Liebe Freunde des umland verlags,
wie schreibt man zu Zeiten von Corona einen Werkstattbericht? Ich sitze an meinem Schreibtisch und zermartere mir den Kopf. Draußen ist herrliches Frühlingswetter. Unser Storch, der vor acht Tagen deutlich früher als in den vergangenen Jahren, sein Nest bezogen hat, steht auf seinem Bein und klappert in die Welt. Genau wie wir wartet er auf seine Frau. Eine Etage unter ihm herrscht reges Treiben. Sperlinge, Bachstelzen und Stare, die sich in den Hohlräumen des Nests eingemietet haben, fliegen ein und aus. Am Ufer unseres Teiches nehmen die ersten Frösche des Jahres ein Sonnenbad. Auch die Seerosenblätter lockt die Sonne, jeden Tag reckt ein neues seine Blattspitze aus dem Wasser. Matti und Willi, unsere jungen Katzen, beäugen all das wachsende Leben neugierig. Es ist ihr erster Frühling und alles ist neu für sie. Miezi, unsere „Altkatze“ liegt im Bett und erholt sich von ihren nächtlichen Botengängen. Manchmal beneide ich sie. Für sie ist das Leben wie immer.
Und für uns? Könnte es wundervoll sein. Wenn nicht Corona über allem schwebte.
Pünktlich zur Leipziger Buchmesse habe ich mein neues Buch „Ich möchte einfach noch Bäume ausreißen! Aber nur kleine. Fast Hundertjährige erzählen“ fertig geschrieben und im Schnellverfahren eine kleine limitierte Auflage für die Buchmesse drucken lassen. Nun gab es keine Buchmesse. Angesichts meiner Erschöpfung – der Druck, das Buch zur Messe fertig zu haben, ging fast ein wenig, nicht nur, über meine Kräfte, sondern auch über die von Clara (Transkriptorin, Lektorin, Korrektorin und Mitdenkerin) und Annett (die als Grafikerin angeheuert hatte, inzwischen aber der dritte Kopf des Verlags geworden ist) – war die Absage auch eine Erleichterung. Zeitgleich natürlich aber auch eine verpasste Chance, mein neues Buch publik zu machen.
Dennoch habe ich nur noch elf Exemplare hier zu liegen. Dank eines tollen Artikels im Uckermark-Kurier gingen bei mir bereits die ersten Bestellungen ein, noch bevor ich das Buch selbst in der Hand hatte. Parallel dazu kamen auch die ersten Leseanfragen, die nun natürlich aufgeschoben sind. Außerdem riefen mich bereits drei über 90-Jährige an, die mir unbedingt ihre Lebensgeschichte erzählen wollen. So ganz genau weiß ich noch nicht, was ich damit machen soll.
Im Moment ist es mir wichtig, den Kontakt zu meinen fast Hundertjährigen zu halten. Einige von ihnen sind familiär gut eingebettet, andere jedoch sind derzeit ziemlich einsam. Rose Marie meine älteste Gesprächspartnerin, die sich so sehr auf ihren 100. Geburtstag am kommenden Sonntag gefreut hat, sitzt alleine und abgeschnitten von der Welt in ihrer Wohnung. Ricarda aus Hamburg lebt in ihrer Seniorenresidenz hinter abgeschlossenen Türen.
Jutta ist vergangene Woche verstorben. Endlich, würde sie selbst ihr Ableben vermutlich kommentieren. Schon als ich sie im vergangenen Jahr interviewte, sagte sie mir, dass sie eigentlich schon vor fünf Jahren hätte sterben wollen. Nun hat sie es geschafft. Zu ihrer Beerdigung waren nur ihre Tochter und zwei Enkelinnen. Sie haben mir ein Video geschickt. Trotz Corona und der Abwesenheit der großen adeligen Familie war es eine ganz schöne Beisetzung mit wunderschönen Blumen und unzähligen Fotos und Bildern der Familie auf dem Sarg.
Werner, der nur zwei Dörfer weiter wohnt, werde ich nachher ein Exemplar des Buches und einen lieben Brief in den Postkasten werfen. Zuletzt war ich sehr in Sorge um ihn. Im Dorfkonsum, erzählte mir die Verkäuferin, war er lange nicht einkaufen gewesen, und immer wenn ich bei ihm vorbeigefahren bin, brannte kein Licht. Gestern erfuhr ich, dass Werner tatsächlich im Krankenhaus war, nun aber wieder zu Hause ist.
