Briefwechsel

Der Austausch wächst

DAS will doch kein Mensch mehr hören

Schwedt, 28. Februar 2024

Liebe Nora, das will doch kein Mensch mehr hören – ich kann ihn förmlich sehen, den stillen Ausruf in den Köpfen der meisten Menschen, wenn das Thema Corona auftaucht. Sie haben recht damit, aber warum? Für mich liegt das auf der Hand. Corona hat uns alle überfordert.

Vor vier Jahren fragtest du Hannelore: „…jetzt über Corona schreiben, hältst du das für eine gute Idee? Wofür? Was willst du damit? Ich bin ein bisschen vorsichtig geworden. Es ist nicht mehr ganz einfach, offen seine Meinung zu sagen.“

Vor vier Jahren war diese Äußerung hoch brisant und heute ist sie es immer noch, sogar um einiges brisanter.
Wir kennen das vom Wachstum. Ein Kind, ein junger Baum, beide können nicht immer nur in die Höhe wachsen. Irgendwann ist Schluss damit. Genauso ist es in der Wirtschaft, auch wenn den Menschen seit dem „Wirtschaftswunder“ im Westen und den Ostdeutschen nach der Wende immer etwas anderes eingeredet, eingebläut worden ist – immer weiter, immer höher, immer schneller. Nein! Aber ich will beim Thema bleiben. Fest steht, nichts wächst ewig in die Höhe, alles findet irgendwann seine natürliche Grenze.
So ist es auch mit der Wut und der Hilflosigkeit, die sich seit Corona breit gemacht haben. Selbst für die Gleichgültigkeit trifft das zu. Irgendwann ist eine Grenze erreicht – entweder in Form einer Implosion (die ist vielfach zu erleben – um wieviel ist die Depressionsrate gestiegen?) oder einer Explosion und die ist gefährlich, denn sie könnte sich vielleicht nicht kontrollierbar selbstständig machen.
Auf die Stunde Null, so nenne ich sie jetzt mal, die Stunde, die mit Corona begann, folgten aus „heiterem Himmel“ immer neue Ereignisse. Mehr noch, eins löste das nächste ab, überholte das letzte und vorletzte und alle überrollten uns und überrollen immer weiter. Corona, die Ukraine, Nordstream, Palästina, der Jemen. Was kommt als Nächstes? Ganz abgesehen von unserer Innenpolitik.
Als Beobachter könnte man ein System dahinter vermuten. Vermuten klingt besser als Theorie und System besser als Verschwörung. Vielleicht wird man sich später einmal sagen: „Sieh an, einige wollten, andere konnten den Plan dahinter nicht erkennen. Viele wurden von Wenigen darauf hingewiesen aber die sahen weg und glaubten nur, was in ihrer Zeitung stand“.

Will man Corona aufarbeiten, muss man all das im Zusammenhang sehen. Die Zeiten in denen man sich zweimal überlegt, was oder wie man es sagt, sind seit Corona nicht vorbei, sondern sind gefährlich gewachsen. Meinungsfreiheit läuft Gefahr ein verbotenes Wort zu werden, ebenso wie das Wort Wahrheit. Und dass der Mensch all dessen überdrüssig wird, ist normal.
Damit die Menschen ins Sehen, ins Verstehen und schließlich ins Handeln kommen, denke ich, müssten sich die Verschnaufpausen-Intervalle weiter dramatisch verkürzen, müsste noch schneller überrollt und die Maße des Erträglichen überschritten werden.
Aber die Aufklärung ist so unglaublich zähflüssig, dass sich Kant oder Lessing, würden sie heute leben, vor Ungeduld vermutlich schon die Fingernägel bis zum Handgelenk abgebissen hätten.
Nora, meines Erachtens steht sehr viel, wenn nicht sogar alles auf dem Spiel. Corona-Überforderung, Medienüberflutung hin oder her, man muss sich beschäftigen und das System hinter allem erkennen. Wir müssen das große Ganze betrachten und uns nicht in Details verlieren. Die Erkenntnisse müssen unermüdlich kommuniziert und diskutiert werden. Mit diesem offenen Brief für deinen Blog fange ich damit mal an.
Beste Grüße, Paul.

 

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