.

Vielleicht hilft ja etwas Sport. Normalerweise jogge ich dreimal die Woche ca. 7 km eine Runde durch die Natur. Ich laufe, das Atmen ist unglaublich schwer. Was ist das? Habe ich mich jetzt mit dem Coronavirus angesteckt? Nach dem Laufen setzte ich mich hin und bleibe sitzen. Bewege mich nicht viel. Ab und zu stehe ich auf, um tiefer einatmen zu können. An meinem rechten Fuß und an der rechten Hand habe ich großflächige Hautirritationen. Sie ist bröselig, fällt ab. Was ist das?

Abends erzähle ich meiner Frau von meinen Beschwerden. Was soll ich tun. Gehe ich zum Arzt? Ich gehe schlafen. Die Nacht lässt mich unruhig herumwälzen. Ich nehme ein paar Tropfen Heilpflanzenöl um besser durchatmen zu können. Es hilft ein wenig.

Am nächsten Morgen wieder die gleichen Atembeschwerden. Die Schmerzen im Oberkörper werden mehr. Das Atmen wird schwieriger. Ich bin mir sicher, es ist Corona. Oder doch nicht? Wieder die Frage, zum Arzt oder nicht. Ich entscheide mich wieder laufen zu gehen. Gegen die Schmerzen reibe ich mich mit einem Öl aus Thailand ein, dass meine Frau von dort mitgebracht hatte. Es soll helfen. Es hilft. Ein wenig. Aber die Atemnot bleibt. Eine Bekannte gibt mir eine Salbe (auch aus Thailand). Es soll gegen alles helfen. Trinke viel Ingwertee. Zwischendurch denke ich alles aufzuschreiben. Alle Passwörter, alles was benötigt wird. Habe richtig Angst zu sterben.

Das geht dann noch Tage so. Die Atmung wird besser. Ich lasse es trotzdem, zum Arzt zu gehen, anscheinend sind die Praxen und Krankenhäuser überfüllt mit Coronapatienten. Da will ich nicht hin. In den folgenden drei Wochen schwitze ich nachts drei bis vier T-Shirts durch. So was hatte ich noch nicht. Ob das von dieser Salbe kommt? Oder heilt der Körper? Ich weiß es nicht. Habe weiterhin Angst, dass dies nicht gut ausgeht. Die Haut hat sich nun beruhigt. Wie nach einem Sonnenbrand, kann man die oberen Hautschichten abtragen. Darunter ist die Haut gerötet, aber wieder normal.

Es gibt keine Impfung gegen das Coronavirus. Habe ich es tatsächlich? Nach sechs Wochen gehe ich endlich zum Arzt. Lasse mich untersuchen. Erkläre ihm meine Beschwerden. Blut wird abgenommen. Überweisung zum Kardiologen und zum Pneumologen. MRT soll gemacht werden. Der Hausarzt fragt mich, nachdem ihm eine Arzthelferin einen Plastikstreifen zeigt (für was der ist, weiß ich nicht, später weiß ich, dass es ein Teststreifen war), ob ich in letzter Zeit eine Infektion hatte. Weiß ich doch nicht, sage ich. Dafür bin ich eigentlich hier. Eine Antwort bekomme ich nicht. In der Praxis ist eine gewisse Hektik. Das Virus ist anscheinend ein großes Thema.

Die Untersuchung beim Kardiologen und auch beim MRT der Lunge ergeben: Alles in Ordnung. Die Beschwerden aber sind immer noch da. Allerdings nicht mehr so schlimm. Anscheinend haben das Laufen und die Salbe geholfen oder der Körper hat das Virus oder was auch immer es war, besiegt.

Wenn die Impfung kommt, bin ich der erste der sich impfen lässt.

Die Coronahysterie nimmt ihren Lauf. China meldet Ende 2019 einen Ausbruch. Riegelt alles ab. Januar, Februar, der Rest der Welt hat andere Probleme. Ab März 2020 ist die Panik auf einmal groß. Weltweit. Die Medien überschlagen sich mit Meldungen über die Pandemie, die durch die WHO ausgerufen wurde. Die vorher erstellte Agenda wird abgespult. Grenzen werden weltweit geschlossen. Keine Reisen mehr. Deutsche Urlauber werden auf Kosten des Staates aus allen Ländern in das Heimatland zurückgeflogen. Dies machen auch alle anderen Staaten. Ausgangssperren werden verhängt. Die Welt scheint in Endzeitstimmung. Wir werden alle sterben.

Mitte März 2020. Die erste Abriegelung findet statt. Das öffentliche Leben wird abgeschaltet. Nur noch Lebensmittelgeschäfte und Notwendiges zum Überleben haben offen. Es wird vom Tragen von Gesichtsmasken abgeraten. Nutzt nichts. Später rät man zum Tragen von Gesichtsmasken. Erst kann man auch selbst gemachte Masken tragen, dann nur noch industriell produzierte. Hauptsache die Aerosole schwirren nicht einfach frei herum. Die Hysterie steigert sich in einen kompletten Wahn.

Spätsommer 2020. Meine Beschwerden werden ganz langsam besser. Auch die Atmung. Das nächtliche Durchschwitzen lässt nach. Ich laufe nach wie vor fast jeden Tag, um die Atmung in Gang zu halten.

Die Medien (weltweit mit unterschiedlichen Modalitäten) lassen täglich die Zahlen von Infizierten und Toten über alle Kanäle verbreiten. Die Hysterie steigt immer weiter, es wird suggeriert, dass es noch schlimmer wird. Viel schlimmer. Es entstehen neue Begriffe: Verachtende. Beleidigende. Unmenschliche. Ausgrenzende. Erniedrigende.

Es ist November 2020. Die Coronainfektionen sind enorm hoch. Die Dashboards von John Hopkins und RKI sind tiefrot. Noch mehr Hysterie in den Medien. Es gibt eine weitere Schließung von Geschäften und Restaurants. Das Nachtleben und sämtliche Kulturveranstaltungen werden abgesagt. Das Arbeiten geht aber weiter, jetzt jeder im HomeOffice, für alle die ihre Arbeit dort verrichten können. Maßnahmen werden beschlossen, wiederrufen, neue Maßnahmen, neue Einschränkungen. Es scheint eine gewollte Einigkeit in der Uneinigkeit zu herrschen.

Ein Impfstoff ist in Sicht. Soll eigentlich gegen Krebs entwickelt worden sein. Jetzt soll er gegen das Virus helfen. Auch noch Made in Germany. Aber andere Impfstoffe sind auch schon da. Russisch, Chinesisch, Amerikanisch, Englisch, Indisch. Wer lässt seinen zuerst zu. Eine Impfstoff-Olympiade.

Mir geht es wieder einigermaßen gut. Bis auf die weiterhin etwas erschwerte Atmung. Jedoch weit weg von den Beschwerden der ersten Wochen. Ich bin erleichtert. Hatte ich das Coronavirus?

Ja. Nein. Ich weiß es nicht.

In der Zwischenzeit ist es um Weihnachten herum. Ich bekomme Montagmorgen einen Anruf meines Freundes mit dem ich in einer Freundesgruppe, verbotenerweise, im Garten um ein Lagerfeuer gestanden hatte. Er ist in der Firma positiv getestet worden. Er ist sechzig. Ein wenig mulmig wird mir. Uns allen. Er und seine Freundin sind in Quarantäne. Weitere Freunde werden positiv getestet.

Es vergehen drei Wochen. Alle wieder wohlauf. Welch ein Glück.

Am 16. Dezember 2020 wird dann ein „Lockdown“ verhängt. Erst heißt er Shutdown. Dann merken die Medien, dass es der falsche Anglizismus ist. Staatliche Hilfen werden ausgeschüttet. Für die Berechtigten, wie gewohnt, bürokratisch schwierig zu erhalten.

In der Zwischenzeit gibt es auf allen Kanälen Mahner, Einpeitscher, Claqueure. Die Hysterie erreicht eine nie dagewesene Qualität. Es werden immer neue Begriffe für einzelne Menschen und Menschengruppen erfunden. Ich möchte diese hier nicht aufführen, denn meine Einstellung für den Sprachgebrauch verbietet es mir, mit einem Wörterbuch der Repression, der Unterdrückung und der Verachtung anderer Menschen, zu hantieren.

Die Impfung kommt. Es werden Impfzentren errichtet. In Messehallen, Lagergebäuden. Eine Massenveranstaltung. Innerhalb kürzester Zeit werden Milliarden Dosen Impfstoff, Impfflaschen, Spritzen, Kanülen hergestellt. Eine neue Industrie entsteht.

Alle sollen geimpft werden. Es soll schnell gehen. Aber erst kommen die ganz Alten, dann die Alten, die Vulnerablen, dann die mit den systemrelevanten Berufen und erst dann alle anderen.

Und wieder werden neue Komposita erfunden. Die deutsche Sprache ist eine Wundertüte für unterdrückende, spaltende, denunzierende, menschenverachtende Wortbildungen. Und sie werden durch die Multiplikatoren mit geifernder Wolllust verbreitet.

Soll ich mich impfen lassen? Alle rennen wie verrückt, um die Vakzine zu bekommen. Jedenfalls suggerieren dies die Medien. Neue Beleidigungen, Erniedrigung, Einteilungen. Die Lautsprecher der Regierungen und die Verstärker der Medien verstehen sich als Einpeitscher im Menschenzoo.

