Briefwechsel

Was für ein Druck auf Joshua Kimmich

Wie hätte ich mich als junge Sportlerin verhalten?

Pinnow, 4. Juli 2024

Liebe Emma,

mit einem Brief an dich tauche ich wieder auf aus meiner Briefwechselpause.
Ich habe gerade die ZDF-Dokumentation über Joshua Kimmich gesehen – die hat mich so bewegt, so berührt, tut sie noch immer. Ich glaube, da schlägt mein altes, naja, mittelaltes Sportlerherz wieder durch.
Tatsächlich ist es ja ziemlich eingeschlafen. Früher habe ich keine Sportveranstaltung im Fernsehen verpasst, kannte alle Fußballer, Leichtathleten, TT-Spieler … Und heute? Ich war mal Sportjournalistin. Darüber lacht sich mein Schwiegersohn in spe schlapp, der kann sich das überhaupt nicht vorstellen, weil ich einfach niemanden mehr kenne. Okay, Thomas Müller,  Manuel Neuer, die alten Recken schon , und Kimmich eben – den allerding vor allem durch seinen Heldenmut in der CoronaZeit. Was der hat aushalten müssen. Seit damals bin ich übrigens auch Fan von Tennisspieler Novak Djokovic, der mir eigentlich viel zu verbissen und ehrgeizig ist, jedenfalls wirkt er so, aber krass, der hat einfach (haha) widerstanden. Wenn der heute auf den Platz geht, bin ich sofort für ihn. Findet mein Schwiegersohn blöd. Neulich kommentierte er: „Also ich bin für jemanden wegen seiner Leistung und nicht wegen seines Impfstatus´.“ Das habe ich abperlen lassen. Ich bin für Djokovic. Und insgeheim hoffe ich, dass auch Kimmich widerständig geblieben ist und einen Deal hat machen können, der ihn nach außen als geimpft ausweist.

Weißt du, was ich mich immer frage: Wie hätte ich mich als junge Sportlerin verhalten? Überleg mal, wer zu Olympia wollte, musste geimpft sein. Gab es da Schlupflöcher?
Sport, Hockey war mein Leben. Wirklich, Hockey bedeute alles für mich. Wenn mir da so ein mRNA-Stein in den Weg gelegt worden wäre. Also mir, mit meiner Denke von heute. Denn damals, ich glaube, ich hätte das alles gar nicht hinterfragt. Ich hätte mir die Spritze geholt. Mein Nachdenken über solche Dinge kam erst mit meinen Kindern. Und meine Kinder kamen erst nach meiner Karriere.

Hatte ich dir erzählt, dass es in der Hockeyregionalliga einen Verein gab, der mitten in der laufenden Saison seine Mannschaft zurückziehen musste, weil zu wenig Spielerinnen nicht geimpft waren und damit das 2G-Reglement nicht erfüllten. Aber das war noch nicht alles – daraufhin wurden der Verein mit einer Strafe belangt, weil die Mannschaft im laufenden Spielbetrieb ausgestiegen ist (aussteigen musste) und das natürlich neue Spielansetzungen und den ganzen bürokratischen Rattenschwanz nach sich zog. Rate mal, woher die Mannschaft kam 😊! Ich habe ihnen geschrieben und ihnen ein Exemplar des Briefwechsels geschickt, als Sympathiebekundung. Man, man, man …

Wie war das eigentlich mit deinem triathletenden Sohn? War der unter Druck? Er ist ja geimpft, oder? Freiwillig?

Das wollte jetzt alles raus liebe Emma.
Wie geht es dir? Du warst ja auch in Kontemplation – bist du schon wieder gesellschaftsfähig?

Ich sende dir ganz liebe Grüße,
Nora.

 

Lest hier Noras letzten Brief an Emma.

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