Werkstattbericht

Werkstattbericht, 23.12.2018

Liebe Freunde des umland verlags,

 

meine Mutter ist eine sehr pflichtbewusste Oma. Wenn ihr ihre Enkel anvertraut werden, tut sie alles, um sowohl die Enkel als auch ihre Töchter, also mich und meine Schwester, glücklich zu machen. Das heißt konkret, die Enkel bekommen bei ihr mehr, okay, sagen wir viel mehr Eis und Schokolade als zu Hause und nehmen diese Extraportionen vorzugsweise, und auch das anders als zu Hause, vor einem flimmernden Kasten zu sich. Das macht die Enkel definitiv glücklich. Nebenbei malt Oma, die von sich behauptet, gar nicht malen zu können, die schönsten Landschaftsbilder mit den Enkeln, bringt ihnen die Gartenarbeit nahe und begeistert sie fürs Sticken. Das macht, na klar, wieder die Enkel, aber auch uns Töchter sehr glücklich. Und natürlich meine Mutter. Denn wenn wir glücklich sind, ist auch sie glücklich.

Daher gibt es für sie (fast) nichts Schlimmeres, als wenn beim Glücklichmachen etwas schiefgeht. Unlängst passierte aber genau das. Während der Glücklichmachzeit meiner Nichte Frieda entdeckte meine Mutter unter ihrem Couchtisch plötzlich ein Büschel strohblonder ziemlich langer Haare. Da mein Vater sehr, sehr kurze silberne Haare hat und meine Mutter zwar etwas längere, aber rotbraun-gefärbte, musste das gefundene Büschel schönster blonder Haare eindeutig meiner Nichte Frieda zugeordnet werden. Ein Kontrollblick auf Friedas Kopf bestätigte die Vermutung. Nun muss man wissen, meiner Schwester sind die Haare meiner Nichten heilig. Seit die Kinder so etwas wie Haarwuchs haben, werden sie regelmäßig vom Friseur onduliert – Laien haben Berührungsverbot. Gut, hin und wieder durfte ich auch schon einen Zopf machen – aber ihr versteht, um der Spannung willen muss ich ein bisschen dicker auftragen. Nun lag also diese dicke Locke unter dem Tisch und fehlte, gut erkennbar, auf Friedas Kopf. Meine Mutter erfasste sogleich: Kaschieren war unmöglich. Was sollte sie tun? Sie machte, was auch jedes Kind sofort tun würde: Sie suchte den Schuldigen. „Frieda“, fragte sie mit ernster Stimme und noch ersterem Blick, „warst du das?“ Nun muss man wissen, Frieda ist fünf Jahre alt und das jüngste von Mamas Enkelkindern. Allerdings trägt sie die Überzeugungskraft einer 80-jährigen in sich. Mit dieser erwiderte sie nun also sehr unschuldig Omas Blick und versicherte: „Ich war es nicht.“

Meine Mutter glaubte ihr (kein bisschen). Aber was sollte sie machen? Ein Kind der Lüge bezichtigen? Die verbleibende Stunde bis zum Auftauchen meiner Schwester zermarterte sie sich den Kopf, wie die Eskalation zu vermeiden war. Just in dem Moment, in dem die Klingel schrillte, hatte sie die Lösung. Sie hatte die Tür noch nicht richtig aufgerissen, da rief sie schon: „Wir waren es nicht. Es waren die Dubties!“

Meine Schwester ist eine kluge Frau. Nachdem sie sich in einem doppelten Redeschwall alles angehört hatte – erst berichtete meine Mutter sehr schnell und sehr lang und dann Frieda, sehr ausufernd – fragte sie: „Habt ihr Doreen Bescheid gesagt?“ Meine Mutter und Frieda hatten mit allem gerechnet. Vor allem mit einer Schimpftirade. Schließlich lagen Friedas heilige Haare auf dem Teppich. Aber was machte meine Schwester? Die wollte wissen, ob ich schon Bescheid wüsste. „Wieso sollten wir Doreen anrufen?“, fragte meine Mutter verunsichert. „Na man, die sucht doch die Dubties. Für den zweiten Teil von Lilo und den Dubties. Wir müssen ihr sagen, dass sie hier sind.“