Anfang 2021. Es wird langsam Frühling, der Sommer kommt. Die Infektionen werden, laut Medien und Dashboards, weniger. Die Grenzen sind zum Teil wieder offen. Man kann reisen. Ich bin von Ende Juli bis Mitte September im Ausland. Weit weg vom Coronageschehen und doch mittendrin. Meine Verwandten sind komplett geimpft. Nur meine siebenundachtzigjährige Tante nicht. Sie ist bettlägerig.

Der Sommer verläuft ohne Probleme. Meine Atmung ist wieder komplett in Ordnung. Habe in den Wochen des Reisens auch endlich wieder abgenommen. Gibt immer was zu tun dort. Alles weit weg. Nur Natur und viel Platz. Kein Maskenzwang, keine Einschränkungen. Freunde kommen aus Deutschland, der Sohn vom Meer, fahren wieder fort. Sommer wie immer, schön, ausgelassen, frei von Zwang.

Es wird September 2021. Langsam steigen die Zahlen in den Medien und den Dashboards. Mal dieses Land, mal jenes Land, mal eine Region, mal die andere. China nicht. USA, Südamerika schlimm, Russland auch. Afrika zu arm für Dashboards. Es gibt neue Mutationen, Varianten. Alpha als Urvirus, Beta hier, Gamma dort. Am Ende ist es die Deltavariante, die in Europa um sich greift.

Die Mahner, Einpeitscher und Claqueure heizen wieder ein. Lasst euch impfen! Impfen, Impfen, Impfen! Meine Frau ist in der Zwischenzeit geimpft. Fast der ganze Freundeskreis, und die gesamte Umgebung. Auch meine Mutter. Meine Kinder wollen nicht, wie sehr viele junge Menschen. Covid ist eine Krankheit der Alten und Kranken. Einige meiner Freunde möchten sich ebenfalls nicht impfen lassen. Bei vielen haben sich die Gründe aus unterschiedlichsten Thematiken zusammengesetzt.

Soll ich mich impfen lassen? Ich habe mich bis hierhin weder geweigert, noch habe ich mich dafür entschlossen.  Als ich mich erholt hatte und wollte, war zwar Impfstoff vorhanden, aber nicht für mich. Im Ausland wollte ich mich nicht impfen lassen. Zwei der Impfstoffe werden in Deutschland nicht anerkannt. WTF? Über den Menschen, über der Pandemie, über der Gesundheit, stehen immer noch Wirtschaftsinteressen?!

Ich werde zornig.

Beschränkungen für Menschen, die sich nicht impfen lassen, Verbote. Medialer und politischer Druck wird erzeugt. Mit allen Mitteln. Die Einpeitscher überschlagen sich mit neuen Mahnungen, Beleidigungen, Drohungen, Menschenverachtung. Überall werden Grenzen gezogen. Man grenzt sich aus und wird ausgegrenzt.

Gegendruck entsteht.

Eigentlich hätte ich mich schon längst impfen lassen. Hatte ja erlebt, wie es ist, eine Infektion zu haben und keine Luft mehr zu bekommen. Ich weiß bis heute nicht, ob es Corona war oder etwas anderes. Ein Antikörpertest im Juni 2021 hat keine Antikörper feststellen können. Ich denke nach, was mich davon abhält – was ist das in mir, das eine Aversion gegen die Vorgehensweise der staatlichen und medialen Akteure hervorruft?

Es ist die Selbstermächtigung, Empowerment. Eine gute, eine wichtige Eigenschaft. Nur eben nicht im Zusammenhang mit Corona. Die Suchmaschine spuckt verwunderliches aus, wenn man nur Selbstermächtigung eingibt oder wenn man Selbstermächtigung Corona  eingibt.

Ende Oktober 2021. Mein Sohn hat eine Erkältung. Aufregung. Test. Schnelltest negativ. Ein paar Tage später habe ich auch eine. Schnelltest negativ. Anruf aus dem Ausland. Meine Cousine, vollständig geimpft, ist positiv getestet, ihr geht es gut. Meine Tante (87 Jahre), nicht geimpft, ist infiziert und liegt im Krankenhaus, es sieht nicht gut aus.

Im medialen Hintergrund rauschen die Krisen. Gendern, MeeToo, BLM, alte Weiße Männer, Faschismus, Rechts, Links, Radikalismus, Rassismus, Korruption, Inflation, Deflation, Klimawandel, Flüchtlings-Krisen, Krisen, Krisen, über all dem schwebt der Untergang durch Corona. Es ist eine Art Krieg der Hysterie gegen den Verstand. Worthülsen, Satzpatronen, Begriffspanzer über alle Kanäle durch algorithmische Waffen verschossen, in Stellung gebracht. Täglich wird das Leben der Menschen durch diese Waffen immer mehr zerstört bis alles in tausend Stücken am Boden liegt.

Ich warte noch bis zum 20. März 2022. Vielleicht ist dann die Hysterie abgeflaut und man kann sich mit klarem Kopf und ohne Druck gegen irgendein Virus entspannt impfen lassen.

Vielleicht ist dann aber schon die nächste Hysteriestufe erreicht.

 

Update. Es ist Ende November 2021.

Ungeimpfte in Österreich sind eingesperrt, nur lebensnotwendiges dürfen sie verrichten und zur Arbeit gehen. Lockdown für zwanzig Tage beschlossen. Ab Februar Impfpflicht.

Nun wird einem ganz anders.

Auch in Deutschland ziehen die Maßnahmen wieder an. Nur Geimpfte dürfen am öffentlichen Leben teilnehmen. Es steht die dritte Impfung an, für die über Sechzigjährigen, kurze Zeit später heißt es, sollen alle ab achtzehn zum dritten Mal geimpft werden. Kinder ab fünf und ab elf Jahren werden in Israel geimpft. Es wird immer lauter, dass die Impfung auch ein Verfallsdatum bekommt. Sechs Monate, dann wieder impfen.

Ich habe Glück, dass ich beruflich in kein Büro muss. Ins Büro kann man nur noch geimpft und mit Schnelltest, den man daheim macht und ihn dann am Empfang vorzeigt. Oder einen vor Ort, je nach Unternehmen. Wieso machen die das eigentlich alles so bedenkenlos und glatt mit? Zwangsarbeit hat noch nie ein gutes Ende gehabt.

Menschen die angesteckt waren und nun genesen und wahrscheinlich auch immun gegen das Virus sind, will ich hier nicht Genesene nennen. Es gibt sie nicht. Nach sechs Monaten gilt die amtlich festgestellte Infektion und Rekonvaleszenz nicht mehr. Warum gilt die Immunität dann nicht mehr? So wie ich es gelernt habe, ist der Körper immun gegen eine schon durchgemachte Infektion mit einem Virus. Bei der Influenza, die ständig mutiert, wird das Immunsystem auch immer wieder auf die Probe gestellt. Und es gewinnt in den meisten Fällen. Kranke und Alte sind da eher anfällig für schwere Verläufe. Wie bei Corona.

Ich habe seit meinem siebenten Lebensjahr das Herpesvirus. Ein Quälgeist seinesgleichen. Ich merke in der Zwischenzeit genau, wann er sich ankündigt. Mit erhöhter Temperatur und dem Kribbeln auf den Lippen. Auch ein mutierendes Virus. Es gibt keine Impfung gegen das Herpes simplex Virus. Jahrzehntelang konnte man kein wirksames Mittel entwickeln.

Ok, Covid ist in manchen Fällen tödlich. Vielleicht ist deswegen alles so schnell gegangen. Ein mutierendes Virus. Wie Herpes Simplex. Ich frage mich: wird nun auch jemand einen Impfstoff gegen dieses Virus entwickeln. Oder ist es profitabler nutzlose Lippenbalsame und andere wirkungslose Mittel herzustellen?

Für Corona war das Mittel fünf Monate nach Ausbruch in China weltweit verfügbar. In milliardenfachen Dosen. Und zwar ein gänzlich neu entwickeltes, genetisch manipuliertes RNA-Vakzin. Was auch immer das ist, die zwei Unternehmen, die es entwickelt haben, BioNtech und Moderna, wussten schon sehr früh, was zu tun ist. Man muss sich nur ihre Jahresabschlussberichte anschauen. BionNTech Form 20F für das Jahr 2019 (Bericht eingereicht Ende März), Moderna Form 424B5 eingereicht 22.2.2020, an die SEC.
Ich finde es sehr bemerkenswert, dass dort bereits der Begriff Covid-19 (bei Moderna 2019-nCoV) benutzt wird, obwohl Covid 19 erst im Februar 2020 offiziell auftaucht.
Zudem wurden beide von der Bill und Belinda Gates Stiftung mit erheblichen Summen bedacht. Zwar für andere Forschungen, aber eine gute Nase hat der alte Bill. Außerdem sind  beide Unternehmen zeitnah 2020 an die amerikanische Börse gegangen. Das heißt: zwischen der Bekanntmachung des neuen Erregers durch die Chinesischen Behörden im Dezember 2019 und der präklinischen Testphase für ein Covid 19 Medikament sind wie viele Monate vergangen? Keiner? Oder haben BionTech und Moderna ganz schnell noch das Medikament in die Berichte hineingepfuscht, um beim großen Reibach mitzumachen? Die Russen und Chinesen haben klassische Vektorimpfstoffe gegen Corona eingesetzt. Vielleicht werden diese in der EU und den USA deshalb nicht zugelassen?

