Briefwechsel

Es geschah Unrecht – Bitte lesen! Bitte teilen!

Die letzten Jahre sitzen noch im Rückenmark

Löcknitz, 25. Juli 2024

Liebe Nora,

bluppp, da bin ich wieder. Aufgetaucht. Mit Geschichten hier aus dem Dorf, das glaubst du nicht. Aber die erzähle ich dir ein anderes Mal. Jetzt will ich dir nur schnell schreiben, was ich gerade getan habe, mit Herzbibbern und Schiss ohne Ende. Aber es musste sein und ich habe es durchgezogen … Bist du schon neugierig?
Ich bin so froh, dass endlich diese RKI-Files draußen sind und endlich auch die Mainstreampresse nicht mehr daran vorbeikommt. Ein innerer Vorbeimarsch war mir dann heute Morgen die Schlagzeile in der Bildzeitung: Corona-Experten wussten, dass die Regierung lügt. BÄHM!
Ich hoffe so sehr, dass das jetzt Bewegung und Nachbetrachtung hier nach Löcknitz in die Riege der ganzen EinserSchüler und Ausgrenzerfreunde bringt. Ich habe den Artikel gerade im Netzwerk Löcknitz-für-Toleranz geteilt. Huh, frage nicht, was mich das für Überwindung gekostet hat. Ich saß vor meinem Handy, hatte den Artikel eingestellt und dachte: Nein, ich trau mich, ich trau mich nicht. Durch meinen Kopf und Körper schossen total abgefahrene Reaktionen. Ich zitterte, fühlte Scham, mich schon wieder mit meiner Sicht aufzudrängen, dachte: Das hat doch alles eh keinen Sinn, das ist Müll von gestern, gib doch endlich Ruhe, du nervst … Das ganze Programm.
Das hat mich eiskalt erwischt und ich merkte wie mir die letzten Jahre noch im Rückenmark sitzen. Gleichzeitig hörte ich aber ganz deutlich eine Stimme in mir, die sagte: Gut, dass du das tust, mach die erlebte Ausgrenzung sichtbar. Zumal die ja hier alle munter weitermachen mit ihrer Ausgrenzung, rechts, links, oben, unten (davon beim nächsten Mal!)
Beim Absenden hatte ich richtig weiche, eigentlich sagt man Knie, aber bei mir war alles weich. Es ist krass zu merken, wie tief dieser Ausgrenzungsschreck in mir sitzt, diese Scham, sich gezeigt zu haben, als jemand, der anders ist. Das hatte ich nicht erwartet. Das hat mich echt kurz umgehauen.
Aber nun bin ich da durch, erst einmal – der Artikel ist in der Löcknitz-Welt. Das war wie ein Befreiuung und höchste Eisenbahn! Wirklich. Das hat mir richtig Luft verschafft. Dazu habe ich noch geschrieben: Bitte lesen! Bitte teilen! Die Ausgrenzerei in der Coronazeit hat tiefe Wunden in unserer Gemeinschaft hinterlassen, ich fühle mich ein bisschen rehabilitiert und das fühlt sich gut an.
Auch die Angst ist weg. Und die vorige Resignation. Mir tut es gut zu wissen, dass in der Bildzeitung prominent zu lesen ist, dass Unrecht geschah.
Zwar hege ich wenig Hoffnung auf die große Aufarbeitung und Rehabilitation, aber ich mir sicher, dass es Kanäle öffnet und zu privaten Reflexionen ermuntert. Schaun wir mal …

Liebe Grüße,
Emma.

 

Lest hier Noras letzten Brief an Emma.

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