Meine Mutter griff zum Hörer. Und war glücklich. Zwar fehlten Frieda eine stattliche Zahl Haare, aber meine Schwester war nicht sauer und ich den Dubties wieder auf der Spur. Jeden Tag komme ich Ihnen ein Stückchen näher. Und mit mir Lilo. Am vergangenen Donnerstag hatten wir sie gerade fast erwischt, da klingelte mein Telefon. Dran war Jana. Jana war unlängst auf einer meiner Lesungen, hatte meine „Wege“ gekauft, inzwischen gelesen und brauchte nun ganz dringend noch pünktlich zu Weihnachten zwei Exemplare zum Verschenken. Da die Berliner Buchläden, die ich auf Vorrat versorgt hatte, blank waren, belud ich mein Auto und düste am Freitag nach Pankow, um Nachschub zu bringen. Gerade als ich fertig war, bimmelte erneut mein Handy. Auch der Buchhändlerin aus Wandlitz waren meine „Wege“ ausgegangen. Zum Glück hatte ich ein paar mehr Bücher eingeladen. Nach einem kleinen Schlenker auf dem Nachhauseweg waren dann auch die weg und eine Buchhändlerin sehr, sehr glücklich, weil sie wiederum eine Kundin glücklich machen konnte. Nebenbei hatte sie auch noch mich glücklich gemacht, mit nur einem einzigen kleinen Satz, der da lautete: „Ihre ‚Wege‘ scheinen sich rumzusprechen!“ Yeahhh, dachte ich mir und ballte in mir drin die Becker-Faust. Ich bin auf dem richtigen Weg. Wenn ich dem Verleger glauben darf, der mir erst kürzlich verriet, dass der Erfolg eines Buches von Mund-zu-Mund-Propaganda abhänge. Genau auf diese Mund-zu-Mund-Propaganda habe ich die ganzen letzten Monate hingearbeitet. Und ganz viele von euch mit mir. Habt ihr mal auf meiner umland-Seite die Liste meiner Termine für Lesungen gesehen? Lediglich zwei davon habe ich selbst initiiert. Alle anderen habt ihr für mich auf den Weg gebracht. Etliche Buchläden ordern bei mir meine Bücher. Die ersten davon fragen nun ebenfalls Lesungen an. Es ist so schön, zu erleben, wie ein Rädchen ins andere greift. Wie beispielsweise Julia ins Pankebuch rennt, dort meine „Wege“ bestellt, als diese kommen, ins Schwärmen gerät und empfiehlt, doch gleich noch ein paar mehr zu ordern. Diese Wege werden gekauft (ob von Julia oder ihren Freundinnen habe ich lieber nicht hinterfragt), die Macherin vom Pankebuch reagiert und nun werde ich am 3. April dort lesen. Ein anderes Beispiel ist Erika. Für ihre Wandergruppe kaufte sie eine Lesung, diese fand im Sportmuseum in Berlin-Marzahn statt. Der Chef des Hauses Wolfgang Turowski konnte aus terminlichen Gründen nicht dabei sein. Irgendwer muss ihm aber so vorgeschwärmt haben, dass er mich bat, zur Weihnachtsfeier des Hauses zu lesen. Das war toll. Der ehemalige „Medizin-nach-Noten-Mann“ Karl-Heinz Wendorff, dem ich als Kind öfter nachgeturnt hatte, sagte mich ganz feierlich und sehr blumig an und anschließend plauderte ich mit Olympiasiegerinnen, die um meine Geburt herum auf ihrem sportlichen Zenit waren. Vor zwei Tagen rief mich Wolfgang Turowski erneut an. Im neuen Jahr, so versprach er, wolle er mit mir zusammen was ganz Großes machen. Ich bin gespannt, was das wird. Ganz konkret was Großes haben meine Freunde Jette und Oli für mich organisiert. Anlässlich Jettes Geburtstag werde ich im „Theater unterm Dach“ im Prenzlauer Berg direkt neben „meinem“ Hockeyplatz lesen.

Julia, Erika, Jette und Oli, immer wieder gab es Menschen, denen ich in meinen Werkstattberichten noch einmal ganz offiziell und besonders danken wollte. Das möchte ich auch weiterhin so handhaben. Angeregt durch meine Adventssonntagstürchen-Aktion, die sich großer Beliebtheit erfreut hat, habe ich mir für das kommende Jahr allerdings noch etwas Neues einfallen lassen, um meinen Unterstützern zu danken. Ihr müsst wissen: Ich liebe Überraschungen. Einmal liebe ich es, wenn ich selbst überrascht werde, fast mehr aber noch liebe ich es, wenn ich andere überraschen kann. Deshalb möchte ich im neuen Jahr einen Los-Topf kreieren, in den jeder kommt (also der Name eines jeden), der entweder besonders viele Neuleser, Neubesteller für den umland verlag gewonnen hat oder aber eine Lesung für mich initiiert hat. Natürlich kommt auch jeder hinein, der meine Bücher in die Zeitung, ins Radio oder Fernsehen bringt. Theater und Kinoleinwand zählen selbstverständlich auch :-). An Preisen wird es, wie jetzt im Advent, meine Bücher, Häkel-Dubties sowie handgetöpferte Umland-verlags-Becher geben und alles, was mir sonst noch so einfällt. Und hoffentlich ein großes Glücksgefühl – wie zuletzt bei Cornelia Peters, der ersten Adventssonntagstürchengewinnerin. Sie schrieb mir, dass sie NOCH NIE zuvor bei einem Gewinnspiel etwas gewonnen hatte. Nun teilt sich der gewonnene Regenbogendubtie die Couch mit dem Familienkater und Cornelias Söhne warten ungeduldig darauf, dass endlich einmal Unfug geschieht. Zum Glück haben Cornelias Jungs kurze Haare. Dem Dubtie, da bin ich mir sicher, wird aber gewiss etwas, womöglich noch besseres, einfallen. Wenn nicht mehr im alten, dann garantiert im neuen Jahr.

 

Möge es für uns alle ein gesundes, friedliches, glückliches und erfolgreiches werden.

Seid herzlich gegrüßt von

 

 

 

Doreen Mechsner

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