Um uns herum sind immer mehr Menschen positiv-  meist junge Menschen, schallt  es aus den Lautsprechern. Geimpft, doppelt. Trotzdem infizieren sie sich, sind nach einem Schnelltest positiv, dann mit einem PCR Test negativ, oder auch positiv. Verläufe meist glimpflich. Ältere kommen in Krankenhäuser, ungeimpfte, geimpfte, doppelgeimpfte. Ist dieses Vakzine überhaupt gegen Corona wirksam, oder ist das schnelle Zustandekommen des Impfstoffs einfach ein Betrug?
Auf einmal heißt es, die Wirkung lässt nach sechs Monaten nach, obwohl es am Anfang der Verabreichung hieß, zwei Mal impfen, und man ist vor schweren Verläufen geschützt und auch nicht ansteckend, selbst wenn man sich das Virus doch irgendwie einfängt. Jetzt soll man eine dritte Impfung bekommen. Und Pfizer erklärt schon das es jährliche Impfungen geben soll, oder halbjährliche. Da muss ich mir doch noch mal die Geschäftsberichte, von den handelnden Unternehmen Biontech, Pfizer, Moderna, Johnson Johnsen, Astra Zeneca usw. genauer anschauen,  und herausfinden, wer da sein Geld drin hat.

Die etablierten Medien, die vom Staat gespeist werden, die öffentlich-rechtlichen sozusagen objektiven, unabhängigen, faktenbasierten (komischerweise gibt es diese Art von Informationsvermittlung in jedem Staat, ob demokratisch oder diktatorisch), und das Spiegelbild, die sogenannten alternativen Medien, die dagegen halten, sind zwei Seiten einer Medaille. Das meiste ist gequirlte Scheiße von plappernden Pappfiguren, indoktriniert, von der einen wie von der anderen Seite. Mir das anzueignen geht mir gegen den Verstand.

Wozu der Druck durch den Staat? Es ist wahrscheinlich der Griff zur allumfassenden Macht durch einige über das Prekariat. Und die Mitläufer, die sich in Sicherheit wiegen und im Glauben sind, noch zur sogenannten Mittelschicht zu gehören, werden eines Morgens aufwachen und merken, dass sie auch nur inflationäres Lumpenproletariat sind.

Mal macht eine Nomenklatura einen Schritt vor (wie Frankreich, jetzt Österreich), dann eine andere, (Deutschland, Niederlande) und dann wieder eine neue Maßnahme und das Karussell des Zwangs dreht sich weiter, immer schneller.

Der Gegendruck in mir nimmt zu, anstatt, abzunehmen.

Die allgemeine Impfpflicht soll kommen!

Ich schreibe einen Kommentar an Sahra Wagenknecht:
Was gegen eine allgemeine, auch sektorale Impfpflicht spricht: Das Coronavirus mutiert und die jetzige Vakzine schützen bei dieser Mutation anscheinend nicht oder nur noch wenig. Im April, Mai, soll ein angepasster Stoff kommen.
Bei einer Impfpflicht sind dann alle verpflichtet, sich diese oder die vorherigen Vakzine spritzen zu lassen.

Angenommen, später im Jahr entwickelt sich eine weitere Mutation, die wiederum nicht mehr von dem angepassten Vakzin abgedeckt wird, was sehr wahrscheinlich ist, müssen wir uns also wieder anpassen, erneut alle durchimpfen. Verpflichtend. Gehen wir dann ins Jahr 23 oder 24. Durch die mehrfach vollkommen durchgeimpfte Bevölkerung, gibt es:

– keine Coronaviren und wir sind alle wieder frei von Symptomen, dann haben alle alles richtig gemacht.

– eine, oder mehrerer angepasste Vakzinen für die mutierenden Viren, die jedoch eine immer kürzere Schutzzeit bieten. Impfungen erfolgen in Quartals-, Monats- oder Wochenfrist.

– eine Coronavirusmutation, die resistent gegen jeglichen Impfstoff ist und ein neues Vakzin ist nicht in Sicht.

Was ist dann z. Bsp. mit Menschen, die von außerhalb des Impflichtgebietes kommen? Fallen die gleich tot um? Oder dürfen die gar nicht mehr rein, ohne den gleichen Impfverlauf zu haben, wie die Bevölkerung des Impfpflichtgebietes? Oder ist dann sogar der Binnenverkehr eingeschränkt weil ein Gebiet einen anderen Mutationsverlauf hat, als ein anderes.

Und was ist mit denen, die aus dem Impfpflichtgebiet berufsbedingt  oder in den Urlaub außerhalb des Impfpflichtgebietes reisen wollen? Werden die dorthin dürfen, wenn sie Virenmutationen in sich tragen, die die dortige Bevölkerung infizieren könnte, weil diese nicht so umfangreich geimpft ist?

Und was ist z. Bsp. mit Schwangeren? Bekommen die Föten im Mutterleib schon einen Impfcocktail, um bei der Geburt nicht gleich zu kollabieren?

Auch diejenigen, die jetzt geimpft sind, auch schon zum dritten Mal, sollten die Impfpflicht nicht vorschnell befürworten. Denn auch sie werden ja immer wieder geimpft werden müssen, mit immer angepassteren Vakzinen in immer kürzeren Abständen.

Wo soll das hinführen?

Ist ein natürlicher Verlauf der Infizierung nicht doch der bessere Weg? Mit den allseits bekannten Maßnahmen, der Hygiene und des Abstandes? Die, die sich impfen lassen wollen, lassen sich impfen, die dies nicht möchten, eben nicht. Beide halten sich an die Regeln, ohne gemaßregelt zu werden.  Das Virus hat wahrscheinlich keinen Drang so zu mutieren, dass es gefährlicher wird. Und das menschliche Abwehrsystem wird das Virus mit der Zeit an seinen Körper assimilieren und unschädlich für schwere Verläufe machen. Es ist nicht möglich einen 100prozentigen Schutz für 100 Prozent der Bevölkerung aufrechtzuerhalten, geschweige denn mit einer verpflichtenden Impfung zu garantieren.

 

Update Janur 2022

  1. Dezember 2021, meinen Ersttermin zur Impfung habe ich verschoben. Ich kann nicht, alles in mir sträubt sich gegen diese Impfung.

Am 12. Januar versuche ich es mit dem nächsten Termin. Am 11.Januar früh morgens sage ich ab.

Omikron ist nun die Variante, die die Welt bewegt. Jedenfalls die Medien. Viele, sehr viele Ansteckungen. Novak Djokovic ist ungeimpft zu den Australien Open eingereist, mit Attest, das ihm bescheinigt, dass er im Dezember infiziert war. Er wird in Quarantäne gesteckt, geht vor Gericht, gewinnt. Man weiß noch nicht ob er teilnehmen darf oder aus Australien (das die schärfsten Maßnahmen fährt  ausreisen muss. Die Medien sind unverhohlen serbophob, die Kommmentare der lechzenden Horde, möchte ich gar nicht kommentieren.

Die Infektionszahlen werden in noch nie dagewesenen Höhen hochgerechnet. Die Einweisungen spiegeln dies nicht wieder, die schweren Fälle auf Intensivstationen auch nicht. Trotzdem wird die Panikschraube weiter gedreht.

Anscheinend regt sich Wiederstand. Montagsspaziergänge bekommen immer mehr Zulauf. Samstage auch. In Wien sind anscheinend hundertausende samstags im Protest. Dort soll die Impfpflicht im Februar für alle gelten.

In Deutschland wird im März entschieden. Stand Januar 2022

Update April 2024

Das ConornaVirus ist kein Thema mehr. Obwohl immer noch Tests zu kaufen sind und hier und da mal eine Meldung der alternativen Medien, die fordern, dass Corona aufgearbeitet werden soll. RKI-Files bestätigen, dass viele zu Recht skeptisch waren. Zu wenige wohl. Die Verursacher der Hysterie und der dadurch ausgelösten Ungerechtigkeit, um nicht zu sagen der Zerstörung und Atomisierung der gesamten Gesellschaft, sollen sich verantworten. Werden sie wohl nicht, zu viele. Wird so weltweit sein, nicht nur in Deutschland.

Aber das alles ist unaufgearbeitete Geschichte.

Weiter geht es nun mit alten Unterdrückungsmitteln: Krieg, Angst, Geldentwertung, Vermögensverschiebung von unten nach oben.

In der Zwischenzeit ist die Welt total verrückt geworden. Krieg: Russland gegen Ukraine, Slaven gegen Slaven! Krieg: Israel gegen Palästina, was auch immer die einen gegen die anderen haben. Weitere Krisenherde ziehen am Horizont herauf. Mal sehen, ob nochmal ein Update von hier kommt oder alles mal wieder in Schutt und Asche liegt. Die Zeit ist gekommen, um sich von hier zu verabschieden. Meine Schwester zieht im Mai weg. Wir warten noch. Unser Fluchtort ist vorhanden, voll ausgestattet und fern jeglicher möglicher Kriegshandlungen. Auch wenn der Krisenherd Kosovo keine fünfzig Kilometer weit entfernt ist. Nicht mal im 2.Weltkrieg ist dort jemand feindliches vorbeigekommen.