Gerhard, mit dem ich gestern telefonierte, ist nach wie vor das sprudelnde Leben. Er hält sich mit seinem täglichen Gang in den Garten fit und freut sich über die ersten Radieschensprossen. Über das, was in der Welt los ist, schüttelt er nur den Kopf und sagt: „So was hat es noch nicht gegeben.“ Allerdings hofft er auch, dass sich die Welt dadurch zum Besseren wandelt. „Die Natur“, freut er sich, „atmet ja bereits auf.“
Bei uns hier draußen in der Uckermark explodiert sie förmlich. Alles blüht und grünt und wächst. Kater Willi kann sich seiner Frühlingsgefühle nur schwer erwehren und oft genug müssen wir seine Schwester Matti vor seinen umtriebigen Nachstellungen beschützen. Meist sucht er dann Zuflucht beim Kaninchenstall. Mit Pucki, so sieht es aus, hat er eine Durch-den-Kaninchendraht-Freundschaft geschlossen. Auch Pucki hat es seit einer Woche nicht leicht mit seinen Frühlingsgefühlen. Wegen der Fibonacci-Reihe (ein Begriff aus der Mathematik – ggf. bitte bei www.ecosia.de (Ecosia pflanzt Bäume für unseren Wissensdurst) nachschlagen) – haben wir unser größtes Kaninchen von den anderen trennen müssen. Beim wöchentlichen Ausmisten entdeckten unsere Kinder vergangene Woche sieben Babykaninchen. Da alle unsere Nachbarn behaupten, uns keinen Bock in den Stall gesetzt zu haben, haben wir unsere Weibchen noch mal genauer angeschaut … Nun bauen wir für Pucki und seine Söhne (wir hoffen, wir erkennen sie als solche) ein neues Gehege. Damit haben wir gleich ein prima Projekt für angewandte Mathematik, Statik, Biologie und auch Deutsch – unsere Lilo schreibt während des verordneten Homeschoolings einen Vortrag über Kaninchen.
Und ich? Vielleicht taucht die Geschichte irgendwann bei den Dubties auf … Die nämlich sollen jetzt wieder zu ihrem Recht kommen und endlich weitergeschrieben werden.
Aber erst mache ich schnell noch ein bisschen Werbung für mein neuestes Buch „Ich möchte einfach noch Bäume ausreißen! Aber nur kleine. Fast Hundertjährige erzählen“. Im Moment ist das nicht ganz einfach – mein Plan, mich auf der Buchmesse durch meinen einzigen prominenten Gesprächspartner, den weltweit ältesten noch aktiven Schauspieler Herbert Köfer ins Gespräch zu bringen, ist gescheitert, Lesungen sind vorerst nicht möglich. Also habe ich einen kleinen Film gedreht (drehen lassen – Annett, Stefan, Olli, Daniel: Habt riesengroßen Dank!!!) und versuche erneut über eine Schwarmfinanzierung auf mein Buch aufmerksam zu machen und Geld für die Finanzierung der zweiten Auflage zu sammeln.
Es wäre großartig, wenn ihr mich dabei unterstützt! Entweder, indem ihr mitmacht und/oder anderen von meinem Buch und meinem Crowdfunding berichtet. Wie schon die letzten Male habe ich meine Aktion bei startnext unter: www.startnext.com/altwieeinbaum platziert. Klickt einfach auf den Link und ihr bekommt alle Informationen.
Außerdem hilft es mir, wenn ihr das Buch auf Amazon bewertet, wenn ihr ein Feedback an mail@umland-verlag.de schickt, wenn ihr Verwandte, Freunde und Bekannte über soziale Netzwerke wie WhatsApp, Twitter, Instagram, Telegram und was es alles gibt, informiert, oder auch einfach am Telefon oder von Balkon zu Balkon davon erzählt. Das wäre klasse. Auch Philipp Sendker (wieder ein Fall für Ecosia) ist vor allem durch Mund-zu-Mund-Propaganda zum Bestsellerautor geworden.
Bevor ihr jetzt alle gleich loslegt und meine „Fast Hundertjährigen“ in die Welt streut, zieht Lilo unter meinen bisherigen Unterstützern noch schnell den Gewinner für das nächste Dankeschöngeschenk. Dieses kann heute natürlich nur mein neues Buch sein. Und es geht an Nicole Schimko.
Ich wünsche euch allen, dass ihr gut durch diese Zeit kommt!
Herzliche Grüße
Doreen Mechsner.