… ich will wissen, wie es dir geht!
Löcknitz, 26. April 2024
Liebe Nora,
manchmal glaube ich, ich werde gesteuert. Ich weiß zwar nicht von wem, aber nicht von mir. Von meinem Unterbewußtsein? Meinem höherem Selbst? Von Gott? – Oh Gott!!!
Auf alle Fälle bin ich – dank dieser Steuerung – seit gestern einen Schritt weiter in meiner Coronaufarbeitung.
Ich habe eine Frau im Nachbardorf besucht, bei der es mich immer sehr geschmerzt hat, dass wir uns über Corona getrennt haben. Nachdem ich gestern in Prenzlau zu tun hatte und eigentlich schnurstracks nach Hause wollte, fuhr mich mein Auto ungefragt ins Nachbardorf. Also wirklich, mein Auto fuhr mich zu ihr. Und dann stand ich in ihrer Küche und sagte: Ich weiß, du willst nicht aufarbeiten und ich brauche das in dem Sinne auch nicht, mir geht es nicht um Schuld und Entschuldigung, aber ich will von dir wissen, ich will wissen, wie es dir ging, wie du mich wahrgenommen hast, was zwischen uns passiert ist und ich will, dass du von mir weißt, wie es mir ging und geht…
Und weißt du, was sie geantwortet hat?
Sie fragte: Wollen wir gleich?
Und ob ich wollte. Nora, es war total schön. Wir haben zusammen geweint. Das war sehr bewegend.
Jedenfalls erzählte sie mir, dass sie wahrnähme, dass die Regierung gerade dabei sei, Sachen zuzugeben. Also zuzugeben, dass Dinge falsch gelaufen sind. Ich habe das Gefühl, es brauchte erst dieses offizielle Eingeständnis, damit sie ihren Blick nun auf Sachen richten kann, die für sie vorher überhaupt nicht in ihrem Sichtfeld lagen.
Nun sieht sie diese Sprachlosigkeit, und zwar ganz deutlich, sieht, dass unser Auseinanderdriften auf Vermutungen gefußt hat, dass wir uns mit unseren Vermutungen gegenseitig zu Deppen gemacht haben und nur aufgrund dieser Vermutungen nicht mehr miteinander konnten und wollten. Das fand ich sehr interessant.
Langsam dringt auch das Thema Impfung in ihr Bewusstsein und die damit einhergehende Ausgrenzung von uns Ungeimpften – sie sagt, sie habe das damals überhaupt nicht wahrgenommen, weil sie so mit sich beschäftigt war.
Mit einem Mal kann sie dieses Leid sehen, das wir durch diese Ausgrenzung erlebt haben, die sie nicht erlebt hat. Dafür hat sie andere Dinge erlebt, zum Beispiel die Einsamkeit während des Lockdowns.
Ich bekomme noch immer eine Gänsehaut, wenn ich uns da stehen sehe in ihrer Küche. Es tat so gut. Tut es noch immer. Ich bin so froh, meinem Auto (oder wem auch immer) gefolgt zu sein und bin gespannt, was weiter passiert.
Das Leben ist schön, finde ich.
Emma.