Man ist ratlos, sprachlos.

 

 

 

 

Flucht vor Gefühlen

Posted 1 KommentarVeröffentlicht in Briefwechsel

Was war los damals?

Löcknitz, 3. April 2024

Liebe Nora,

eine interessante Frage stellst du da. Hätte ich die Hochzeitseinladung ganz unbeschwert annehmen können, wenn der Bräutigam nicht „gewarnt“ hätte, dass ich dort auf diesen Ausgrenzer treffen würde? Ich glaube, wenn er mich nicht darauf aufmerksam gemacht hätte, was ich eigentlich ganz blickig finde, dann hätte ich das noch ein bisschen im Grauen lassen können.

Weißt du, ich denke, am meisten erschrocken hat mich gar nicht, dass er mich „gewarnt hat, sondern die Feststellung, dass ich ja ein (das) Problem habe. Dss war mit einem Mal so auf dem Tablett. Also: Ich habe das Problem. Ich! Keine Rede davon, dass wir alle ein Problem haben. Das erschreckt mich total. Das geht unheimlich tief rein. Ich glaube, dahinter steckt das Thema, nicht gesehen zu werden – oder – falsch gesehen zu werden.
Ich empfinde es als eine Wahnsinnslast, dass ich diejenige bin, die dieses Corona-Spaltungs-Ding auf dem Tisch hat, es für die anderen auch noch mittrage. Denn die haben kein Thema (mehr) damit.

Ich merke, dass dieses Thema, wenn ich es mir nicht ansehe und für mich kläre, nach wie vor da ist und bleiben wird. Das verschwindet nicht einfach. Für die anderen offenbar schon.

Aber um auf deine Frage zurückzukommen: wenn mein Bekannter, der Bräutigam nichts gesagt hätte, hätte ich sehr wohl darüber nachgedacht, auf wen ich dort wohl treffen werde und wäre vermutlich zum gleichen Schluss gekommen: nämlich, dass ich nicht dorthin fahren möchte, wo ein Haufen von den bösen Ausgrenzern rumhüpft.

Tja Nora, das ist ein Thema, das mich ratlos macht.

Aber wenn ich ganz ehrlich bin, Nora, habe ich absolut keinen Bock zu Festen zu gehen und meine Lebensfreude mit Menschen zu teilen, mit denen ich nicht teilen will, mit Menschen, die ausgegrenzt haben – nicht nur mich, sondern alle anderen auch. Weil die zugelassen haben und ich nicht weiß, was die noch zugelassen hätten.
Es ist verrückt, aber ich bin gerade dabei, Menschen zu enthronen, die ich in meinen Herzen getragen und mit irgendwelchen Ausreden in mir selbst geschützt habe. Haben die sich schützend vor mich gestellt? NEIN!
Scheiß Thema!

In spüre eine Ohnmacht … Vielleicht sollte ich direkt auf den einen oder anderen zugehen, fragen: Was war los damals? Ich begreife das nicht. Wir müssen ja nicht unbedingt wieder Freunde werden, aber ich will verstehen … Jetzt, da ich das schreibe, meldet sich in mir Lebendigkeit, da komme ich aus diesem Fluchtmodus raus. Denn eigentlich flüchte ich ja. Vor meinen eigenen Gefühlen.

Wie ist das bei dir, liebe Nora?

Danke nochmal für deine Frage. Und den Kontakt zu dieser Therapeutin. Wir haben telefoniert, ich habe einen Termin und bin sehr gespannt.

Emma.

 

Lest hier, was Nora am 23. März an Emma schrieb.

Gefährlich geschichtsblind

Posted Schreibe einen KommentarVeröffentlicht in Briefwechsel

Wer ist hier eigentlich naiv?

Berlin, 01. April 2024

Liebe Nora,

es bleibt dabei, ich versuche über Facebook weiterhin Menschen zum Nachdenken zu bewegen. Ich weiß nicht, ob das etwas bringt. Aber gibt es eine andere Möglichkeit?
Außer natürlich noch zu demonstrieren …

Ich schicke dir mal meinen heutigen Post:

Durch Spitzenpolitiker und Medien wurden die Teilnehmer an den Ostermärschen als naiv abgestempelt. Ich war Teilnehmer des Berliner Ostermarsches. Das war und ist eine bewusste Entscheidung für aktive Friedensdiplomatie.
Naiv heißt kindlich und einfältig.
Hinter meiner wohlbedachten Entscheidung liegen Lebenserfahrungen, die besagen, dass Hochrüstung die Welt nicht friedlicher gemacht, sondern immer näher an den atomaren Abgrund gebracht hat. Trotz oder besser wegen Hochrüstung und ungehemmter Waffenexporte gibt es weltweit unkalkulierbare Kriege. Auf den Ostermärschen wurde unter anderem die Forderung bekräftigt, keine Taurus Marschflugkörper an die Ukraine zu liefern. Laut ARD-Deutschlandtrend sind 61 Prozent der Bundesbürger gegen die Lieferung von Taurus Marschflugkörpern an die Ukraine. Sind diese 61 Prozent, frage ich nun, naiv? Laut MDR-Meinungsumfrage gehen 77 Prozent der Befragten die diplomatischen Friedensbemühungen nicht weit genug. Sind diese 77 Prozent naiv?
Wer entscheidet wer naiv ist?
Diejenigen, die Kriegshysterie schüren sind nicht naiv, sondern gefährlich geschichtsblind.

LG, dein Jo-Papa.

Wo ist die Jugend? Wo sind die Studenten?

Posted 2 KommentareVeröffentlicht in Briefwechsel

Die starke Hand der VerFührung

Schwedt, 1. April 2024

Liebe Nora,

beim Berliner Ostermarsch am Samstag kam ich mit einem Studenten ins Gespräch. Er hatte seine kleine Tochter auf den Schultern, und ich habe mit ihr geschäkert. Der Student erzählte etwas verzweifelt und traurig über das große Desinteresse, die große Abwesenheit seiner Kommilitonen bei solchen Demos für den Frieden. Als einer der Redner von der großen Menschenmenge sprach, die hier und heute für den Frieden zusammengekommen sei, lachte er ganz bitter auf. Zu Recht. Wir waren zweieinhalb- , maximal dreitausend Leute. Die meisten jenseits der fünfzig, eher noch der sechzig.

Wo ist die Jugend? Wo sind die Studenten?
Wie war das früher?
Ich dachte immer Universitäten seien Schmelztiegel für Veränderung.

Wie war das zu deiner Zeit, Nora? Du hast doch auch studiert. Seid ihr auf die Straße gegangen? Wofür? Wogegen?

Unlängst habe ich mal wieder „Die Feuerzangenbowle“ mit Heinz Rühmann gesehen. Ich fand es immer einen ganz großartigen Film. Jetzt allerdings habe ich mal geschaut, wann der gedreht worden ist. 1944, mitten im zweiten Weltkrieg. Über junge Menschen, Primaner, den Schalk im Nacken, aber dennoch irgendwie angepasst. Im wirklichen Leben gab es solche Primaner schon lange nicht mehr, sie wurden alle an der Front verheizt.
Abgesehen von einigen wenigen Ausnahmen, die dem Drill der Hitlerjugend entwachsen und müde, zunächst unpolitisch über moderne amerikanische Musik als „Edelweißpiraten“ aufbegehrten, nach mehrfach gewalttätigen Razzien des Staates allerdings zunehmend politisch bewusster und engagierter wurden. Aber was konnten sie groß tun?! Du kennst die Geschichte, sogar das Verteilen von Flugblättern wurde mit dem Tode bestraft. Studentenrevolte war  kaum möglich, aber partiell sehr wohl vorhanden.

In den 1968 er Jahren, also vierundzwanzig Jahre, sprich, nur eine Generation später, schienen die studentische Herzen zu brennen, sie entflammten  Autos, besetzten genau jene Häuser, die zwanzig Jahre zuvor von britischen Bomben verschont geblieben waren. Sie schliefen auf schmuddeligen Matratzen auf den Böden der Zimmerecken – viele nackte Körper miteinander verschlungen, wie ein gordischer Knoten. Vernebelt und mit viel Woodstock im Kopf wolltenn sie alles ganz anders machen als die Generation ihrer Eltern. Gespaltene Studentengruppen schwankten zwischen echter politischer Rebellion, echter altnazivertreibender Radikalität, philosophischer Findung und freier Liebe für alle. Gegen die Väter und gegen den Staat –  das „Wie“, war einfach egal, Hauptsache anders. Antiautoritär war der grenzenlose, radikale, missglückte Versuch, es ohne Doktrin besser machen zu wollen.
Immens war das Aufbegehren gegen Kriege wie zum Bespiel in Vietnam. Das (studentische) Denken hatte sich durch den Betrug an ihrer Jugend und durch die Gewalttätigkeit eines Krieges verändert.

Studenten heute im Jahre 2024 sind irgendwie anders, sind kuschelweich, aufgewachsen mit einer Nintendo, einer X-Box oder Playstation als Babysitter. Politische Auseinandersetzungen finden, so meine Wahrnehmung, nicht mehr statt. Oder nur noch bunt geschmückt  in den eigenen vier Wänden. Oder wenn sie es dann doch auf die Straße schaffen, mit Transparenten und Parolen, die der Staat an Häuserwänden bereitgestellt hat, also mit „modernem Sponsoring“.

Inzwischen lässt man sich als Student vom Staat nicht nur vollfinanzieren, sondern auch gerne von der Regierung zur richtigen Einstellung bekehren, statt selbige in Frage zu stellen und ggf. gegen sie aufzubegehren. In einen gesunden verbalen Austausch mit anderen, nicht studierenden Menschen, mit Bauern, Arbeitern oder Großeltern zu treten, ist wenig zeitgemäß – Schwurbelei eben.
Studenten heute sind unverkäuflich käuflich und  stehen selbstüberbewusst Hand in Hand mit Vater Staat, anstatt seinen unfassbaren Mief zu vertreiben. Muttersprache und Biologie wird sinnfrei veräußert, liegt am Boden der Tauschbörse, wird billig verramscht. Was erlaubt, verboten, als gut oder falsch gilt oder künftig gelten darf, bestimmen Schreihälse, die verlernt haben, zuzuhören. Oder Experten.
Studenten heute bauen mit an einem Überwachungsstaat, der das „Böse“ um sie herum überwachen, zensieren und verbieten soll. Dazu gehören allerdings nicht die pädagogisch wertvollen Masturbationsräume für 1-6jährige Babys und Kleinkinder in Kindertagesstätten, sehr wohl aber deren Eltern, wenn sie das für psychisch krank halten. Wer heute behauptet, dass es in Flora und Fauna das Männliche und das Weibliche gibt, wird angeschrien, wer eine Friedensfahne für den Frieden in der Welt schwenkt oder sich gegen Waffenlieferungen stellt, bekommt die geballte Wut junger Menschen zu spüren, die ganz genau wissen, was richtig und was falsch ist.
Studenten-Revolte in den Universitäten von heute hat den Charakter von Charakterlosigkeit, ist nicht vorhanden und sehnt sich wieder nach einer starken Hand der VerFührung, ohne zu bemerken, dass  diese längst gereicht wurde.

Damals, wie heute, Ausnahmen bestätigen glücklicherweise wie immer im Leben die Regel, wollen Studenten solche Zusammenhänge allgemein nicht erkennen, viel zu beschäftigt leben sie im Kult. Auch hier Gruppenzwang. Das Beurteilen Andersdenkender nimmt viel Zeit und Raum in Anspruch. Studenten-Revolte heute bringt keine Veränderung. Sie steckt im Hohlraum eines trojanischen Pferdes fest, dessen Ausgang von irgendjemandem von außen, wie von innen zugenagelt worden ist.

Nora, ich musste mir Luft machen. Und du sammelst ja … Vielleicht ist mein Exkurs in der Rückschau mal wichtig.

Grüß mir den Jo-Papa!

Paul.

 

Das ist Wahnsinn!

Posted Schreibe einen KommentarVeröffentlicht in Briefwechsel

Entrüstet euch!

Berlin, 30. März 2024

Liebe Nora,
wie sich in diesen Zeiten engagieren? Ich bin gerade erst wieder zur Tür rein und habe mich sofort an den PC gesetzt und folgenden kleinen Text auf Facebook gepostet.
Ich weiß nicht, ob es was bringt, aber wir sollten nichts unversucht lassen.
In der Hoffnung auf eine friedliche Zukunft,
Dein Jo-Papa.

 

Ich bin eben zurück vom Berliner Ostermarsch. Mein persönliches Motto lautet: ENTRÜSTET euch, bevor es zu spät ist.
Ein Thema der Redner war der Zusammenhang zwischen Rüstung und Sozialabbau. Aufgegriffen wurden darin u.a. die Gedanken von Boris Pistorius, der kürzlich laut über den Rüstungsetat gemessen am Bruttoinlandsprodukt nachdachte und verlautbarte: „Über drei Prozent sind denkbar“.  Darüber hinaus sagte er, die zwei Prozent, die beschlossen worden sind, seien lediglich die Untergrenze gewesen. Inzwischen wären „sich alle bewusst, dass das nur der Ausgangspunkt sein kann, weil wir mehr brauchen“.

Wie bitte? – Zwei Prozent „können nur der Anfang sein“. Vielleicht würden in Zukunft „drei oder dreieinhalb Prozent“ benötigen.
Drei bis  dreieinhalb Prozent  – das wären jährlich 104 bis 121 Mrd. Euro Rüstungsausgaben. Gegenüber heute würde das eine zusätzliche Erhöhung der Investition in die Rüstung um jährlich 28 bis 48 Mrd Euro bedeuten.
Wenn Pistorius sagt, dass sich alle (!) bewusst sind, dass zwei Prozent nicht ausreichen, ignoriert er diejenigen, die das völlig anders sehen. Abgesehen davon, dass das Wahnsinn ist, wird verschwiegen, dass das alles nur durch drastische Kürzungen der Sozialausgaben (Gesundheit, Bildung, Renten, …) realisiert werden kann.
Rüstung birgt also nicht nur unkalkulierbare äußere Eskalationsgefahren sondern ebenso unkalkulierbare Gefahren für den inneren Frieden.
ICH WILL FRIEDENSDIPLOMATIE unter Einbeziehung aller Beteiligten – also auch Russlands!  JETZT!
Friedensdiplomatie heißt: Berücksichtigung der (Sicherheits-) Interessen aller Beteiligten, heißt also Bereitschaft zu Kompromissen aller Beteiligten, namentlich der Ukrainer UND der Russen.

 

Lest, was Jo-Papa zuletzt schrieb.

 

Frieden wird es erst geben…

Posted Schreibe einen KommentarVeröffentlicht in Briefwechsel, Uncategorized

… wenn wir die Kriege in uns selbst beenden

Bernau, 25. März 2024

Liebe Nora,

ich verfolge deinen Briefwechsel sehr intensiv und finde ihn wirklich gut. Deshalb springe ich jetzt auch mitten hinein und schreibe dir, was mir dazu durch den Kopf geht.
Als erstes kommt mir die Frage: Warum lassen wir uns überhaupt spalten? Gilt es nicht, viel eher zu schauen: Was uns verbindet? Was wir gemeinsam haben? Warum agieren wir gegeneinander?
Das ist doch genau so gewollt.
Überall herrscht Krieg, überall heißt es: Du bist doof und ich weiß Bescheid.
Da ertappe ich mich immer wieder selbst – wir alle müssen darauf achtgeben, nicht der Versuchung zu erliegen, es besser wissen zu wollen als die anderen, sondern uns ehrlich begegnen, einander zuhören, sich in den anderen einfühlen – wie heißt es schön: „einfach“ mal die Perspektive wechseln. Wenn es so einfach wäre. Aber eigentlich ist es das. Und spannend darüber hinaus auch noch. Horizont erweiternd.

Wenn wir wirklich wollen, dass die Kriege im Außen aufhören, müssen wir erst einmal die Kriege in uns besänftigen, beenden – müssen uns in uns selbst begegnen, ganz ehrlich, als Mutter, als Frau, als Partnerin, als Kollegin, als Tochter, als Schwester, als Mann, als Vater, als Sohn, als Lehrer, als – alles, was uns einfällt?

Frieden wird es nur und erst dann geben, wenn wir in Liebe sind.
Daran arbeite ich gerade.
Machst du mit?

Liebe Grüße,
Maxie.

Die Spaltung ist immer noch da!

Posted Schreibe einen KommentarVeröffentlicht in Briefwechsel, Uncategorized

Wie damit umgehen?

Leipzig, 23. März 2024

Liebe Emma,

man o man, einen Therapeuten, dafür, dass wir ausgegrenzt worden sind. Was für ein Schwanz. Und der Wahnsinn geht ja weiter. Auf so vielen verschiedenen Ebenen.
Aber das Fass will ich heute gar nicht aufmachen. Ich bin gerade zur Buchmesse und genieße meinen kleinen Kasten, an dem es (fast) nur um Bücher geht.
Es ist total schön, nach 2019 endlich wieder hier und dabei zu sein, ich bin sehr erfüllt, heute an Tag drei aber auch sehr erschöpft und müde, deshalb antworte ich nur kurz:
Was mir durch den Kopf ging, als ich deine Nachricht las, war die Frage, wie du wohl reagiert hättest, wenn dein Bekannter, dich einfach nur eingeladen hätte  – ohne den ergänzenden Kommentar. Hättest du im Kopf gehabt, dass bei dieser Hochzeit Leute sein könnten, die geschwiegen und ausgegrenzt haben? Und wäre das für dich ein Problem gewesen? Oder ist es für dich erst durch die Bemerkung, dass auch Menschen eingeladen sind, mit denen du – wegen Corona – ein Problem hättest, zum Problem geworden? Für mich fühlt es sich so an, als sei dadurch erst die Spaltung wieder aufgemacht worden.
Hier und auch bei vielen anderen Veranstaltungen treffe ich immer wieder auf Menschen, die während Corona anders tickten als du und ich. Wenn es in Richtung dieses Themas geht, versuche ich ins Gespräch zu kommen. Ich finde es spannend, die anderen Ansichten zu hören, mache aber auch meine klar. Bisher bin ich damit gut gefahren.
Aber meistens bzw. für die meisten scheint Corona weit weg zu sein, kein Thema mehr. Da ertappe ich mich, für mich ist es ein Thema und ich glaube, ein feines Gespür dafür zu haben, wer damals mit uns war und wer die Schweiger waren oder noch mehr…
Wie damit umgehen? Reden! Ich versuche es – auch über diesen Blog.
Schreib´ mir gerne weiter.
Und eine gute Therapeutin weiß ich wirklich – ich schicke dir ihren Kontakt übers Handy.
Sei ganz herzlich umarmt,
Nora.

 

Noras Antwort auf Emmas Brief vom 20. März 2024

Frieden durch Demokratie

Posted Schreibe einen KommentarVeröffentlicht in Briefwechsel

Versprechen Demokratien automatisch Frieden?

Berlin, 23. März 2024

Meine beste Nora,

anbei sende ich dir eine Mail, die ich an Sophie gesandt habe. Sicher interessiert dich das auch.
Liebste Grüße von Jo-Papa.

______________________________________

Guten Morgen meine liebe Sophie,

dein lieber Opa kann nicht anders und will dich wieder teilhaben lassen an dem, was ihn unverändert bewegt – die aktuellen politischen Fragen. Du kennst mich gut genug, um zu wissen, dass ich dabei nicht nur an der Oberfläche bleibe, sondern dass ich versuche, die Ursachen dafür zu ergründen, warum etwas so läuft wie es läuft. Aktuell habe ich mich etwas mit Fragen der Demokratie beschäftigt.
Der „liberale Westen“ versteht die Demokratien westlicher Ausprägung ja als Heilsbringer dieser Welt. Westliche Demokratien machen ihr Demokratieverständnis an formalen Kriterien wie freien Wahlen, Meinungsfreiheit, Gewaltenteilung, … fest. Das sind sicher „hohe Güter“, aber sie haben nicht dazu geführt, dass diese Welt friedlicher und friedfertiger geworden ist.
Innerhalb der westlichen Demokratien sind die Gesellschaften tief gespalten und zwischen Völkern gibt es weltweit Kriege. Das wirft die Frage auf, warum formale Demokratie nicht automatisch inneren und äußeren Frieden bedingen. Mit dieser Frage hat sich u.a. Frau Prof. Ulrike Guérot in einem Vortrag befasst, der mich sehr bewegt hat.
Anbei sende ich dir diesen Vortrag (der gut 45 Minuten lang ist, ggf. hörst du ihn dir erst ab Minute 16 an). Ulrike Guérot kommt zu dem Schluss, dass es nicht ausreicht, Demokratie ausschließlich nach den o.g. formalen Kriterien zu beurteilen, sondern dass das Funktionieren von Demokratien (und damit auch die Stabilität von Gesellschaften) ebenso von sozialen und ökonomischen Kriterien abhängt. Ich stimme mit ihr überein:

  1. a) Demokratien scheitern nicht an formalen Kriterien (freie Wahlen, Meinungsfreiheit, Gewaltenteilung ect.), sondern an sozialen und ökonomischen Ungleichheiten
  2. b) Demokratien schaffen nicht automatisch inneren und äußeren Frieden.

Vielleicht hast du ja Lust und Muße dir diesen Vortrag von Frau Guérot (die ich sehr schätze) anzuhören: Frieden durch Demokratie – Ulrike Guérot – YouTube.

Ich drücke dich,
dein Opapa.

 

Lest, was Jo-Papa zuletzt schrieb.

 

„Blinddarm der Gesellschaft“

Posted 1 KommentarVeröffentlicht in Briefwechsel, Uncategorized

Coronas langer Schwanz

Löcknitz, 20.März 2024

Liebe Nora,

wir haben lange nichts voneinander gehört. Oder zumindest DU nichts von mir. Seit November schon liegt dein neuer Fragebogen auf meinem Schreibtisch. Das heißt, inzwischen ist er in die Schublade gewandert. Erst war ich richtig euphorisch, wollte mich unbedingt beteiligen, aber dann konnte ich nicht. Dieser ganze Corona-Wahnsinn wiegt so schwer, ist immer noch präsent. Jedenfalls in mir. Manchmal taucht er ein wenig ab, aber dann ploppt er wieder nach oben und drückt und schmerzt. Diese Corona-Sache hat einfach einen noch viel längeren Schwanz als ich jemals vermutet habe.
Vorgestern wurde ich zur Hochzeit eines Freundes eingeladen, den ich sehr lange kenne und mag. Dieser Freund kam extra vorbei, um mich persönlich einzuladen, aber auch, um mir mitzuteilen, dass ein gemeinsamer Bekannter kommen wird, von dem, so sagte mein Freund, er ja wüsste, dass ich mit diesem ein Problem habe. – Natürlich wegen Corona. –
Nora, mir ruckte das Herz und schüttelte sich. „Nein“, sagte ich, „ ich habe kein Problem mit ihm, ich habe ein Problem damit, wie er sich verhält.“
Das war vor zwei Tagen. Seitdem bin ich total unruhig und merke, wie tiefgreifend diese Coronaausgrenzung für mich war und wie ich immer noch aufräume. Gerade sind die Schweiger dran, die alles haben geschehen lassen. Verrückt.
Ich glaube, ich kann nicht zu dieser Hochzeit gehen. Ich kann nicht mit Menschen feiern, die so ausgrenzend waren. Nicht nur mir gegenüber. Die das zugelassen haben – „Blinddarm der Gesellschaft“ und all diese Scheiße, die wir uns anhören mussten und „Bitte kauft nicht bei …“ – du weißt schon.
Ich glaube, ich brauche da richtig Hilfe. Kennst du jemanden, einen Coach, einen Therapeuten, mit dem ich über dieses Thema sprechen kann? Es ist so tiefgreifend.

Ich danke dir,
liebe Grüße,
Emma.

Werkstattbericht, 18. März 2024

Posted Veröffentlicht in Werkstattbericht

Liebe Freunde des umland verlags,

 

die Leipziger Buchmesse ruft. In meinem Arbeitszimmer stapeln sich die Bücher, die alle noch wohlsortiert und abgezählt in Kisten verpackt werden müssen. Daneben steht mein Koffer und wartet darauf gefüllt zu werden. Wenn ich ihn sehe, kommt mir unweigerlich mein Messeschreckerlebnis von 2019 wieder in Sinn. Erinnert ihr euch noch? Damals schrieb ich:

Dieses Mal waren es nicht die Dubties. Definitiv nicht. Da bin ich mir ganz sicher. Dieses Mal war es vermutlich Miezi – unsere Katze. Aber ähnlich wie die Dubties wird auch sie nur in guter Absicht gehandelt haben. Ja mehr noch, ich glaube, eigentlich wollte sie mir nur einen Messeglücksbringer mit auf den Weg geben. Dieser war mausgrau und mausetot und fiel gestern, als ich gerade dabei war, mich messefein zu machen aus meinem Hosenbein. Ich habe einmal laut gekreischt, wie wohl fast alle Frauen kreischen, wenn ihnen eine tote  Maus aus dem Hosenbein fällt, danach aber sofort überlegt, wie ich diese groteske Situation literarisch verarbeiten kann…“

Die Verarbeitung bin ich euch bislang schuldig geblieben, zu viele andere Themen drängten dazwischen…

Zwei Bücher – die „Wege“  und „Lilo und die Dubties. Rambazamba im Hühnerhaus“ waren es, die ich bei der umland-Premiere vor fünf Jahren in Leipzig mit dabei hatte. Mittlerweile biegt sich mein Packtisch unter der Last von sechs Büchern, die ich in Riesestapeln aufgeschichtet habe. Und obendrauf tanzen die Dubties, die Tante Erika extra wieder für die Messe gehäkelt hat, eine wilde Polka. Vermutlich frohlocken sie, weil sie demnächst Nachwuchs bekommen werden. Der zweite Band von „Lilo und die Dubties“, der dieses Mal „Bambule in der Schule“ heißen wird, nähert sich seiner Vollendung. Ein wenig hoffe ich, in Leipzig auch zum Schreiben zu kommen.

Denn anders als 2019 werde ich dieses Mal nicht mit einem eigenen Stand in den riesigen Messehallen zu finden sein (den ich dann ununterbrochen hüten müsste),  sondern unterstütze meine Freunde und Kooperationspartner von „Die Gehörgäng“, die inzwischen bis auf die „Wege“ all meine Bücher ganz wundervoll verhörbucht haben. Das neueste, die Geschichten meiner fast Hundertjährigen, sind gerade noch im Schnitt und werden wirklich erst mit Messebeginn hochgeladen. Ihr könnt sie euch dann ganz taufrisch anhören.
Extra für die Messe haben wir auch das Experiment gewagt und die  „Winterschmetterlinge“  auf CD pressen lassen. Warum Experiment? Weil wir uns einfach nicht sicher sind, ob CDs überhaupt noch gefragt sind. Aber umland-Grafikerin Annett Lehmann hat sowohl die Coverhülle als auch die Presslinge so zauberhaft und liebevoll gestaltet, dass wir davon überzeugt sind, dass die CD ihre Liebhaber finden wird.

So, nun muss und will ich aber weiter packen.
Wir sehen uns in Leipzig?!
Halle 2 / Stand G 303

Bis ganz gleich,
Doreen Mechsner.

 

Gespräche über´n Gartenzaun

Posted Schreibe einen KommentarVeröffentlicht in Briefwechsel

Doppelmoralität

Pinnow, 17. März 2024

Liebe Suse,

das (Ver)Urteilen geht weiter.
Gestern Abend schnappte ich über den Gartenzaun, ich saß gemütlich am Feuer, ein Gespräch zweier Nachbarn auf. Der eine, der Vorsitzende unseres „Alten Gemeindehaus“-Vereins erzählte, dass er sich mit der, für unsere Kirche zuständigen, Pastorin getroffen habe und die habe ihm von einem Pfarrer erzählte, Pfarrer Thomas Dietz, der ein Riesenärgernis für die Kirche in der Uckermark sei.
Suse, Pfarrer Dietz ist „mein“ Pfarrer, mein Held und inzwischen ein guter Freund. Er hat mir und so vielen Menschen hier im Umkreis mit seinem Rückgrat Halt gegeben, um halbwegs ungebrochen durch die CoronaZeit zu kommen und gibt ihn noch immer – Corona scheint vorbei, tatsächlich haben sich die Spielfelder ja bloß verlagert, erweitert, erweitern sich täglich weiter…
Seit dem 15. Januar 2021 – ich weiß den Tag noch genau, es war Katharinas Geburtstag – holt Pfarrer Dietz Referenten in seine Kirche, die meist kritisch auf all das, was um uns herum und mit uns geschieht, schauen. Eugen Drewermann war da, Hans-Joachim Maaz, Peter Hahne, René Schlott, Stefan Homburg, Michael Meyen, Thomas-Michael Seibert, Dirk Oschmann, Alexander Christ, zu Neujahr spielte Andrej Hermlin – sie alle geben mir Futter für Geist und Seele.
Und dann höre ich über den Gartenzaun – ja, was höre ich, ist das nur Tratsch? Oder üble Nachrede? Gar Hetze?
Meine Ohren wurden lang und länger, aber das Feuer war zu laut. Mit einer Harke in der Hand (zur Tarnung) pirschte ich näher. Das bekamen die beiden, sie waren so im Gespräch, gar nicht mit. Zweimal noch hörte ich Thomas´ Namen, doch dann ging das Gespräch in eine andere Richtung.
Wahrscheinlich war es gut so. Ich hätte mich nur aufgeregt.
Ich rege mich auf! Umso mehr, als eben jener Vorsitzende zwei Stunden später den Verteiler des Alten Gemeindehauses – wie inzwischen mehrfach für seine eigene politische Meinung/Mission – missbrauchte, um zu einer Demo gegen Rassismus und für Demokratie aufzurufen. Beim letzten Mal, schrieb er noch dazu, habe er zwölf oder dreizehn Personen aus Pinnow gesehen. Es wird also registriert, wer dabei war.
Schade, dass diese Demo dieses Mal nicht unter dem Slogan „gegen Hass und Hetze“ firmiert. Das hätte irgendwie noch besser in mein Bild dieser woken Doppelmoralität gepasst.
Du merkst, ich rege mich immer noch auf.
Mir kommt die Idee, mal hier direkt in Pinnow eine „Demo für den Frieden“ zu organisieren – ich bin mir sicher, die beiden wären nicht dabei. Oder doch? Am Rande, als Gegenprotestanten mit der Forderung nach Waffenlieferungen in die Ukraine?
Verzeih mir meine Ironie, Satire, Häme – ich bin es so satt.
Hast du inzwischen mit Kristina gesprochen?

Liebe Grüße, Nora.

PS: Vergangene Woche lief beim Kontrafunk ein, mir wieder Kraft gebendes, Interview mit Pfarrer Dietz. Ich schicke dir mal den Link zum Reinhorchen. https://kontrafunk.radio/de/sendung-nachhoeren/lebenswelten/gesellschaft-3-0/gesellschaft-3-0-mit-pfarrer-thomas-dietz

Stimmabgabe an der Wahl-Urne

Posted Schreibe einen KommentarVeröffentlicht in Briefwechsel, Uncategorized

Morgen ist auch noch ein Tag

 

Schwedt, 15. März 2024

Liebe Nora,

ich kann nicht schlafen. Muss schreibend verdauen, was ich heute erlebt habe. Vielleicht bewegt es dich ähnlich wie mich.

 

Morgen ist auch noch ein Tag

Blumen, violette Krokusse in einem kleinen Ensemble, ich habe sie selbst ausgegraben und in ein altes Weinglas gestellt. Mitsamt der Erde, in der sie eben noch am Ufer wuchsen, stehen sie nun auf dem Tisch in der Küche am Fenster. Die Sonne strahlt – endlich einen ganzen Tag lang.                                                                      Anna kommt nach Hause, in der Hand hält sie eine gelbe Rose, ich kürze die Rose und stelle sie in eine winzige Flasche und neben das Weinglas. Anna lächelt, es ist Frauentag.

Am Abend gehen wir ins Kino, beschwingt. Zum Empfang gibt es ein Glas Sekt. Mit uns beiden sind es vier Frauen und zwei Männer die sich diesen Film anschauen wollen. Es ist Frauentag!

Der Film beginnt mit einer gutaussehenden italienischen Frau mittleren Alters, die an einem sonnigen Morgen neben ihrem italienischen Mann in Schwarz-Weiß erwacht. Sie begrüßt ihn liebevoll im Bett und er begrüßt sie liebevoll mit einem derben Schlag ins Gesicht.
Sie ist Mutter von zwei Söhnen und einer großen Tochter, kümmert sich um alle und alles und bezieht nebenbei, Prügel von ihrem Mann.
Es ist Frauentag, allerdings nicht im Film.
In einer späteren Szene trifft ein Bekannter aus Kindertagen eben diese Frau. Er liebt sie, hat sie schon immer geliebt und legt ihr in dieser anmutigen Szene sein Herz zu Füßen. Er möchte mit ihr durchbrennen. Sie mag ihn sehr.
In letzter Minute, nach langem Zögern, ringt sie sich durch, flieht aus dem Haus, eilt zum Bahnhof ihn zu treffen, will mit ihm durchbrennen und gemeinsam mit ihm ein neues Leben beginnen.
Zusammen mit hunderten anderen Menschen drängelt sie sich – untermalt von dramatischer Musik – in das Bahnhofsgebäude. Doch anstatt vor dem Geliebten und dem Zug nach Nirgendwo in ein neues Leben, in ein neues Glück, steht sie plötzlich vor einer Urne.
Einer Urne?
Einer WAHL- Urne.
Genau an jenem Tag, an dem die Frau aus ihrem alten Leben fliehen will, dürfen in Italien Frauen zum ersten Mal wählen.
Der Brief,  den die Hauptdarstellerin in einer vorherigen Szene erhielt und der sie zum Bahnhof trieb,  war nicht von ihrem Geliebten, nein es war die Wahlbenachrichtigung! Die Frau rannte und drängelte, um endlich und zum ersten Mal in ihrem Leben zu wählen.
Ich weiß nicht, welche Partei sie wählte, aber sie wählte! Und genau und nur darum ging es. Nicht um den Geliebten.                                                                                                                                                              Alle Frauen um sie herum sind fröhlich, ausgelassen und  – sie wählen. Zum ersten Mal werden Sie nach ihrer Stimme gefragt. Welch neue Freiheit.
Sie geben ihre Stimme. Und WERFEN SIE IN EINE URNE. Beerdigen sie.
Doch das merken sie nicht. Bis heute merken sie, merken wir es nicht!
Der Geliebte ist fort. Und die Frau wird nach Hause kehren und weiter täglich Schmerz und Selbstverachtung ertragen.
Sie hatte nur eine Wahl, sie hat sie genutzt. Aber wie? Viva!

Der Vorhang fällt. Ich löse mich nur langsam aus meiner Schockstarre. Im Kino bleibt es dunkel, niemand schaltet das Licht ein – nicht nur ich bin erstarrt. Halbblind wanken wir sechs Zuschauer zum Ausgang, treten fassungslos nach draußen in die Nacht. Ich bin komplett desorientiert, habe keine Ahnung, wo es nun hingehen soll. Ich schaue Anna an, sie greift meine Hand. Gegenüber die Uhr zeigt, es sind noch zwei Stunden bis Mitternacht, noch zwei Stunden, dann ist dieser Tag vorbei, dieser Abend, dieser Frauentag. Am Küchenfenster zu Hause, steht noch immer die gelbe Rose neben den Krokussen in einem Glas für Wein.
Ich könnte weinen.
Welcher Tag ist morgen noch gleich?

 

Es grüßt dich, noch immer tief bewegt
Paul.

PS: Ich habe gehadert, ob ich dir meine Schilderung wirklich schicken oder lieber für mich behalten soll. Aber du sagst ja, du willst Gedanken vom Heute sammeln für morgen. Das sind meine Gedanken – metaphorisch verpackt. Anders geht’s gerade nicht.

 

 

Gegen das Vergessen

Posted Schreibe einen KommentarVeröffentlicht in Briefwechsel, Uncategorized

Wißt ihr noch, was am 15. März 2022 los war?

 

Ihr lieben Alle,

wißt ihr noch, was heute vor zwei Jahren los war?
Ich wüsste es nicht, wenn ich damals nicht Tagebuch geführt hätte. Sechs Monate lang von Oktober 2021 bis März 2022 – Tagebuch
einer  VER-RÜCKTEN Zeit. Im März gingen mir schon die Kräfte aus. Da gab es nur noch vier Einträge. Der vorletzte ist vom 15. März 2022.

……………………………………….

15. März 2022

Heute ist der lange Zeit gefürchtete Tag. Der 15. März. Ab heute soll die Impfpflicht für alle im Gesundheitswesen Beschäftigten gelten. Ich bin so froh, dass uns, also Jens, dieses Thema dank seines / unseres Genesenenstatus´ vorerst nicht mehr unmittelbar bedroht.
Voreerst. Denn ab morgen wird im Bundestag über die allgemeine Impfpflicht ab Oktober verhandelt.
Bekommt das überhaupt jemand mit (außer uns Impfunwilligen)?
In den Medien ist Corona in den „Untergrund“ gerückt. Die Inzidenz steigt weiter. In Brandenburg steht die KlinikAmpel angeblich auf Rot. Deshalb wird Brandenburg weiter an allen Regeln festhalten.
Es ist alles so durchschaubar. Wie schon wieder alles aufgebaut. Heimlich, hinter den Kriegsschlagzeilen.

In einem Telefonat versorgte mich Hartmut mit den neuesten Neuigkeiten aus der Corona-Klatschszene:
Heute Morgen Anruf von der ehemaligen Chefbuchhalterin eines Staatsgutes: „Hartmut, du musst mir helfen! Ich sitze in Karlshagen auf Usedom fest. Ich bin in der Reha  und positiv getestet Ich muss hier raus, aber mein Mann lässt mich positiv getestet nicht ins Haus. Ich weiß nicht, wo ich hin soll… Nun zieht sie morgen in unser Wanderhaus ein und kann dort erst einmal für eine Woche bleiben.
  Kaum aufgelegt, klingelt es wieder. Professor M., 86 Jahre, wohnhaft in einem Schloss in Polen, ist wegen Herzschwäche in Pasewalk im Krankenhaus, wird entlassen, ist aber während der Behandlung positiv getestet worden. Jetzt fährt ihn kein Taxiunternehmen nach Hause, weil das Krankenhaus das Taxiunternehmen informiert hat, dass er positiv getestet war. Er war ratlos, wie sollte er nach Hause kommen? Unser Seniorenbesuchsdienst hat ihn erst einmal nach Penkun gebracht und von dort hat ihn ein Pole abgeholt und nach Hause gefahren.
  Ein paar Minuten später klingelt die Hausmutter unseres Alterswohnhauses. Dort wohnt eine ältere Dame, die mich – Corona-Aufmüpfigen – angezeigt hat, weil ich verhindert habe, dass im Haus die Maskenpflicht durchgesetzt wird. Inzwischen, das erzählte mir die Hausmutter, hat sie so viele Impfnebenwirkungen, dass der Arzt nicht anders konnte, als ihr zu bestätigen, dass all ihre Symptome Folgen der Impfung sind.

Impfnebenwirkungen – auch meine neue Zahnärztin erzählt mir von den vielen Impfnebenwirkungen, die sie in ihrer Praxis sieht. Am meisten erschreckte sie eine 19-jährige Abiturientin, die beim letzten Besuch im vergangenen Jahr vor Tatendrang strotzte und nach dem Abi erst einmal die Welt bereisen wollte. Kurz vor Weihnachten ließ sie sich impfen. Ein paar Tage später erlitt sie eine Lungenembolie. Nun ist sie nicht mehr dieselbe. Alle zwei Wochen muss sie in ärztliche Behandlung und immer wird mit neuen Medikamenten experimentiert. Bislang ohne Erfolg.
Bei drei Patienten hat die Sehkraft enorm nachgelassen.
Hemiparese, Muskelzittern, Herzstechen…
Notfallsanitäter von der benachbarten Feuerwache bestätigen ihr, dass sie seit Beginn der Impfungen wesentlich öfter im Einsatz sind.

Ich habe einen Apfelbaum gepflanzt. Einen Hasenkopf.
Außerdem sprießt es auf meinen Permakulturbeeten. Am Samstag bauen wir ein Gewächshaus auf.
Ich sehe schon unsere Bienenwiese.

…………………………………..

Wenn wir denken, Corona sei vor bei, liegen wir, m.E. gründlich falsch, Corona war nur der Anfang. Und wir haben schon wieder so viel vergessen.
Ich will festhalten, notieren, damit wir eines Tages aufarbeiten können.
Ihr seid nach wie vor eingeladen, euch zu beteiligen.

Liebe Grüße,
Nora.

 

Wind of Change

Posted Schreibe einen KommentarVeröffentlicht in Briefwechsel

Oder sind es einfach nur die Wechseljahre?

Berlin, 10. März 2024

Liebe Nori,

seit gestern plagt mich (d)ein Ohrwurm. Die Scorpions sind echt nicht meine Mugge, aber sie sitzen fest – Wind of change.
Unser Gespräch ist mir noch lange nachgegangen, immer mehr Menschen erzählen mir, dass auch sie das Gefühl haben, dass sich die Welt seit Corona anders dreht, dass sie irgendwie windiger geworden ist. Dass du das so siehst, ist klar, aber mich um herum, werden es immer mehr Leute, die das auch so wahrnehmen.
Beim Einschlafen kam mir dann plötzlich die Idee, dass es vielleicht gar nicht an der Welt liegt, sondern an unserem Alter, in dem  ja auch die meisten meiner Freunde und Bekannten sind und damit in genauso einer persönlichen Wandlungsphase, nennen wir das Kind beim Namen – den Wechseljahren – wie du und ich.
Daher finde ich es echt schwer einzuordnen, was ins Innen und was ins Außen gehört, was nur mit mir und was tatsächlich mit der Welt um mich herum zu tun hat, von wo der Faden kommt…
Allerdings merke ich sehr, dass die Menschen irgendwie verändert sind und Dinge anders kommunizieren. Ich kann das gar nicht genauer benennen, nehme es aber in allen Sphären wahr. Die Menschen sind so ganz anders als noch vor vier, fünf Jahren.
Merkst du das auch ? Liegt es an uns, an unserem Alter, an den Wechseljahren – ist die Wandlung nur unsere ganz persönliche? Oder wird tatsächlich die Welt immer windiger? Und unangenehmer?
Was meinst du?

Fragt dein kleines Schwesterlein.
Ich hab dich lieb,
Kathi.

 

 

Das Leben ist schön

Posted 1 KommentarVeröffentlicht in Briefwechsel

Orkan of Change

Pinnow, 9. März 2024

Liebe Hella,

wie geht es mir?
Mein Grundtenor ist: Das Leben ist schön.
Bei all den Sturmböen, die uns  regelmäßig drohen, umzuschmeißen.
Heute scheint die Sonne, aber in mir ist es schwer. Solche Tage gibt es. Zum Glück überwiegen meist die anderen. Aber auch heute bin ich gewillt, noch das Beste aus dem Tag zu holen. Mein Rücken reißt, als wenn alle Muskeln zu kurz wären – nun liege ich und schreibe aus dem Bett, das beruhigt mein Gedankenkarussell und der Rücken wird sich entspannen.
Seit Tagen ohrwurmen die Scorpions mit ihrem „Wind of Change“ in meinem Kopf. Es ist nicht nur ein Wind, es ist ein Sturm, wenn nicht gar ein Orkan. Du schreibst es:
Plötzlich ist rechts links und oben ist unten und innen ist außen. Eine Frau ist ein Mann, ein Mädchen ein Junge, ein Mann eine Frau und ein Junge ein Mädchen.
Lügen sind Wahrheit und das Schöne ist Hässlichkeit. Und Krieg?, sollte der jetzt der neue Frieden sein?
Ich frage mich genau wie du, was passiert hier? Und dann noch auf allen Ebenen. Von überall höre ich, dass es kracht es, in den Familien, in den Schulen, in den Firmen, in der Kirche – Umbruch, Wandel, Transformation. Wohin? Ins Gute oder ins Schlechte? Ins Licht oder ins Dunkel?
Das Kriegsgeheul wird immer lauter. Irgendwann habe ich Jens einmal gefragt, was er tun würde, wenn hier ein Krieg ausbräche? Weißt du, was er gesagt hat? Er würde sein Vaterland verteidigen. Wer zum Teufel ist dieses Vaterland?

Kürzlich habe ich ein Interview mit einem ukrainischen oder russischen, ich weiß es nicht mehr, Soldaten gelesen, der als Drohnenpilot Bomben abwirft. Dieser Soldat sagte über seinen mörderischen Job: „Es ist, als würde man ein Computerspiel spielen“. Hella, da töten Söhne von Müttern, Söhne anderer Mütter und über die Bomben auch gleich noch die Mütter und Großmütter  und Kinder …
Ich sehe es wie du, dem können wir nur mit Liebe im Herzen begegnen. Aber so viele Herzen sind vergiftet. Oder ummauert, vereist… Nicht im Frieden mit sich selbst. Ich glaube, das ist das Hauptproblem, nicht im Frieden mit sich selbst zu sein, nicht zu wissen, wer man eigentlich ist, was man will …
Ich will Frieden. Meinen kleinen und den ganz großen.
Liebe Hella, ich mache mit in deinem Kreis!
Und schreibe weiter für diesen Frieden.

Ich danke dir und umarme dich,
Nora.